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Finanzmarkt: So funktioniert Europas neue Aufsicht

Finanzmarkt

So funktioniert Europas neue Aufsicht

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    Die nächtliche Bankenskyline von Frankfurt am Main: Europa versucht, seinen Bankensektor fit für die Zukunft zu machen.
    Die nächtliche Bankenskyline von Frankfurt am Main: Europa versucht, seinen Bankensektor fit für die Zukunft zu machen.

    Die Eurozone bekommt ab 2014 eine neue Bankenaufsicht. Wir erklären, wie sie funktioniert und warum daraus eine neue Währungsunion entstehen kann.

    Welche Banken werden künftig kontrolliert?

    Im Euro-Raum gibt es rund 6200 Geldinstitute. Etwa 150 davon weisen eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Wirtschaftskraft ihres Heimatlandes aus, 30 bis 40 davon in Deutschland. Nur diese wichtigen Häuser werden direkt von der neuen Aufsicht überwacht mindestens aber die drei Größten jedes Landes. Alle anderen unterstehen auch künftig den nationalen Aufsichtsbehörden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat das so beschrieben: Sie kann allgemeine Instruktionen für die nationale Bankenaufsicht geben, auch für Gruppen von Banken, aber sie kann keine Einzelweisungen für die nationale Aufsicht in Bezug auf einzelne Banken geben.

    Wer ist die neue Aufsicht?

    Unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) wird ein Aufsichtsgremium installiert, in dem je ein Vertreter der Aufsichtsbehörden aus den Mitgliedstaaten sitzt. Hinzu kommen vier EZB-Mitglieder und ein Präsident. In Streitfragen wird ein Vermittlungsausschuss tätig, der von jedem Mitgliedsland angerufen werden kann.

    Muss sich eine Bank nach den Anweisungen der Aufsicht richten?

    Ja. Die Kompetenzen der neuen Aufseher sind sehr weit gestaltet. Im äußersten Fall ist sogar eine Ablösung der Geschäftsführung eines Geldinstitutes möglich. Alle Geldinstitute müssen den Aufsehern alle Geschäftsunterlagen zugänglich machen. So wird es möglich, von der Eigenkapitalausstattung bis hin zum Anteil an Risiko-Geschäften alles zu erkennen und auf mögliche Anzeichen für drohende Schieflagen rechtzeitig zu reagieren.

    Was bringt den Banken das?

    Wenn trotz strikter Aufsicht ein Haus in Schwierigkeiten gerät, kann es direkt und ohne Umwege über den Staat Hilfsgelder des ESM-Krisenfonds in Anspruch nehmen.

    Warum ist diese Bankenkontrolle so wichtig für die Währungsunion?

    Die neue Aufsicht wird tatsächlich als Grundpfeiler einer intensivierten Wirtschafts- und Währungsunion gefeiert. Da ist auch etwas dran. Denn diese Aufsicht soll dafür sorgen, dass kein Geldinstitut mehr in Probleme gerät. Das ist die Voraussetzung, um langfristig auch eine gemeinsame Haftung einzuführen, also eine Bankenunion zu schaffen. Gegen die gab es ja Bedenken, weil die Bundesregierung beispielsweise verhindern wollte, dass mit deutschen Steuergeldern die Bank eines anderen Landes saniert werden muss. Eine europäische Aufsicht, die alle Institute nach den gleichen Kriterien kontrolliert, schließt dieses Risiko aus.

    Das klingt alles zu schön, um wahr zu sein. Gibt es gar keine Kritik?

    Die gibt es und sie ist massiv. Im Europäischen Parlament dürfte es deshalb noch zu heftigen Diskussionen kommen. Einige halten die angesetzte Bilanzsumme von 30 Milliarden Euro für zu niedrig, den Anteil von 20 Prozent an der Wirtschaftskraft für zu hoch. Und auch die Konstruktion unter dem Dach der EZB (also die Trennung zwischen Geldpolitik und Aufsicht) ist umstritten. Einige Beobachter argumentieren, dass für ein reibungsloses Funktionieren das EZB-Statut und die Europäischen Verträge geändert werden müssten. Und schließlich sei die demokratische Kontrolle der Aufseher bisher überhaupt nicht geklärt. Es ist also keineswegs damit zu rechnen, dass der jetzige Kompromiss ungerupft das parlamentarische Verfahren übersteht.

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