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Wahlprogramm: Merkels angekündigte Wohltaten im Wahlkampf stoßen auf Kritik

Wahlprogramm

Merkels angekündigte Wohltaten im Wahlkampf stoßen auf Kritik

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte 28,5 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für Familien und die Infrastruktur locker machen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte 28,5 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für Familien und die Infrastruktur locker machen. Foto: dpa

    Angela Merkel geht in die Vollen und stellt im Falle eines Wahlsieges zusätzliche Milliarden für Familien, Mütter und den Ausbau der Infrastruktur in Aussicht.

    Bei einer telefonischen Fragestunde mit Funktionären und Mitgliedern ihrer Partei am Dienstagabend kündigte die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin nach einem Bericht des Handelsblatts Wahlversprechen in einem Umfang von rund 28,5 Milliarden Euro pro Jahr an, die in das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufgenommen werden sollen.

    Neues Konzept der CDU soll in die Zukunft investieren

    Das Konzept wird am 23. Juni verabschiedet. Zudem macht sich die Union in Abkehr von ihren bisherigen Positionen ebenfalls für eine Mietpreisbremse stark.

    Das Wahljahr 2013: Zahlen und Fakten

    2013 stehen in Deutschland fünf große Wahlen an, darunter die Bundestagswahl. Hier die Wahlen im Überblick:

    NIEDERSACHSEN: Am 20. Januar entschieden die Wähler zwischen dem erst seit 2010 amtierenden David McAllister (CDU) und seinem SPD-Konkurrenten Stephan Weil. Weil gewann die Wahl.

    SCHLESWIG-HOLSTEIN: Am 26. Mai wurden die Kreistage und Gemeindeparlamente neu gewählt.

    BAYERN: Die CSU hofft im September auf eine erneute absolute Mehrheit, die sie 2008 spektakulär verloren hat. Unter dem neuen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ging sie eine Koalition mit der FDP ein. Eine Neuauflage ist fraglich.

    BUNDESTAG: Bei der Wahl im September setzen die Unionsparteien auf die populäre CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihr Herausforderer ist der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück, der Rot-Grün anstrebt.

    HESSEN: Das Wahljahr endet im November oder Dezember in Hessen. Volker Bouffier führt die mit der FDP regierende CDU erstmals als Ministerpräsident in den Wahlkampf. Sein langjähriger Vorgänger Roland Koch hatte sich 2009 behauptet.

    CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe verteidigte am Freitag die geplanten Ausgaben. „Solide Finanzen bleiben eine Kernaufgabe der Politik und ein Markenzeichen der Union“, erklärte er. Gleichwohl wolle die Partei Schwerpunkte bei Bildung und Forschung, der Unterstützung der Familien und der Stärkung der Infrastruktur setzen.

    Die letzten Jahre hätten gezeigt, „dass mehr Wachstum und hohe Beschäftigung neue Spielräume für Investitionen in die Zukunft eröffnen.“

    Mietpreissteigerung soll gebremst werden, mehr Geld für Mütter und Kinder

    Kinder Der Grundfreibetrag für Kinder soll künftig genauso hoch sein wie für Erwachsene, derzeit 8130 Euro im Jahr. Entsprechend werde ihre Regierung „das Kindergeld anpassen“. Es müsste dafür von 184 Euro im Monat um 35 Euro erhöht werden. Sie wolle „Eltern mit Kindern besser unterstützen“, kündigte Merkel an. Die Mehrkosten belaufen sich dafür auf etwa 7,5 Milliarden Euro.

    Zitate von Angela Merkel

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gilt nicht als großes Redetalent, aber im Gespräch kann sie schlagfertig und witzig sein. Eine Auswahl:

    «Auch mir hat eine Satiresendung schon einmal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen.» (Am 4. Dezember 2012 auf dem CDU-Parteitag zu den Turbulenzen in der Koalition.)

    «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu einer Nation werden mit Leuten, die alle vor dem Fernseher sitzen und genau wissen, wer wie Fußball spielen muss, aber selber nicht mehr in der Lage sind, einen Ball vor sich her zu schieben.» (Am 18. Mai 2012 auf dem Katholikentag in Mannheim zum demografischen Wandel)

    «Wenn ich da immer gleich eingeschnappt wäre, könnte ich keine drei Tage Bundeskanzlerin sein.» (Am 16. November 2012 zu Russlands Präsident Wladimir Putin nach ihrer Kritik an seiner Menschenrechtspolitik und unter Verweis auf die häufige Kritik an ihr in Deutschland.)

    «Ich kann versprechen, das Brandenburger Tor steht noch eine Weile.» (Am 7. Juni 2011 zu Obama in Washington als freundliche Replik auf die Debatte, dass er einen Bogen um Berlin mache seit Merkel ihm 2008 verwehrt hatte, als damaliger Präsidentschaftskandidat bei einem Berlin-Besuch am Brandenburger Tor zu sprechen.)

    Zur Bundesregierung und FDP: «Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung.» (Am 21. November 2012 im Bundestag.)

