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Regierung: Israel und Ukraine: Kanzler Scholz ist im Krisenmodus

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Israel und Ukraine: Kanzler Scholz ist im Krisenmodus

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    Bundeskanzler Olaf Scholz im Plenum des Bundestages.
    Bundeskanzler Olaf Scholz im Plenum des Bundestages. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Es gibt im politischen Berlin ein ständiges Kommen und Gehen in diesen Tagen des Krieges in Nahost. Kanzler Olaf Scholz ist gerade erst aus Israel zurück, da reist Außenministerin Annalena Baerbock schon wieder hin. Nach ihrem Besuch vor einer Woche handelt es sich bereits um den zweiten Flug der Grünen-Politikerin ins Krisengebiet. Jordanien und der Libanon stehen noch auf ihrem Reiseplan, am Freitag wird Baerbock in Berlin zurückerwartet. Scholz setzt kommende Woche seine krisendiplomatischen Bemühungen beim EU-Gipfel in Brüssel fort. Dort steht die Lage Israels nach dem Angriff der Hamas ebenfalls im Fokus. Genauso wie der Krieg in einem Land, das in der öffentlichen Wahrnehmung gerade ein wenig in den Hintergrund gerückt zu sein scheint: die Ukraine

    Die Belastung für die deutsche Regierung darf derzeit als außergewöhnlich hoch bezeichnet werden. Die Kriege rund um Kiew und Tel Aviv liegen auf den ersten Blick weit auseinander, haben aber einen so großen Einfluss auf die deutsche Innen- und Außenpolitik, wie es in der Nachkriegsgeschichte möglicherweise noch nie der Fall war. In der Regierungserklärung von Scholz am Donnerstag wird die Bandbreite deutlich. Es geht da um die Befreiung der von der Hamas im Gazastreifen verschleppten Geiseln. Die Aktionen dieser Terrororganisation werden auf pro-palästinensischen Kundgebungen in Deutschland bejubelt, auch dazu muss sich der Regierungschef verhalten. Es geht um die Unterstützung für Israel vor dem Hintergrund der Erklärung, dass die Sicherheit des Staates Teil der deutschen Staatsräson ist. Und da ist die Politik ganz schnell bei der Ukraine. Denn die benötigt weiterhin Kriegsgerät, die materiellen Ressourcen jedoch sind endlich. 

    Pistorius kommen die Tränen

    In seiner Rede vor dem Parlament warnte Scholz die vom Libanon aus operierende Terrororganisation Hisbollah und den Iran erneut davor, sich in den Israel-Krieg einzumischen. Die Sorge um die im Gazastreifen verschleppten Geiseln verband der SPD-Politiker mit einem Versprechen an die Angehörigen: „Wir setzen uns für die Befreiung der Geiseln ein.“ Baerbock äußerte sich vor ihrer Abreise ähnlich. „Die Frauen, Männer und Kinder, die Hamas und ihre Verbündeten in Kellern und Verliesen gefangen hält, müssen sofort freigelassen werden. Wir werden weiter alles dafür tun, dass das gelingt“, sagte sie.

    Die Betroffenheit angesichts des Israel-Krieges ist groß. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte am Abend zuvor beim Empfang der Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl (beide SPD), von einer Video-Konferenz mit Amtskollegen berichtet. Ein israelischer Vertreter habe ein internes Video mit Gräueltaten der Hamas eingespielt. Die Bilder hätten ihm, der nun wahrlich nicht zartbesaitet sei, die Tränen in die Augen getrieben, erklärte Pistorius. 

    Verteidigungsminister Boris Pistorius auf dem Flughafen von Beirut im Libanon.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius auf dem Flughafen von Beirut im Libanon. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Was Israel betrifft, kann Scholz bisher auf eine breite Unterstützung im Bundestag setzen. Mit Blick auf die Ukraine nimmt die Zustimmung jedoch deutlich ab. Selbst in der eigenen Koalition werfen ihm manche vor, bei der Lieferung schwerer Waffen – es geht um Raketen – zu zögerlich zu sein. Er sagte Kiew bei seiner Regierungserklärung ein „Winterpaket“ zu, das eine zusätzliche Einheit des Flugabwehrraketensystems Patriot, neue Iris-T-Systeme und Flugabwehrpanzer Gepard enthalten soll. Aber darüber hinausgehen will er nicht, er blockiert die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Scholz wird einerseits weiterhin von der Sorge getrieben, Deutschland könnte von Russland als Kriegspartei gesehen und in den Konflikt hineingezogen werden. Der Regierungschef weiß aber auch um die Probleme, die Deutschland hat. Was Ausrüstung und Waffen angeht, sind die Bunker ziemlich leer geräumt, um den Nachschub ist es schlecht bestellt.

    Geld für die Ukraine anders verteilen

    Pistorius machte am Abend vorher das Dilemma deutlich. Vom Sondervermögen für die Truppe in Höhe von 100 Milliarden seien Ende des Jahres voraussichtlich 66 Prozent vertraglich gebunden. Doch das bedeute noch lange nicht, dass dann auch geliefert werde. Der Minister machte aus seiner Verärgerung über lange Beschaffungswege bei der Bundeswehr keinen Hehl und kündigte konsequente Reformschritte an. Bis diese wirken, wird Zeit vergehen.

    Natürlich geht es bei der Unterstützung für die Ukraine – möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt auch für Israel – ums Geld. Das ist in Deutschland und den EU-Staaten insgesamt knapp, Scholz mahnte gleichwohl eine konsequente Fortzahlung der Finanzhilfen für die Ukraine an. Das sei etwas, was die „Europäer gemeinsam gewährleisten müssen“, sagte der Kanzler und erklärte gleichzeitig, dass dies alles nicht nur mit „zusätzlichem Geld gelöst“ werden könne. Es gehe nun auch um „Re-Priorisierung“. 

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