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USA und Deutschland: US-Generalkonsulin: „Deutschland sollte uns stärker unterstützen“

USA und Deutschland

US-Generalkonsulin: „Deutschland sollte uns stärker unterstützen“

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    US-Generalkonsulin Megan Gregonis.
    US-Generalkonsulin Megan Gregonis. Foto: US-Generalkonsulat München

    Generalkonsulin Gregonis, Sie haben drei Jahre das US-Konsulat in München geleitet, nun verlassen Sie Deutschland. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

    Meghan Gregonis: Meine Jahre in Deutschland waren von starken Kontrasten geprägt. Wir haben in den USA zwei Regierungen erlebt, die sehr verschieden waren: Bei meiner Ankunft regierte Präsident Donald Trump im Weißen Haus, nun ist dort Joe Biden eingezogen. Das bedeutete für uns, dass sich die Politik verändert hat – auch, wenn die grundlegenden Prinzipien der Vereinigten Staaten die Gleichen geblieben sind. Aber auch die Corona-Pandemie hat unsere Arbeit deutlich geprägt. Die bestand zu Beginn meiner Dienstzeit aus vielen persönlichen Kontakten. Das ist seit Monaten nicht mehr möglich. Auswirkungen hatte das unter anderem auf die Münchner Sicherheitskonferenz, für die wir 2019 und 2020 die zwei größten amerikanischen Delegationen in deren Geschichte betreut haben. 2021 fand die Sicherheitskonferenz nur virtuell statt, aber dafür hielt mit Präsident Biden dort erstmalig ein amtierender US-Präsident eine Rede. Wir fanden uns plötzlich alle in einem neuen, digitalen Zeitalter wieder – und haben das erfolgreich gemeistert. Jetzt gehe ich für eine kurze Zeit nach Washington, besuche meine Familie. Meine nächste diplomatische Station wird Dubai sein.

    Wie war es für Sie als Diplomatin unter der aus deutscher Sicht schwierigen Regierung Trump zu arbeiten?

    Gregonis: Als Diplomatin ist es meine Aufgabe, mich an die jeweiligen Vorgaben der Regierungen anzupassen – egal, ob sie demokratisch oder republikanisch sind. Und es ist meine Aufgabe, die Sicherheitsinteressen der USA im Blick zu haben.

    "Amerikanische Politik wird sich nicht in allen Punkten ändern"

    Wie erleben Sie das deutsch-amerikanische Verhältnis?

    Gregonis: Die Freundschaft zwischen Bayern und Amerika ist so stark wie sie immer war. Viele Organisationen und Vereine haben gezeigt, dass die Verbindung zwischen den Menschen wirklich eng ist. Der Slogan der Biden-Regierung ist: „Build back better“ – etwas Besseres wiederaufbauen. Das gilt auch für die politischen Allianzen. Es ist eine der Prioritäten der Biden-Regierung, das transatlantische Bündnis zu stärken. Und nicht nur das. Die Trump-Regierung etwa hatte einen anderen Ansatz im Umgang mit dem Klimawandel – Präsident Biden kehrt zurück zu internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser Klimaabkommen. Das Gleiche gilt für die Weltgesundheitsorganisation. Es gibt jetzt also einen ganz anderen Schwerpunkt. Allerdings wird sich die amerikanische Politik nicht in allen Punkten ändern. Wir wollen eine starke Nato, in die auch Deutschland mehr investiert. Wir wollen einen anderen Umgang mit China.

    Ein starkes Band zwischen Deutschland und den USA sind die hierzulande stationierten US-Truppen. Trump wollte sie abziehen, Biden hat die Entscheidung revidiert. Wie wird es weitergehen?

    Gregonis: Die Biden-Regierung hat sogar bekannt gegeben, dass sie 500 weitere Soldaten nach Deutschland schicken will. Wir erwarten, dass sie im Herbst hier ankommen. Das ist ein wichtiges Signal für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Wir haben 15.000 US-Soldaten alleine in Bayern, die werden auch bleiben, weil sie hier sehr gute Konditionen haben und enorme Unterstützung erfahren. Hier erwarten wir auch keine Veränderungen.

    Der russische Präsident Wladimir Putin trifft sich Mitte Juni mit US-Präsident Biden.
    Der russische Präsident Wladimir Putin trifft sich Mitte Juni mit US-Präsident Biden. Foto: Sergei Ilyin, Pool Sputnik Kremlin, dpa

    Die US-Truppen in Deutschland waren immer auch ein Signal an Russland. Die Beziehung zu Moskau wird komplizierter. Wie können Europa und Amerika hier zusammenarbeiten?