    Zur Eurokrise: «Scheitert der Euro, scheitert Europa.» (Merkels Standardspruch zur Ausweitung der Euro-Rettungshilfen.)

    Zu Frankreich, Russland und den USA: «Es ist ja vielleicht unser bestgehütetes Geheimnis, dass die Chemie stimmt.» (22. Januar 2013 bei der 50-Jahr-Feier des Élysée-Vertrags über ihr als schwierig geltendes Verhältnis zu Frankreichs Staatspräsident François Hollande.)

    «Dass ich einmal im Rosengarten des Weißen Hauses stehen und von einem amerikanischen Präsidenten die Freiheitsmedaille empfangen würde, das lag jenseits aller meiner Vorstellungskraft.» (Am 8. Juni 2011 nach der Verleihung der höchsten zivilen Auszeichnung der USA durch Präsident Barack Obama in Washington.)

    Zur CDU: «Unser Anspruch heißt: Wir wollen Volkspartei bleiben, auch im 21. Jahrhundert. (...) Wir wollen die große Volkspartei der Mitte sein.» (Am Wahlabend des 27. September 2009.)

    «Wir machen es uns nicht zu jeder Sekunde einfach. Das ist so eine Art Test, wer noch wie viel Kraft hat.» (Am 19. Oktober 2012 mit Blick auf CSU-Chef Horst Seehofer)

    «In einer großen Koalition gibt es immer noch einen Partner, der möchte auch den Kanzler stellen. ... Herr Rösler ist gerne Vizekanzler - und das kann ich gut verstehen.» (Am 17. September 2012 auf die Frage, wie sich eine große Koalition von einer schwarz-gelben Koalition unterscheidet.)

    «Nein. Ich habe gewisse kamelartige Fähigkeiten. Ich habe eine gewisse Speicherfähigkeit. Aber dann muss ich mal wieder auftanken.» (Am 2. Mai 2013 im Gespräch mit der Frauenzeitschrift «Brigitte» auf die Frage, ob sie wirklich nur vier Stunden Schlaf brauche.)

    Mütter Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, sollen bei der Anrechnung der Erziehungszeiten genauso behandelt werden wie jüngere Mütter. Dies fordern die Frauen in der CDU schon seit längerem, zuletzt wurde auf dem CDU-Parteitag in Hannover ein entsprechender Beschluss gefasst. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die Umsetzung mit Blick auf die Kosten von jährlich bis zu 20 Milliarden Euro bislang blockiert.

    Straßen Im Falle eines Wahlsieges soll in der kommenden Legislaturperiode pro Jahr eine Milliarde Euro mehr als bisher in die Infrastruktur investiert werden, hauptsächlich in Straßen, Schulen und den Ausbau des Breitbandnetzes im ländlichen Raum.

    Mieter Um den starken Anstieg der Mieten bei Neuvermietungen zu begrenzen, rückt Merkel von der bisherigen Position der Union ab, über steuerliche Anreize mehr neuen Wohnraum zu schaffen. Nunmehr spricht sich auch die Kanzlerin – wie die SPD – für eine „Mietpreisbremse“ aus.

    Im Wahlprogramm werde stehen, „dass Vermieter bei Neuvermietung nur begrenzt die Miete erhöhen dürfen“. Zudem sprach sie sich dafür aus, ehemalige Bundeswehrstandorte und Kasernen umzuwidmen, „damit hier bezahlbarer Wohnraum entsteht“.

    Koalitionspartner FDP irritiert von Merkels Mehrausgaben

    Mit ihren Ankündigungen löste Merkel eine hitzige Debatte in der eigenen Partei wie beim Koalitionspartner FDP aus. Die Liberalen zeigten sich irritiert über die geplanten Mehrausgaben und den Kurswechsel bei der Mietpolitik.

    Der Bauexperte der FDP, der Forchheimer Architekt Sebastian Körber, kritisierte gegenüber unserer Zeitung Merkels Forderung nach einer Mietpreisbremse scharf. Der dringend notwendige Neubau von Wohnungen lasse sich nur ankurbeln, „wenn man Investoren eine faire Renditechance lässt“.

    Die FDP lehne stärkere staatliche Eingriffe in die Preisbildung bei Neuvermietungen ab. „Die Ankündigungen der Kanzlerin sind ein fatales Signal für Investoren“, so Körber.

    Kanzlerin bekommt auch Kritik aus den eigenen Reihen

    Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs lehnte die milliardenschweren Wahlgeschenke ebenfalls ab. „Wir können nicht gleichzeitig gegen grüne Pläne für Steuererhöhungen wettern und selbst neue Ausgaben planen.“ Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich zurückhaltend bis skeptisch.

    Es gelte, „das Erreichte zu bewahren und den Erfolg dieser Legislaturperiode weiter auszubauen“. Es bleibe bei dem Ziel, „zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten keine Schulden aufzubauen, sondern im Gegenteil zu beginnen, die Schulden zu tilgen“.

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