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Hilfsmilliarden: Zypern-Rettung: Zwangsabgabe von 30 Prozent auf Bankguthaben

Hilfsmilliarden

Zypern-Rettung: Zwangsabgabe von 30 Prozent auf Bankguthaben

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    Eurostaaten und Weltwährungsfonds haben das kleine Zypern in letzter Minute vor dem Staatsbankrott bewahrt. dpa
    Eurostaaten und Weltwährungsfonds haben das kleine Zypern in letzter Minute vor dem Staatsbankrott bewahrt. dpa Foto: Katia Christodoulou

    Die Kleinanleger bleiben wohl verschont, dafür müssen die Großkunden bluten. Die drohende Staatspleite Zyperns ist abgewendet. Zypern bekommt seine Hilfsmilliarden.

    Eurostaaten und Weltwährungsfonds haben das kleine Zypern in letzter Minute vor dem Staatsbankrott bewahrt. Zwölf Stunden lang dauerte der dramatische Verhandlungsmarathon um Zypern, in dem sich die Eurostaatenmit der zyprischen Regierung auf ein Hilfsprogramm von 10 Milliarden Euro einigten. "Wir können nun damit anfangen, den Menschen in Zypern beim Wiederaufbau ihrer Wirtschaft zu helfen", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am frühen Montagmorgen in Brüssel.

    Zypern: Zwangsabgabe für Anleger ab 100.000 Euro

    Das ist Zypern

    Zypern (Κύπρος) ist mit einer Fläche von ca. 9251 Quadratkilometern nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Geographisch zählt sie zu Asien, kulturell zu Europa.

    Seit der Teilung der Insel 1974 lebt der Großteil der griechischen Zyprioten im Süden der Insel, während der Nordteil unter der Kontrolle der "Türkischen Republik Nordzypern" steht. Dazwischen liegt die "Grüne Linie", eine Pufferzone, welche die Hauptstadt Nikosia teilt.

    Interessant: Nikosia ist Hauptstadt sowohl der Republik Zypern als auch der Türkischen Republik Nordzypern. Insgesamt hat Nikosia etwa 195 000 Einwohner.

    Weitere größere Städte sind Paphos (etwa 36.300 Einwohner), Limassol (148.700) und Larnaka (66.400) an der Südküste sowie Famagusta (27.700) an der Ostküste und Kyrenia (12.500) an der Nordküste.

    Bei der letzten Zählung (zwischen 2005 und 2006) lebten in Zypern 1.038.461 Menschen.

    72 Prozent der Gesamtbevölkerung sind griechische Zyprioten (778.000 Menschen). Die Zahl der türkischen Zyprer liegt bei etwa 220.000 (Stand 2006).

    Von 1878 bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie. Heutzutage stehen noch die britischen Militärbasen Akrotiri und Dekelia auf Zypern. Sie gehören als Exklaven völkerrechtlich zu Großbritannien.

    Die Republik Zypern ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU). Theoretisch gilt das auch für den von der Türkei besetzten Teil.

    Der Großteil der Bewohner, etwa 77 Prozent, sind orthodoxe Christen. Muslime stellen insgesamt 21 % der Bevölkerung und setzen sich zum überwiegenden Teil aus der türkischsprachigen Bevölkerung zusammen. Diese sind zu 99 % sunnitisch-muslimischen Glaubens.

    Die Euro-Finanzminister revidierten damit ihren umstrittenen Beschluss von Mitte März, wonach eine generelle Zwangsabgabe für Bankguthaben eingeführt werden sollte. "Konten unter 100 000 Euro sind geschützt, da gibt es keinen Zweifel dran", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Die erste Einigung hatte zu einer Verunsicherung von Sparern in ganz Europa geführt. Nach EU-Recht sind Konten von bis zu 100 000 Euro bei Bankpleiten geschützt. Am Montag wurde dann bekannt, dass auf

    Zweitgrößte Bank Laiki wird aufgespalten

    Stattdessen werden jedoch Großanleger, Eigentümer und Gläubiger der beiden größten Banken der Insel herangezogen. Die zweitgrößte Bank, Laiki, soll aufgespalten werden und am Ende de facto verschwinden. Kunden mit Einlagen von mehr als 100 000 Euro müssten mit erheblichen Verlusten rechnen, hieß es.

