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Eurokrise: Was der schwache Euro für uns bedeutet

Eurokrise

Was der schwache Euro für uns bedeutet

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    Der Euro ist erstmals seit fast 20 Jahren nur noch so viel wert wie ein Dollar.
    Der Euro ist erstmals seit fast 20 Jahren nur noch so viel wert wie ein Dollar. Foto: Oliver Berg, dpa

    Als die Finanzkrise 2008 die Welt in Angst versetzte, als der Euro auf dem Spiel stand und die Börsen bebten, traten Angela Merkel und ihr Finanzminister Peer Steinbrück vor die Mikrofone und versicherten allen Sparerinnen und Sparern, dass ihr Geld sicher sei.

    Die Beruhigungspille der Kanzlerin zeigte Wirkung. Der Euro blieb stabil, selbst als in der Folge der Bankenkrise reihenweise überschuldete EU-Staaten ins Schlingern gerieten. 14 Jahre später ist die Nervosität zurück. Der Euro zeigt Schwäche. Und nicht nur die Anleger fragen sich: Was kann das für Folgen haben?

    Erstmals seit 2002 fiel die Gemeinschaftswährung zeitweise unter den Kurs von einem US-Dollar. In der Politik wird schon wieder von einer „Euro-Krise“ gesprochen. In Kombination mit der historisch hohen Inflation könnten sich daraus weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Unternehmen ergeben. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sieht genau diese Gefahr.

    Inflation könnte kurzfristig weiter anziehen

    Da viele internationale Geschäfte in Dollar abgewickelt würden, sei das zunächst ein Nachteil für heimische Firmen, weil ein schwächerer Euro die Importpreise erhöhe, sagte Fratzscher am Mittwoch in Berlin. „Kurzfristig könnte das die Inflation weiter befeuern, weil gewisse Produkte für uns als Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland, in der Eurozone, teurer werden.“ Privathaushalte müssen sich demnach besonders warm anziehen, denn die ohnehin hohen Energie- und Rohstoffpreise dürften weiter steigen, weil beispielsweise Öl- und Gaslieferungen in Dollar abgerechnet werden.

    Marcel Fratzscher ist Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
    Marcel Fratzscher ist Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Foto: DIW

    Maßgeblicher Auslöser des Kursverfalls ist der Ukraine-Krieg. Er wirkt sich auf den Euro-Raum stärker aus als auf die USA, denn der Konflikt und der drohende Energieengpass befeuern die Angst vor einer Rezession. Das drückt auch auf die Stimmung an den Börsen. Doch noch ist es nicht so weit. Die Regierungen arbeiten unter Hochdruck daran, zu verhindern, dass Firmen im Winter den Betrieb einstellen müssen, weil Gas oder Strom fehlt. Auch Fratzscher betont trotz aller Risiken: „Die Effekte sind jetzt nicht dramatisch.“ Der Euro sei aktuell gegenüber dem Dollar schwach. „Aber das heißt nicht, dass der Euro als Währung schwach ist.“ Zumal die Exportnation Deutschland von der Entwicklung auch profitiert. Denn Waren „made in Germany“ werden im Ausland billiger, die Nachfrage nach ihnen steigt.

    Brehm und Frei kritisieren die EZB

    Der CSU-Finanzexperte Sebastian Brehm macht für den Verfall des Euro-Kurses eine EZB-Politik verantwortlich, „die ihren zentralen Auftrag der Preis- und Währungsstabilität zuletzt nahezu vollständig vernachlässigt hat.“ Die Zentralbank habe „trotz vielfacher Warnungen die Inflation als Folge der jahrelangen Flutung des Marktes mit billigem Geld über Monate nicht ernst genommen“. Deshalb habe sich ungebremst eine Inflationswelle entwickelt, die durch die Ukraine-Krise verstärkt worden sei, sagte er unserer Redaktion. Brehm forderte die EZB auf, bei ihrer nächsten Ratssitzung am 21. Juli einen „größeren Zinsschritt“ zu machen. Die EZB hat einen Leitzins von 0,25 Prozent beschlossen, in den USA liegt er siebenmal höher.

    Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei forderte, die EZB müsse „ihrer geldpolitischen Verantwortung bei der Bekämpfung der Inflation gerecht werden“. Ihre vordringlichste Aufgabe sei die Wahrung der Geldwertstabilität, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. Das jedoch falle der EZB aufgrund der Haushaltspolitik in vielen europäischen Hauptstädten schwer, die deutsche Regierung gebe dabei ein schlechtes Vorbild ab. „Die Schuldenpolitik ist ein Brandbeschleuniger der Inflation. Wir haben einen Kanzler, der schon als Finanzminister von der europäischen Schuldenunion träumte und dessen Regierung einen Schuldenhaushalt nach dem anderen vorlegt“, erklärte Frei.

    Der CDU-Politiker forderte „ein klares Eintreten für die Schuldenbremse und den Stabilitäts- und Wachstumspakt“. Letzterer wird von der EU gerade aufgeweicht, sie will klammen Regierungen länderspezifische Schuldenziele ermöglichen. Ähnliche Bedingungen führten 2007/2008 zur Finanz- und später zur Eurokrise. Nicht ausgeschlossen also, dass demnächst wieder eine Bundesregierung die deutschen Sparerinnen und Sparer beruhigen muss.

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