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Zypern: Finale einer Bankenkrise: Eine lange Nacht für Europa

Zypern

Finale einer Bankenkrise: Eine lange Nacht für Europa

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    Finale einer Bankenkrise: Eine lange Nacht für Europa
    Finale einer Bankenkrise: Eine lange Nacht für Europa

    Letzte Chance für das pleitebedrohte Zypern: Die Euro-Finanzminister kamen am Sonntag zu Krisentreffen zusammen, um in letzter Minute die Rettung der Inselrepublik auf den Weg zu bringen. Umstritten war insbesondere der milliardenschwere Eigenanteil, den Zypern für die Hilfe der internationalen Geldgeber aufbringen muss.

    Bei der Aufnahme der eigentlichen Verhandlungen gab es in Brüssel laut Diplomaten Verspätungen. Der offizielle Beginn verschob sich auf etwa 20.00 Uhr.

    Schäuble zeigte sich optimistisch

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich vorsichtig optimistisch. "Ich hoffe, dass wir heute zu einem Ergebnis kommen können", sagte er. "Aber das setzt natürlich voraus, dass man in Zypern die Lage einigermaßen realistisch sieht. Wir sind zu einer Lösung bereit, wir wollen alles tun."

    Der französische Finanzminister Pierre Moscovici rechtfertigte die Forderungen der Eurozone als "gerecht". In Zypern habe es bislang eine Art "Spielkasino-Wirtschaft" gegeben.

    Verhandlungen unter Zeitdruck

    Die Gespräche fanden unter großem Zeitdruck statt. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt ein abgeschlossenes Sanierungskonzept. Andernfalls will sie für die zyprischen Banken nur noch bis einschließlich Montag Geld aus Europa bereitstellen.

    Schäuble räumte ein, dass eventuell mehr Geld als bisher erwartet gebraucht werde. "Die Zahlen haben sich nicht verändert (...), vielleicht haben sie sich verschlechtert."

    Die 17 Euro-Länder im Vergleich

    Österreich: Laut Prognosen steigt die österreichische Staatsverschuldung 2011 auf 73,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, seit 2008 im Amt, steht in der Kritik. Allerdings nicht so sehr wegen der Schuldenkrise, sondern wegen Korruptions- und Untreuevorwürfen.

    Spanien: Mit einer Gesamtverschuldung von voraussichtlich 68,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert auch Spanien an den Maastricht-Kriterien. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero scheiterte an der Schuldenkrise. Er wird durch den konservativen Mariano Rajoy ersetzt.

    Zypern: Mit einer Schuldenquote von 62,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes scheitert das kleine Land nur knapp an der Maastricht-Hürde von 60 Prozent. Dimitris Christofias ist seit 2008 Staatsoberhaupt und Regierungschef der Inselrepublik, die im Jahr 2004 Mitglied der Europäischen Union wurde.

    Slowenien: Auf 42,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden sich die slowenischen Schulden 2011 voraussichtlich belaufen. Damit bleibt das Land im vom Maastricht-Vetrag vorgegebenen Rahmen. Bei den Wahlen im Dezember 2011 dürfte der sozialdemokratische Regierungschef Borut Pahor dennoch sein Amt verlieren.

    Slowakei: Die Slowakei gehört mit prognostizierten 44,8 Prozent Verschuldungsquote auch 2011 zu den stabileren Euro-Staaten. Ministerpräsidentin Iveta Radicová kündigte im Oktober vorgezogene Neuwahlen an. Nur unter dieser Bedingung wollte die Opposition der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zustimmen.

    Portugal: Portugal ist mit geschätzten 101,7 Prozent Staatsverschuldung einer der Wackelkandidaten unter den Euro-Ländern. Pedro Passos Coelho ist seit Juni 2011 Premierminister. Er folgte auf José Sócrates, der im März nach einer gescheiterten Abstimmung über das Sparpaket seiner Regierung zurückgetreten war.

    Niederlande: Die Verbindlichkeiten wachsen bis zum Ende dieses Jahres voraussichtlich auf 63,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Aus den vorgezogenen Neuwahlen Ende 2010 ging der Liberale Mark Rutte als Sieger hervor. Seine Regierung wird vom Rechtspopulisten Geert Wilders toleriert.

    Malta: Der Inselstaat im Mittelmeer wird seine Schulden im laufenden Jahr nach bisherigen Prognosen bei 68 Prozent des Bruttoinlandsproduktes halten. Bereits seit mehr als sieben Jahren ist Lawrence Gonzi Regierungschef Maltas. Unter seiner Führung trat das Land im Mai 2004 der Europäischen Union bei.

    Luxemburg: Mit einer Gesamtverschuldung von etwa 17,2 Prozent der Wirtschaftsleistung in 2011 ist Luxemburg eines von nur fünf Ländern, die die Kriterien des Maastricht-Vertrages einhalten. Auch politisch ist das kleine Land ein Hort der Stabilität. Jean-Claude Juncker ist bereits seit 1995 Premierminister.