    Gregonis: Es gibt viele Möglichkeiten für Europa, Deutschland und die USA zusammenzuarbeiten. Und das betrifft nicht nur die Herausforderungen, vor die Russland uns stellt, sondern auch China. Der Gipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin am 16. Juni ist eine Chance, um zu mehr Stabilität und Berechenbarkeit im gemeinsamen Umgang zurückzukehren. Auch, wenn wir in vielen Themen nicht einer Meinung sind, ist es wichtig, persönlich mit Russland zu sprechen. Aber im Umgang mit Russland gibt es auch Punkte, wo wir mit der deutschen Politik nicht einverstanden sind. Bedenken gibt es etwa wegen der Gas-Pipeline Nord-Stream 2. Das ist für die USA eine große Herausforderung, denn sie unterwandert sowohl die europäische Energie-Sicherheit als auch die Sicherheit der Ukraine.

    "Es geht auch um Menschenrechte"

    Auch im Umgang mit China gibt es offensichtlich zwei verschiedene Wege – Europa ist deutlich zahmer gegenüber Peking.

    Gregonis: Wir verstehen, dass Europa seine eigenen Interessen verfolgen muss. Dennoch glauben wir, dass wir hier enger zusammenarbeiten sollten, gerade mit Blick auf die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Wir sorgen uns nicht nur um Handelsfragen, sondern auch um Menschenrechte. Hier sollte uns vor allem Deutschland stärker unterstützen, etwa in der Stärkung der Demokratiebewegung in Hongkong oder der Hilfe für Uiguren in der Region Xinjiang, denen wir über den in München ansässigen Weltkongress der Uiguren aktiv beiseite stehen. Diese Menschen brauchen unsere Unterstützung. Deutschland könnte bei diesen Themen hörbarer sein, sich lauter für Menschenrechte einsetzen. Es gibt also viele Möglichkeiten, enger zusammenzuarbeiten. Das gilt auch für die gemeinsame Entwicklung von technologischen Innovationen und den Schutz geistigen Eigentums – etwas, vor dem China nicht den nötigen Respekt hat. Dies haben wir auch bei unserer im April 2021 erstmals deutschlandweit durchgeführten „Transatlantic Innovation Week“ thematisiert.

    Freundlich, aber bestimmt: US-Präsident Joe Biden - hier bei einem Besuch in Cleveland - setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Europa und Deutschland. Das heißt auch, dass Berlin eigene Positionen überprüfen muss.
    Freundlich, aber bestimmt: US-Präsident Joe Biden - hier bei einem Besuch in Cleveland - setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Europa und Deutschland. Das heißt auch, dass Berlin eigene Positionen überprüfen muss. Foto: Evan Vucci, dpa

    Unter Präsident Barack Obama gab es eine Hinwendung nach Asien – erleben wir nun umgekehrt eine Abwendung von China?

    Gregonis: Ich glaube nicht, dass wir in diesem Punkt etwas Neues erleben. Auch Obamas „pivot to Asia“, sein Schwenk in Richtung Asien, war eine Antwort auf das chinesische Machtstreben in der Region. Die Sorge, wohin die chinesische Politik steuert, gibt es also schon seit vielen Jahren. Was unter Präsident Biden anders ist, ist, dass er glaubt, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, gemeinsam zu handeln. Das betrifft etwa das 5G-Netz. Wenn Deutschland hier mit Huawei zusammenarbeitet, ist das eine Bedrohung für unsere Daten-Sicherheit. Sorgen bereitet uns auch Chinas Auftreten im südchinesischen Meer. Ein anderes Beispiel ist KI: Wollen wir wirklich, dass China die Regeln bestimmt, wie wir mit Künstlicher Intelligenz umgehen? Nein! Wir wollen, dass der Westen seine Werte hier als Maßstab anlegt.

    Wie wollen Sie erreichen, dass Deutschland dieser Haltung folgt?

    Gregonis: Wir wissen, dass Deutschland seine eigenen Interessen hat und wir nicht erwarten können, dass es die aufgibt – aber wir würden uns freuen, wenn Deutschland, Europa und die USA in diesen Fragen enger zusammenarbeiten.

