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Söder kritisiert ARD/ZDF - Neues Rundfunkbeitragsmodell 2024

Kommentar

Söder vergreift sich beim Rundfunkbeitrag im Ton

Daniel Wirsching
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    Der Rundfunkbeitrag sollte zum Jahreswechsel um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat und Haushalt steigen. Dies war und ist heftig umstritten.
    Der Rundfunkbeitrag sollte zum Jahreswechsel um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat und Haushalt steigen. Dies war und ist heftig umstritten. Foto: Oliver Berg, dpa

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder weiß genau, was ihm Beifall einbringt. Seine Ablehnung eines höheren Rundfunkbeitrags ist ein Thema, bei dem er vermutlich glaubt, nur gewinnen zu können. Dieses Mal jedoch hat er es selbst für seine Verhältnisse sehr weit getrieben. Anlässlich des Treffens der zuständigen Länderchefinnen und -chefs polterte er auf der Plattform X: „Die Klage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist unangemessen und eine Provokation. Bevor die Klage nicht zurückgenommen wird, wird Bayern auch keine Entscheidung über neue Gebührenmodelle mittragen.“ Schließlich müssten alle sparen. Und: ARD, ZDF und Deutschlandradio müssten erst Reformen umsetzen, „ehe schon wieder Gebühren erhöht werden“.

    Dass Politik zum Mittel der Drohung greift, ist so spektakulär wie falsch

    Dass sich Politik mitunter nicht vom Kuhhandel unterscheidet – geschenkt. Dass Politik aber zum Mittel der Drohung, mancher wird sagen: Erpressung, greift – das ist so spektakulär wie falsch. Dass ein Spitzenpolitiker das Beschreiten des Rechtswegs als Provokation diskreditiert – spricht ebenfalls für sich.

    Jenseits allen Populismus muss man festhalten: Eine strukturelle Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist überfällig, die aktuellen Pläne sind nach Jahren der Debatte ein wichtiger, immer noch nicht weit genug gehender Schritt. Wichtig wäre gleichermaßen eine grundlegende Reform des Verfahrens, in dem die Höhe des Rundfunkbeitrags ermittelt und beschlossen wird. Die Länderchefinnen und -chefs hatten sich kürzlich auf das Erstgenannte verständigt. Das Zweitgenannte vertagten sie auf diesen 12. Dezember 2024.

    Das bisherige Finanzierungsmodell der Öffentlich-Rechtlichen ist kompliziert und hat gravierende Mängel. Übrigens auch den, dass die Länderchefinnen und -chefs beziehungsweise die Länderparlamente de facto lediglich abnicken konnten, was die – unabhängige – Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfahl. Um eine Erhöhung zu stoppen, blieb die Blockade – und dafür genügte schon ein Land, schließlich bedurfte die Entscheidung der Einstimmigkeit.

    Markus Söder polterte auf der Plattform X: „Die Klage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist unangemessen und eine Provokation.“
    Markus Söder polterte auf der Plattform X: „Die Klage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist unangemessen und eine Provokation.“ Foto: Sven Hoppe, dpa

    Jenseits allen Populismus muss man festhalten: Die Länderchefinnen und -chefs hätten wahrlich genug Zeit gehabt, über ein wirklich neues künftiges Rundfunk-Finanzierungsmodell zu beraten und es auf den Weg zu bringen. Und zwar im Paket mit den beschlossenen Strukturreformen und für die nächste Beitragsperiode ab 2029. Dies hätte für alle Beteiligten einen sinnvollen, ausreichenden Vorlauf und Planungssicherheit bedeutet. Zudem wäre es möglich gewesen, die Auswirkungen der Strukturreformen vernünftig einzupreisen.

    Söder wollte die Spielregeln während des laufenden Spiels ändern

    Was Söder wollte, ist etwas anderes: während des laufenden Spiels die Spielregeln ändern. Hauptsächlich um des Symbols willen, eine Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro pro Monat und Haushalt wenigstens vorläufig verhindert zu haben. Eine Beitragserhöhung, wohlgemerkt, die das bislang geltende, ordentliche Verfahren bis zu einem gewissen Punkt durchlaufen hat – und die eigentlich in wenigen Tagen zum Jahreswechsel hätte kommen sollen. Nun bleibt es also zunächst bei 18,36 Euro; geht es nach den Länderchefinnen und -chefs zumindest in den Jahren 2025 und 2026. Für die Jahre 2027 mit 2030 soll die KEF eine neue Empfehlung über die Beitragshöhe aussprechen.

    Dass das Bundesverfassungsgericht, das die Sender im November eingeschaltet haben, über die Höhe des Rundfunkbeitrags wird entscheiden müssen (ziehen die Sender die Klage nicht zurück), hätte nicht zum Normalfall werden dürfen. Nach 2021 wird es wohl dennoch wieder so weit kommen. Was zeigt, wie reformbedürftig das Prozedere ist – und wie angebracht es wäre, es von der Politik, zumal in Wahlkampfzeiten, merklich zu entkoppeln. An diesem Donnerstag beschlossen die Länder ein Widerspruchsmodell: Demnach muss eine bestimmte Zahl von Ländern eine von der KEF empfohlene Beitragserhöhung von weniger als fünf Prozent aktiv ablehnen, damit diese nicht unmittelbar gültig wird. Das verhindert Blockaden, ein großer Wurf ist es nicht – das bisherige System ist in seinen Grundzügen unverändert.

    Hinzu kommt: Söders Bayern und Sachsen-Anhalt erklärten per Protokollnotiz, dass sie den entsprechenden Staatsvertragsentwurf erst unterschreiben und ihren Landtagen zur Anhörung zuleiten würden, wenn die Sender auf die Verfassungsbeschwerde verzichteten. Jenseits allen Populismus muss man festhalten: Den Öffentlich-Rechtlichen ist viel und vieles zu Recht vorzuwerfen. Im Falle des Rundfunkbeitrags und seiner Reform aber haben es Söder, seine Länderchef-Kollegen, ja „die“ Medienpolitik selbst versemmelt.

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    2 Kommentare
    Klara Rasper

    Es geht nicht nur um die Hoehe des Beitrags. Die gesetzliche Grundversorgung muss einmal definiert werden. Das derzeitige Angebot geht weit ueber alles hinaus, was man vernueftigerweise darunter verstehen kann. Zwangsgebuehren fuer unabhaengigen Journalismus koennte ich nachvollziehen. Aber Krimis, Spielfilme. flache Shows,Lizenzgebuehren fuer Sport u.v.m. will ich nicht mitfinanzieren. Dass Intendanten mehr verdienen als der Bundeskanzler muss auch nicht sein. Der richtige Ansatz der Laender waere ein Zurechtstutzen der Sender auf ein allgemein anerkanntes Programm.

    Klaus Axmacher

    Ein recht einseitige Betrachtung Herr Wirsching. Mit ihrer Klage beim Verfassungsgericht erpressen die Öffendlich-Rechtlichen die Ministerpräsidenten was einem Herrn Söder zu Recht sauer aufstößt. Angesichts der schwindend Akzeptanz von ZDF, ARD & Co ist der Ärger über Gebührenerhöhung nachvollziehbar und eine korrigierende Reform dringend notwendig.

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