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Griechenland: Europäer ringen um weitere Milliarden-Stützen

Griechenland

Europäer ringen um weitere Milliarden-Stützen

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    Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos steht stark unter Druck. Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Athen sind ins Stocken geraten. Foto: Orestis Panagiotou dpa
    Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos steht stark unter Druck. Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Athen sind ins Stocken geraten. Foto: Orestis Panagiotou dpa

    Die Europäer ringen um weitere  Milliarden-Stützen für Griechenland. "Wenn unsere griechischen  Freunde ihren Anteil beitragen, müssen wir sie unterstützen", sagte  EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Freitag in Brüssel.  Noch vor dem EU-Gipfel am Montag wollten die Beteiligten ihr  Konzept absichern, die Maximalverschuldung Athens im Jahr 2020 auf  120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu begrenzen.

    Mögliche Lösungen zur Griechenland-Rettung

    - «WEICHE» UMSCHULDUNG: Bei diesem Konzept sollen hochriskante griechische Staatsanleihen durch abgesicherte Anleihen mit einer verlängerten Laufzeit ersetzt werden. Griechenland müsste seine Schulden also erst später zurückzahlen. Experten befürworten die Lösung, weil sie die Folgen für die Investoren abmildert. Der Wirtschaftsweise Lars Feld hält dagegen: «Das Ziel, Griechenland einen Silberstreifen am Horizont zu verschaffen, würde damit nicht erreicht.» Denkbar wäre zusätzlich ein Abschlag auf den Nennwert der Staatsanleihen.

    - SCHULDENSCHNITT: Bei dieser unter den Euro-Chefs umstrittenen «haircut»-Lösung müssen alle Gläubiger Griechenlands auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Viele Experten halten dieses Szenario für unausweichlich, weil Griechenland seine Schulden nicht mehr schultern kann. Bundesbank-Chef Jens Weidmann lehnt den Schnitt ab, weil Griechenland zu wenig erwirtschaftet und ein hohes Haushaltsdefizit aufweist. Experten zufolge müsste sich der Abschlag vom Nominalwert der Anleihen am gegenwärtigen Marktwert orientieren - Ökonomen halten 40 bis 50 Prozent für vorstellbar. Womöglich wären in der Folge milliardenschwere Hilfen für das griechische Bankensystem sowie ein Notprogramm auch für Irland und Portugal nötig.

    - EUROBONDS: Nach diesem Konzept nehmen alle Länder der Eurozone zusammen Kredite zu einem einheitlichen Zinssatz auf. Bisher muss sich jedes Land selbst darum kümmern, Geld von den Finanzmärkten zu bekommen - zu unterschiedlich hohen Zinssätzen. Für Griechenland bedeutete dies frisches Kapital zu wesentlich niedrigeren Zinsen als bisher. Wegen der schlechten Bewertung seiner Bonität durch die Ratingagenturen konnte sich das Land de facto kein Geld mehr leihen. Länder mit einem bislang guten Rating - wie Deutschland - müssten bei den Eurobonds allerdings deutlich höhere Zinsen hinnehmen. Finanzexperten befürchten, jedes Land müsse dann für die Staatsverschuldung anderer mithaften. Experten sehen zudem verfassungsrechtliche Probleme.

    - RÜCKKAUF EIGENER STAATSANLEIHEN: Weil griechische Staatsanleihen derzeit teils nur noch mit 50 Prozent ihres Nennwerts gehandelt werden, könnte Griechenland seine Anleihen entsprechend günstiger zurückkaufen. Dafür wären aber gewaltige Geldsummen nötig, die etwa der Rettungsfonds EFSF zur Verfügung stellen müsste. Sollten Gläubiger darauf eingehen, wäre auch das eine Art Schuldenerlass. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» könnte Griechenland damit laut Berechnungen des Bundesfinanzministeriums seine Staatsschulden um 20 Milliarden Euro senken.

    Die gemeinsamen Inspektionen der Europäischen Kommission, der  Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen  Währungsfonds (IWF) in Athen ergaben nach übereinstimmenden Angaben  von europäischen Diplomaten, dass die Verschuldung Griechenlands  2020 bei 125 bis 127 des BIP liegen würde. Der

    Europäer ringen um weitere Milliarden-Stützen für Griechenland

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Wenn Griechenland zahlungsunfähig würde, wäre dies ein "großes  Problem" für die gesamte Eurozone, sagte Barroso. Luxemburgs  Regierungschef Jean-Claude Juncker forderte die Eurostaaten auf,  auf einen Teil ihrer Forderungen an Griechenland zu verzichten. Bei  den Verhandlungen mit den Privatgläubigern über einen  Schuldenschnitt sei das geplante Ziel nicht "ganz zu erreichen",  sagte Juncker.

    IWF beharrt auf Maximalverschuldung von 120 Prozent im Jahr  2020

    Euro-Krise: Diese Finanzbegriffe sollten Sie kennen

    Staatsanleihen: Sie sind für Staaten die wichtigsten Instrumente, um ihre Finanzierung langfristig sicherzustellen. Der ausgebende Staat sichert in der Regel die Rückzahlung der Summe plus einen festen Zinssatz zu einem festgelegten Zeitpunkt zu. Die Laufzeiten liegen bei bis zu 30 Jahren.

