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Porträt: Warum WHO-Chef Dr. Tedros ein Freund für China ist

Porträt

Warum WHO-Chef Dr. Tedros ein Freund für China ist

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    Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO.
    Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO. Foto: Salvatore Di Nolfi, dpa

    Dr. Tedros strahlte. Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation hatte seine Unbekümmertheit zurückgewonnen. „Heute erhalten wir den politischen und finanziellen Beistand, den wir brauchen“, lobte Tedros Adhanom Ghebreyesus, 55, wie er mit vollem Namen heißt. Dann sagte der Äthiopier auf Deutsch zu seinem Gast: „Vielen Dank.“ Eingeladen hatte Tedros den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

    Der Minister aus Berlin brachte Ende Juni ein üppiges Geschenk in die Genfer WHO-Zentrale: Mehr als 500 Millionen Euro werde sein Ministerium im Jahr 2020 an die klamme WHO überweisen. Das Treffen tat Tedros sichtlich gut. Der WHO-Chef konnte für einige Minuten die Schmähungen und scharfen Angriffe vergessen, die in der Corona-Krise auf ihn niederprasseln.

    Tedros Adhanom Ghebreyesus führt die Organisation seit 2017, der Äthiopier ist der erste Afrikaner in diesem Amt. Der fünffache Vater ist bekannt für seine ehrgeizigen Ziele. Der Immunologe und Doktor der öffentlichen Gesundheit wollte die WHO besser für den Ausbruch von Seuchen wappnen – und schien ausgerechnet daran zu scheitern.

    Ist er zu eng mit China verbandelt?

    Die härtesten Attacken kommen von US-Präsident Donald Trump. Er bezichtigt die WHO, als „PR-Agentur“ für China zu dienen und zusammen mit Peking den Corona-Ausbruch vertuscht zu haben. Tatsächlich überschüttete Tedros Adhanom Ghebreyesus China, das Ursprungsland des Corona-virus, lange mit Lob. Zu lange. Noch Ende Januar versicherte er: „China setzt derzeit neue Maßstäbe bei der Reaktion auf einen Ausbruch.“

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    Auch Gesundheitsexperten wie David P. Fidler vom Council on Foreign Relations in New York prangern den Schmusekurs des WHO-Chefs gegenüber China an. Dadurch habe die WHO „ihre Neutralität untergraben“. Hinter vorgehaltener Hand ist aus der WHO zu hören, der 55-Jährige wolle mit seiner devoten Politik die Machthaber in Peking zur Kooperation motivieren. Der WHO-Chef kann den 194 Mitgliedsländern keine Anweisungen geben. Der ausgebildete Immunologe, der seinen Doktortitel in England erwarb, kann nur beraten, vorschlagen, empfehlen. Er verschreibt die Medizin. Schlucken müssen andere.

    WHO-Chef Dr. Tedros gilt als einfühlsamer Chef

    Fest steht: Die Chinesen und der Afrikaner kennen sich gut. Tedros diente von 2005 bis 2016 in den autoritären Regierungen Äthiopiens zuerst als Gesundheitsminister, dann als Außenminister. In dieser Zeit intensivierte China seine Investitionen in Äthiopien und stützte somit die Regierenden, die laut Amnesty International nicht vor Folter zurückschreckten. Ghebreyesus schaffte es jedoch, sich als WHO-Generaldirektor ein Image als einfühlsamer Chef zuzulegen. Einmal pro Woche bietet er eine Sprechstunde an. Jeder Mitarbeiter kann ihm sein Herz ausschütten – oder Ideen für den Kampf gegen Corona und andere Krankheiten vortragen.

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