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Rettungsplan: Zyperns Kirche verliert 100 Millionen

Rettungsplan

Zyperns Kirche verliert 100 Millionen

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    Vor dem Bankrott dürfte Zypern vorerst gerettet sein. Doch die Menschen ahnen, dass nun eine Sparwelle auf sie zurollt.
    Vor dem Bankrott dürfte Zypern vorerst gerettet sein. Doch die Menschen ahnen, dass nun eine Sparwelle auf sie zurollt. Foto: Katia Christodoulou (dpa)

    In der Nacht zum Montag hatten sich Euro-Staaten und Internationaler Weltwährungsfonds (IWF) nach einem dramatischen Verhandlungsmarathon in Brüssel mit der zyprischen Regierung auf ein Hilfsprogramm von 10 Milliarden Euro geeinigt. Zypern muss selbst etwa sieben Milliarden Euro aufbringen, der

    So soll das Rettungspaket finanziert werden

    Das Zypern-Hilfspaket

    Die wichtigsten Punkte des Zypern-Pakets:

    Die internationalen Geldgeber haben sich mit Zypern auf ein Hilfsprogramm im Umfang von zehn Milliarden Euro geeinigt.

    Anlegerschutz: Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der Abmachung von Mitte März werden Konten mit Guthaben von weniger als 100 000 Euro nicht angerührt.

    Die geplante generelle Zwangsabgabe auf Konten entfällt.

    Endgültige Abmachung: Sie soll im April stehen. Zuvor müssen nationale Parlamente wie in Deutschland noch zustimmen.

    Die ersten Auszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM soll es dann im Mai geben.

    Umfang: Die Finanzhilfen der Geldgeber umfassen bis zu zehn Milliarden Euro.

    Der Internationale Währungsfonds will sich beteiligen, eine Summe steht noch nicht fest. Im Gespräch ist rund eine Milliarde Euro.

    Zyprische Banken: Zypern sichert zu, sein aufgeblähtes Bankensystem zu sanieren und deutlich zu verkleinern.

    Die zweitgrößte Bank Laiki wird abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus wird zurechtgestutzt und übernimmt den überlebensfähigen Teil von Laiki.

    Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner müssen sich auf erhebliche Verluste einstellen.

    Bei der Bank of Cyprus werden zunächst alle Anlagen von über 100 000 Euro eingefroren.

    Die Hilfsgelder werden nicht für Finanzspritzen zugunsten der Bank of Cyprus oder Laiki eingesetzt.

    Die Milliardenhilfe soll vom Eurorettungsfonds ESM und dem  Internationalen Währungsfonds (IWF) gestemmt werden. Im Gegenzug muss Zypern seinen Finanzsektor umbauen. Die zweitgrößte Bank, die  Popular oder Laiki-Bank, soll zerschlagen werden. Faule Papiere  werden in einer Bad Bank angesiedelt, die abgewickelt werden soll.  Die anderen Guthaben sollen an die größte Bank des Landes, die Bank of Cyprus, überführt werden. Diese übernimmt von der Popular Bank auch neun Milliarden Euro Schulden bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Anders als zuerst vorgesehen werden nun zyprische Kleinsparer von einer Zwangsabgabe verschont.

    Zyperns Staatschef Anastasiades kündigt TV-Ansprache an

    Zypern beende nun eine "Phase der Ungewissheit und Unsicherheit für  die Wirtschaft", sagte der zyprische Regierungssprecher Christos  Stylianides im staatlichen Rundfunk. Die Zahlungsunfähigkeit des  Landes, die einen "Austritt aus der Eurozone bedeutet hätte", sei abgewendet worden. Staatschef Nikos Anastasiades zeigte sich mit der Einigung "zufrieden" und kündigte für den Abend eine TV-Ansprache an.

    Putin ordnet jetzt doch Zypernhilfe an

    Russland will nun doch einen Beitrag zur Rettung des EU-Krisenstaates Zypern leisten. Kremlchef Wladimir Putin habe die Regierung angewiesen, die Bemühungen der Eurogruppe zu unterstützen. Das sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Montag nach Angaben der Agentur Interfax.

    Das ist Zypern

    Zypern (Κύπρος) ist mit einer Fläche von ca. 9251 Quadratkilometern nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Geographisch zählt sie zu Asien, kulturell zu Europa.

    Seit der Teilung der Insel 1974 lebt der Großteil der griechischen Zyprioten im Süden der Insel, während der Nordteil unter der Kontrolle der "Türkischen Republik Nordzypern" steht. Dazwischen liegt die "Grüne Linie", eine Pufferzone, welche die Hauptstadt Nikosia teilt.