    Der Branchenprimus, die Bank of Cyprus, wird zurechtgestutzt und übernimmt den lebensfähigen Teil von Laiki. Auch hier müssen sich Einleger mit Guthaben von über 100 000 Euro auf Verluste einstellen. Die Troika der Geldgeber und die Regierung in Nikosia werden bald Details festlegen. "Es wäre unrealistisch zu sagen, dass wir keine bedeutenden Verluste erleiden", sagte der zyprische Ressortchef Michalis Sarris.

    Drohung den Geldhahn abzudrehen

    Die Gespräche fanden unter großem Zeitdruck statt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte angekündigt, den zyprischen Banken am Dienstag den Geldhahn abzudrehen, wenn es keine Einigung auf ein Sanierungskonzept geben sollte. Ein solcher Schritt hätte einen Staatsbankrott und öffentliches Chaos zur Folge haben können. Letzten Endes stand bei der schweren Krise der Verbleib Zyperns in der Eurozone auf dem Spiel. "Wir haben die Unsicherheit für Zypern und die

    Schäuble: "Ich bin froh"

    Das Zypern-Hilfspaket

    Die wichtigsten Punkte des Zypern-Pakets:

    Die internationalen Geldgeber haben sich mit Zypern auf ein Hilfsprogramm im Umfang von zehn Milliarden Euro geeinigt.

    Anlegerschutz: Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der Abmachung von Mitte März werden Konten mit Guthaben von weniger als 100 000 Euro nicht angerührt.

    Die geplante generelle Zwangsabgabe auf Konten entfällt.

    Endgültige Abmachung: Sie soll im April stehen. Zuvor müssen nationale Parlamente wie in Deutschland noch zustimmen.

    Die ersten Auszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM soll es dann im Mai geben.

    Umfang: Die Finanzhilfen der Geldgeber umfassen bis zu zehn Milliarden Euro.

    Der Internationale Währungsfonds will sich beteiligen, eine Summe steht noch nicht fest. Im Gespräch ist rund eine Milliarde Euro.

    Zyprische Banken: Zypern sichert zu, sein aufgeblähtes Bankensystem zu sanieren und deutlich zu verkleinern.

    Die zweitgrößte Bank Laiki wird abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus wird zurechtgestutzt und übernimmt den überlebensfähigen Teil von Laiki.

    Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner müssen sich auf erhebliche Verluste einstellen.

    Bei der Bank of Cyprus werden zunächst alle Anlagen von über 100 000 Euro eingefroren.

    Die Hilfsgelder werden nicht für Finanzspritzen zugunsten der Bank of Cyprus oder Laiki eingesetzt.

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will noch am (heutigen) Montag die Fraktionsvorsitzenden des Bundestages unterrichten. Er zeigte sich überzeugt, dass die Volksvertretung dem Kompromiss zustimmen werde. "Der zyprische Bankensektor wird im Verhältnis zu der Größe der zyprischen Wirtschaft auf das durchschnittliche europäische Niveau zurückgeführt werden müssen", kommentierte Schäuble. "Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was immer unsere Position war."

    Am (heutigen) Montag laufen laut Dijsselbloem auch Verhandlungen zwischen der Troika und der zyprischen Regierung über die Wiedereröffnung der Banken. Bisher war von Dienstag die Rede gewesen. "Es gibt noch kein festgelegtes Datum", sagte der Sozialdemokrat.

    Die EU-Spitze mit Gipfelchef Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso spielte bei den Verhandlungen eine herausragende Rolle. Sie verhandelten lange mit Zyperns Präsident Nikos Anastasiades. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und EZB-Chef Mario Draghi waren eingeschaltet. Die Euro-Finanzminister stimmten dann dem Kompromiss zu.

    Die Höhe des IWF-Anteils ist noch offen. Nach früheren Angaben ist rund eine Milliarde Euro im Gespräch. Wie hoch die Eigenbeteiligung Zyperns letztlich sein wird, ist wegen der noch offenen Einschnitte bei den Großbanken noch nicht sicher. Bisher war von rund 7 Milliarden Euro die Rede gewesen, wobei allein 5,8 Milliarden Euro auf die nun gestrichene Zwangsabgabe entfielen. dpa/AZ

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