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Verteidigung: Wird die Bundeswehr-Zeitenwende zum Rohrkrepierer?

Verteidigung

Wird die Bundeswehr-Zeitenwende zum Rohrkrepierer?

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    Verteidigungsminister Boris Pistorius (rechts) bei seiner Ankunft in der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster am Schützenpanzer Marder.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius (rechts) bei seiner Ankunft in der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster am Schützenpanzer Marder. Foto: Carsten Hoffmann, dpa (Archivbild)

    Die Ertüchtigung der Truppe kommt viel zu langsam voran, klagen Politiker aus der Union und von den Grünen. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fordern sie mehr Tempo bei der Behebung der vielen Ausrüstungsmängel. Vor der Vorstellung des jährlichen Berichts der Wehrbeauftragten des Bundestags sagte Patrick Sensburg (CDU), Präsident des Deutschen Reservistenverbandes: "Im zweiten Jahr muss die Zeitenwende nun bei der aktiven Truppe und der Reserve ankommen, sonst wird sie ein Rohrkrepierer." Toni Hofreiter von den Grünen kritisierte die schleppende Beschaffung wichtiger Rüstungsgüter. Das vergangene Jahr sei in dieser Hinsicht ein "weitgehend verlorenes" gewesen, sagte er unserer Redaktion. 

    «Man bräuchte 300 Milliarden Euro»: Eva Högl.
    «Man bräuchte 300 Milliarden Euro»: Eva Högl. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Verteidigungsminister bezeichnet die Streitkräfte als "nicht verteidigungsfähig"

    Sollte es noch irgendwelche Rest-Illusionen über den Zustand der Bundeswehr gegeben haben, dann ließ sie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius vor zwei Wochen gnadenlos platzen. "Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind", so der SPD-Politiker. Soldatinnen und Soldaten klagen seit Jahrzehnten über Gewehre, die nicht schießen, Panzer, die nicht fahren und Kampfjets die nicht fliegen, über vergammelte Kasernen und sogar über fehlende warme Unterwäsche bei winterlichen Manövern. Doch die Klagen, jährlich vorgetragen im Bericht der Wehrbeauftragten des Bundestags, verhallten in der Politik lange ungehört. 

    Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dann eine "Zeitenwende" versprochen, der Bundestag stellte ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Ertüchtigung der Streitkräfte bereit. Die Kritik, dass die versprochenen Waffen und Ausrüstungsgegenstände nicht schnell genug beschafft werden, reißt indes nicht ab. Auch deshalb musste Christine Lambrecht (SPD) ihren Hut als Verteidigungsministerin nehmen, seit Januar sitzt ihr Parteifreund Boris Pistorius auf dem Chefsessel im Bendlerblock. 

    Wehrbeauftragte Eva Högl: Es fehlt an allem

    Bevor die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) an diesem Dienstag ihren jährlichen Bericht vorstellt, machte sie bereits klar, dass sie Pistorius' Einschätzung, die Bundeswehr sei nicht verteidigungsfähig, vollkommen teilt. Auch die Soldaten wüssten das und sähen das genauso, sagte sie RTL/ntv. Der Bundeswehr fehle es an allem, von persönlicher Ausrüstung bis zum großen Gerät. 

    Reservisten-Chef Patrick Sensburg, der drei Legislaturperioden für die CDU im Bundestag saß, bis er den Kampf um die Direktkandidatur in seinem sauerländischen Wahlkreis gegen den heutigen Parteichef Friedrich Merz verlor, sagte unserer Redaktion: "Eine Zeitenwende auszurufen ist richtig, denn die Bundeswehr muss ertüchtigt werden, ihre Aufgaben zu leisten. Im Kern sind dies die Landes- und Bündnisverteidigung. Auf dem eingeschlagenen Weg ist man aber im ersten Jahr nicht viel weitergekommen." Weder seien "ausreichend Waffensysteme, Munition und Ausrüstung allgemein" angeschafft worden, noch sei "die Motivation in der aktiven Truppe und der Reserve derart gesteigert worden, dass wir Personal gewinnen". Verteidigungsminister Pistorius müsse nun dafür sorgen, dass Vergabeverfahren schneller abgearbeitet werden.

    Anton Hofreiter hofft auf Boris Pistorius

    Auch in den Reihen der Ampelkoalition wächst die Ungeduld über die schleppende Bundeswehr-Ertüchtigung. Der Grünen-Politiker Toni Hofreiter sagte unserer Redaktion: "Nach der Zeitenwende-Rede des Kanzlers am 27. Februar 2022 und der Bereitstellung der 100 Milliarden Euro durch den Bundestag ist über Monate erstaunlich wenig passiert bei der Bundeswehr." Nicht einmal die Panzerhaubitzen, die an die Ukraine geliefert wurden, seien nachbestellt worden. Hofreiter weiter: "Auch Munition wurde zu wenig bestellt. Das muss jetzt schnell nachgeholt werden." Das Geld sei da, nun müsse es vernünftig ausgegeben werden. "Jetzt wird sich zeigen, ob sich durch den Wechsel im Verteidigungsministerium wirklich etwas ändert", sagte er. Er habe "die Hoffnung, dass Boris Pistorius es deutlich besser macht".

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