    Interessant: Nikosia ist Hauptstadt sowohl der Republik Zypern als auch der Türkischen Republik Nordzypern. Insgesamt hat Nikosia etwa 195 000 Einwohner.

    Weitere größere Städte sind Paphos (etwa 36.300 Einwohner), Limassol (148.700) und Larnaka (66.400) an der Südküste sowie Famagusta (27.700) an der Ostküste und Kyrenia (12.500) an der Nordküste.

    Bei der letzten Zählung (zwischen 2005 und 2006) lebten in Zypern 1.038.461 Menschen.

    72 Prozent der Gesamtbevölkerung sind griechische Zyprioten (778.000 Menschen). Die Zahl der türkischen Zyprer liegt bei etwa 220.000 (Stand 2006).

    Von 1878 bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie. Heutzutage stehen noch die britischen Militärbasen Akrotiri und Dekelia auf Zypern. Sie gehören als Exklaven völkerrechtlich zu Großbritannien.

    Die Republik Zypern ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU). Theoretisch gilt das auch für den von der Türkei besetzten Teil.

    Der Großteil der Bewohner, etwa 77 Prozent, sind orthodoxe Christen. Muslime stellen insgesamt 21 % der Bevölkerung und setzen sich zum überwiegenden Teil aus der türkischsprachigen Bevölkerung zusammen. Diese sind zu 99 % sunnitisch-muslimischen Glaubens.

    Dabei geht es um eine Umstrukturierung des 2011 ausgezahlten Kredits von 2,5 Milliarden Euro. Zypern hatte beantragt, die Rückzahlung von viereinhalb auf fünf Jahre zu strecken sowie den Zinssatz von 4,5 Prozent deutlich zu senken. In der vergangenen Woche hatte Russland eigene Hilfen von einer vorherigen Einigung auf eine Rettung innerhalb der EU abhängig gemacht.

    Banken sollen bald wieder geöffnet werden

    Die zyprische Regierung will so schnell wie möglich die Voraussetzungen für die Wiederöffnung der seit Tagen geschlossenen Banken schaffen. Der Termin dafür war am Montag zunächst weiter unklar. Aus Regierungskreisen in Nikosia hieß es, die Öffnung solle "so schnell wie möglich" geschehen. Nach dem Willen der internationalen Geldgeber soll dabei Chaos verhindert werden. Derzeit bekommen Kunden nur am Automaten Bargeld. Eigentlich war geplant, dass die Schalter bereits an diesem Dienstag wieder offen sind.

    Bankangestellte betonten in Nikosia, die Geldinstitute könnten nicht auf "die Schnelle" geöffnet werden. Erst müsse die Zentralbank Zyperns den Banken die genauen Einschränkungen für den Zahlungsverkehr vorgeben. Erwartet wird, dass Kunden nur einen Höchstbetrag pro Tag oder Monat abheben dürfen. Mit den Einschränkungen soll verhindert werden, dass alle Sparer ihr ganzes Geld abziehen und dadurch das System zusammenbricht. Bis Sonntagmittag hatten Bankangestellte keinen Anweisung von den Bankzentralen bekommen, wann sie wieder zum Dienst erscheinen sollen.

    Merkel und Schäuble äußern sich zur Zypern-Rettung

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "tragfähigen Programm". Die jetzt getroffene Übereinkunft sei "im Interesse Zyperns" und "im Interesse Europas, der Eurozone", sagte  Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Das Programm leite  den "notwendigen Umbau des zyprischen Finanzsektors" ein. Die Finanzmärkte reagierten positiv auf die nächtliche Einigung.

    Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnete den  Rettungsplan als den "bestmöglichen Weg" für das Land aus der  Krise, wenngleich es kein "bequemer Weg" sei. Anders als in Zypern,  wo das Parlament dem

    Zur Wiedereröffnung der Banken sagte Schäuble am Montag in Berlin, im Laufe des Tages müsse entschieden werden, wann und wie die zyprischen Banken öffnen können. Daraus dürften keine "zusätzlichen Probleme" entstehen, erklärte er mit Blick auf die Sorgen vor einem Ansturm zyprische Sparer auf die Banken.

    Die orthodoxe Kirche Zyperns dürfte nach Schätzungen ihres Erzbischofs Chrysostomos 100 Millionen Euro durch die bevorstehende Zwangsabgabe auf Geldeinlagen in Zypern verlieren. "Die Kirche wird es aber überleben", sagte der Erzbischof am Montag in Nikosia. Die Kirche habe in schwierigen Zeiten "sogar die Abendmahlkelche verkauft", um Krisen zu überwinden, hieß es. Der Erzbischof äußerte sich enttäuscht von der Haltung der EU. "Wir hatten an ein anderes Europa geglaubt", meinte er. Die "großen Starken" hätten sich aber durchgesetzt. (dpa,afp)

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