    Italien: Seit Monaten wird über Rettungsgelder für Italien spekuliert. Die Staatsschulden steigen 2011 auf geschätzte 120,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach langem Tauziehen trat Ministerpräsident Silvio Berlusconi zurück. Nachfolger Mario Monti bildete eine Übergangsregierung.

    Irland: Irland hatte als erstes Land Rettungsgelder in Anspruch genommen. Die Staatsschulden steigen in diesem Jahr auf schätzungsweise 112 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt). Regierungschef Brian Cowen stürzte über die Schuldenkrise. Seit März 2011 ist Enda Kenny irischer Ministerpräsident.

    Griechenland: Mit einer dramatischen Schuldenquote von 157,7 Prozent der Wirtschaftsleistung bringt Griechenland die Euro-Zone in die größten Schwierigkeiten. Seit November 2011 ist Lucas Papademos Regierungschef. Er löste Giorgos Papandreou ab, der wegen seines harten Sparkurses massiv unter Druck geraten war.

    Frankreich: Die französische Staatsverschuldung steigt weiter. In 2011 wird ein Wert von 84,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwartet. Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat in der Krise an Rückhalt verloren. Bei den Wahlen 2012 droht ihm der Machtverlust.

    Finnland: Auf 50,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes schätzt die europäische Statistikbehörde Eurostat die finnische Staatsverschuldung in 2011. Der konservative Ex-Finanzminister Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Ministerpräsident. Er löste Mari Johanna Kiviniemi nach nur einem Jahr im Amt ab.

    Estland: Estland ist der Musterschüler unter den Euro-Ländern. Die Staatsschulden fallen 2011 voraussichtlich auf 6,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der diplomierte Chemiker Andrus Ansip lenkt seit 2005 als Premierminister die Geschicke des nordeuropäischen Staates, der 2004 der EU beitrat.

    Deutschland: Deutschland gilt als Stabilitätsgarant in Europa. Mit einer Schuldenquote von 82,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verstößt aber auch die Bundesrepublik gegen die Stabilitätskriterien. Angela Merkel (CDU) ist seit 2005 Bundeskanzlerin. Ihre Koalition hat seit der letzten Wahl deutlich an Zuspruch verloren.

    Belgien: Mit prognostizierten 97 Prozent Staatsschulden in Relation zur Wirtschaftsleistung gehört Belgien zu den Sorgenkindern. Seit Juni 2010 gibt es in Brüssel keine gewählte Regierung – ein unrühmlicher Weltrekord. Die Hoffnungen, dass sich daran bald etwas ändert, erhielten im November 2011 einen empfindlichen Dämpfer.

    Das Hilfspaket internationaler Geldgeber soll nach bisherigen Plänen einen Umfang von zehn Milliarden Euro haben. Eine zusätzliche Eigenbeteiligung von 5,8 Milliarden Euro sollte mit einer Zwangsabgabe auf zyprische Kontenguthaben zusammenkommen. Laut Moscovici beträgt der gesamte Eigenanteil der Insel insgesamt 7 Milliarden Euro.

    Rascher Kompromiss

    Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden forderte einen raschen Kompromiss: "Wir brauchen heute Nacht eine Lösung." Er fügte hinzu: "Es geht um die Stabilität in der Eurozone." Mit Blick auf Spekulationen über erhöhte Beträge sagte er: "Die Summen, die in der Diskussion stehen, haben sich nicht geändert."

    Unmittelbar vor Beginn des Krisentreffens stellte Präsident Nikos Anastasiades in Brüssel mit den EU-Spitzen die Weichen für eine Einigung. "Die Gespräche befinden sich in einer heiklen Phase. Die Situation ist sehr schwierig", sagte Zyperns Regierungssprecher Christos Stylianides.

    Anastasiades traf nach Angaben von Diplomaten zunächst mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zusammen. Danach habe es bei einem Arbeitsessen eine größere Runde gegeben. Am Tisch saßen auch IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und EU-Währungskommissar Olli Rehn.

    Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes hatte auch den ganzen Samstag angedauert: In den Gesprächen mit der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF gab es immer wieder Komplikationen. Im Mittelpunkt der

    Gerüchte über Gerüchte

    Zur geplanten Höhe der Abgabe machten immer wieder neue Gerüchte die Runde. Die Zeitung "Kathimerini" berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Bank of Cyprus werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100 000 Euro kommen.

    Nikosia und der IWF ging schwer zerstritten in das Brüsseler Treffen. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen in

    Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen.

    Die Eurogruppe hatte bereits vor einer guten Woche einen Rettungsplan beschlossen, der jedoch wenige Tage später im zyprischen Parlament scheiterte. Das lag vor allem daran, dass auch Konten von unter 100.000 Euro mit der Zwangsabgabe belastet werden sollten.

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