    "Wir dürfen unsere westlichen Werte nicht verraten"

    Muss Deutschland seine Beziehungen gegenüber China überdenken? Immerhin haben wir lange vom großen chinesischen Markt profitiert, uns sonst aber zurückgehalten wenn es um Menschenrechte ging.

    Gregonis: Man muss sich immer die Frage stellen: Welchen Preis sind wir bereit zu zahlen? Natürlich wollen wir alle Handelsbeziehungen mit China. Aber dafür dürfen wir unsere westlichen Werte, unsere Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten nicht verraten. Die USA sind da in ihrer Haltung sehr klar.

    Im September endet die Ära von Kanzlerin Angela Merkel. Wie blickt Amerika auf diese Bundestagswahl?

    Gregonis: In den USA gibt es ein enormes Interesse an dieser Wahl. Wir sind gespannt darauf, wer Deutschland künftig anführen wird. Es gibt zu zu einer Reihe von Parteien eine gute Verbindung. Kanzlerin Angela Merkel war und ist eine starke Partnerin für Amerika. Das wissen wir sehr zu schätzen. Für mich persönlich ist es immer sehr inspirierend, Frauen wie Angela Merkel zu sehen, die wichtige Positionen einnehmen und zeigen, dass sie mindestens so gut sind wie ihre männlichen Kollegen. Amerika hatte bislang noch keine weibliche Präsidentin. Mut macht uns unsere erste weibliche Vize-Präsidentin Kamala Harris, die noch dazu indisch-jamaikanischer Abstammung ist. Präsident Biden hat mit der Zusammenstellung einer diversen Mannschaft ein Zeichen gesetzt. Im Kabinett sind Frauen genauso vertreten wie Mitglieder von Minderheiten. Das ist ein Hinweis an alle: Wir müssen uns öffnen für alle Mitglieder unserer Gesellschaft.

    "Besorgt über wachsenden Antisemitismus in Deutschland"

    In den vergangenen Wochen gab es wiederholt Demonstrationen in Deutschland mit antisemitischem Hintergrund. Wie wird das in den USA gesehen? Ist das wirklich nur von Flüchtlingen importierter Antisemitismus?

    Gregonis: Fakt ist: Wir sind sehr besorgt über den wachsenden Antisemitismus in Deutschland. Wir werden weiterhin die jüdischen Gemeinden hier stark unterstützen. Das ist eine deutsche Angelegenheit, die eine deutsche Lösung braucht – deshalb will ich mit amerikanischen Ratschlägen zurückhaltend sein. Nur so viel: Wir sind sehr besorgt. Allerdings sehen wir dieses Phänomen des wachsenden Antisemitismus nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern weltweit. Und das nicht nur in muslimischen Communities.

    Zur Person:

    Meghan Gregonis ist seit Juli 2018 Generalkonsulin der Vereinigten Staaten in München, nun endet ihr Einsatz in Deutschland. Gregonis arbeitet seit vielen Jahren für die US-Regierung, war unter anderem im Nationalen Sicherheitsrat und in den Botschaften von Islamabad und Riad tätig.

     Meghan Gregonis (links) mit den Mitarbeitern des US-Generalkonsulats in München. Sie stehen vor einem Originalstück der Berliner Mauer, das dem Freistaat Bayern 1996 von Johannes
Singhammer, dem ehemaligen Vizepräsidenten
des Deutschen Bundestages, geschenkt wurde. Es fand
entlang der Königinstraße in München einen neuen
Standort. Der Bildhauer Joachim Maria Hoppe
steuerte ein „Mahnmal für Freiheit und Wiedervereinigung“
bei – drei schräg gestellte Platten,
die um das Mauerstück angeordnet sind und den
Fall der Berliner Mauer 1989 symbolisieren.
    Meghan Gregonis (links) mit den Mitarbeitern des US-Generalkonsulats in München. Sie stehen vor einem Originalstück der Berliner Mauer, das dem Freistaat Bayern 1996 von Johannes Singhammer, dem ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, geschenkt wurde. Es fand entlang der Königinstraße in München einen neuen Standort. Der Bildhauer Joachim Maria Hoppe steuerte ein „Mahnmal für Freiheit und Wiedervereinigung“ bei – drei schräg gestellte Platten, die um das Mauerstück angeordnet sind und den Fall der Berliner Mauer 1989 symbolisieren. Foto: US-Generalkonsulat München

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