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Schuldenkrise: Alles ist offen

Schuldenkrise

Alles ist offen

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    So schön ist Griechenland: blaues Tor, blaues Meer, weiße Häuser. Die Insel Santorin hat das Bild des Landes geprägt.
    So schön ist Griechenland: blaues Tor, blaues Meer, weiße Häuser. Die Insel Santorin hat das Bild des Landes geprägt. Foto: Foto: Fotolia

    Augsburg Noch haben die Euro-Finanzminister den von der Pleite bedrohten Griechen kein frisches Geld zugesagt. Doch auf eines haben sich die Politiker auf ihrem Krisentreffen in Luxemburg verständigt: Banken und Versicherungen sollen sich an einem zweiten, bis zu 120 Milliarden Euro schweren Rettungspaket beteiligen. Das Schlüsselwort lautet allerdings: freiwillig.

    Für Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der eine verpflichtendere Beteiligung des Privatsektors gefordert hatte, ist das eine klare Niederlage. Mit seinen weitreichenden Vorstellungen war er vor allem am Widerstand der Europäischen Zentralbank (EZB) gescheitert. „Es darf keinerlei Druck auf den Privatsektor ausgeübt werden“, stellte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker klar. Schäuble zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass man einen „substanziellen“ Betrag auf freiwilliger Basis einsammeln könne: „Man muss mit den Gläubigern die Situation hinreichend klar erörtern, dann haben alle ein Interesse daran, dass wir die Situation gut bewältigen können.“

    Daran glaubt Kai Carstensen, Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, nicht. „Eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger wird nicht substanziell sein. Welche Bank will denn freiwillig Geld verschenken?“, betont er im Gespräch mit unserer Zeitung. Carstensen spricht von „Symbolpolitik, die leicht zu durchschauen ist“. Ähnlich sieht das Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums: „Das ist eine reine Beruhigungspille für den Bürger und bringt nichts.“ Am freien Markt würden sich kaum Banken finden, die freiwillig auf Forderungen verzichten.

    Wim Kösters, Europa-Experte beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), glaubt, dass dazu allenfalls Banken in staatlicher Hand oder mit hoher staatlicher Beteiligung bereit sind, etwa die Hypo Real Estate (HRE). „So wird es letztlich wieder den Steuerzahler treffen und nicht die privaten Banken“, sagte er unlängst in einem Interview.

    Wie die private Beteiligung aussehen soll, ist noch unklar. Nach bisherigen Überlegungen sollen Gläubiger neue griechische Staatsanleihen gegen fällige tauschen. Schäuble räumt ein, dass dafür bestimmte Anreize nötig sind. „Nur weil wir nette Leute sind, wird keine Bank gegen ihre Interessen entscheiden.“ Die deutschen Banken signalisieren zwar, sich an der Rettung Griechenlands beteiligen zu wollen. Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer fordert jedoch „zusätzliche Anreize, wie zum Beispiel eine bessere Bonität durch gewisse Sicherheiten“. Finanzexperte Gerke glaubt etwa, dass beteiligte Banken als bevorrechtigte Gläubiger behandelt werden könnten, falls der griechische Staat pleitegeht. Ein Anreiz, der Ifo-Konjunkturchef Carstensen zufolge nötig ist: „Schließlich macht eine Bank nur mit, wenn sie sich davon auch einen Nutzen verspricht.“

    Indes verstärken die Euro-Länder ihren Druck auf Athen. Ohne weitere Sparanstrengungen werde es kein neues Hilfsprogramm geben, betonte Juncker. Die Beratungen werden am 3. Juli fortgesetzt. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter (Aichach), Mitglied der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe, fordert dagegen, keine weiteren Hilfspakete für Griechenland zu schnüren. „Was wir im Moment machen, ist eine Insolvenzverschleppung.“ Nötig sei stattdessen eine Umschuldung und ein vorübergehender Austritt der Griechen aus dem Euro-Raum. (mit dpa)

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