    Auktion: Dies ist der bevorzugte Weg für Staaten, um ihre Schuldpapiere zu verkaufen. Einige Tage vor dem Verkauf werden Summe und Laufzeiten der Anleihen bekannt gemacht. An einem festgelegten Tag können dazu berechtigte Investoren ihre Gebote abgeben. Die Bieter mit den günstigsten Geboten erhalten den Zuschlag. In der Euro-Krise haben einige Staaten, darunter auch Deutschland, bei Auktionen auch schon nicht genug Käufer gefunden. Andere Staaten mussten höhere Zinsen als geplant bieten, um ihre Papiere loszuwerden.

    Primär- und Sekundärmarkt: Die Neuausgabe von Staatsanleihen wird als Primärmarkt bezeichnet. Danach werden sie wie gewöhnliche Wertpapiere weitergehandelt, am sogenannten Sekundärmarkt. Er funktioniert wie ein Gebrauchtwarenmarkt - bereits ausgegebene Staatsanleihen werden während ihrer Laufzeit weiterverkauft. Dabei können sie im Laufe der Zeit an Wert zunehmen oder verlieren. Ein Verkauf vor Ablauf der Laufzeit kann also Gewinn bringen - oder Verlust.

    Zins: Dies ist die Summe, die ein Schuldner - bei Staatsanleihen also der Staat - pro Jahr zusätzlich zahlen muss, damit er für eine bestimmte Zeit Geld geliehen bekommt. Bei den Staatspapieren haben die Zinsen für kriselnde Länder wie Italien in den vergangenen Wochen ständig neue Höchstwerte erreicht. Bei einer Neuausgabe zehnjähriger Staatsanleihen musste das Land zuletzt mehr als sieben Prozent Zinsen bieten - schon sechs Prozent Zinsen gelten als kritischer Wert, ab dem Länder wie Irland oder Griechenland um internationale Hilfe bitten mussten.

    Rating: Rating ist das englische Wort für Bewertung. Es wird für die Noten benutzt, die Prüfunternehmen - die Ratingagenturen - vergeben, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu beurteilen. Verschlechtern diese Unternehmen etwa wegen hoher Schulden die Note eines Landes, ist von einer Herabstufung die Rede. Das betroffene Land muss dann höhere Zinsen zahlen, um sich Geld zu leihen.

    Rendite: Damit wird im Prinzip der tatsächliche Gewinn bezeichnet, den ein Käufer von Schuldpapieren am Ende eines Jahres macht. Depotgebühren werden dabei eingerechnet genauso wie Kursgewinne oder -verluste. Die Rendite liegt derzeit in der Regel höher als der Zinssatz, der bei der Erstausgabe für die Staatsanleihen festgelegt wurde. Denn aufgrund der krisenhaften Entwicklung verlangen die Investoren am Sekundärmarkt Risikoaufschläge, wenn sie Staatspapiere kaufen. Unterm Strich zahlen sie damit für eine Anleihe also einfach weniger - und machen am Ende einen größeren Gewinn. An der aktuellen Rendite orientiert sich der künftige Zinssatz, der für neue Staatsschuldtitel bezahlt werden muss.

    Spread: Damit wird der Unterschied am Markt bei der Rendite von zwei Staatsanleihen angegeben. Dieser Wert, der in Basispunkten oder Prozentpunkten angegeben wird, ist umso höher, je größer das Risiko eines Zahlungsausfalls eines Landes ist. In der Euro-Krise sind die zehnjährigen Staatsanleihen Deutschlands ein Referenzwert, weil diese als besonders sicher gelten: Wenn also der «Spread» für Frankreich auf zwei Prozentpunkte steigt, dann bedeutet dies, dass das Land einen um diesen Wert höheren Zinssatz als Deutschland bei einer Neuausgabe von Schuldpapieren zahlen muss.

    Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verwies auf bereits absehbare  starke Belastungen für die Banken. "Das sind immerhin fast 70  Prozent Verlust, die wir in Kauf nehmen, das ist sehr, sehr viel",  sagte Ackermann im Fernsehsender n-tv. Griechenland verhandelt seit  Wochen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt, der  Voraussetzung für ein neues Hilfspaket der Euroländer und des IWF  in Höhe von 130 Milliarden Euro ist.

    IWF-Chefin Christine Lagarde sagte beim Weltwirtschaftsforum in  Davos, die Annahme der bisher von den Gläubigern präsentierten  Vorschläge sei für Griechenland "nicht wünschenswert" gewesen. Sie  sei indes zufrieden, dass die Verhandlungen fortgesetzt würden.  Juncker schloss im "Handelsblatt" nicht aus, dass auch die EZB  Griechenland Schulden erlassen müsse.

    EZB soll Griechenland Schulden erlassen

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) widersprach  Forderungen nach vorschnellen weiteren Finanzhilfen der staatlichen  Geber. "Ich kann keinen Sinn darin erkennen, dass jede Woche mehr  Geld ins Schaufenster gelegt werden soll", sagte er in Brüssel. Die  öffentliche Hand sei schon "mit unglaublichen, atemberaubenden  Summen" in der Verantwortung. Auch der französische Europaminister  Jean Leonetti sagte, es gebe "keinen besonderen Grund", von den  bisherigen Plänen abzuweichen und die öffentlichen Kassen stärker  zu belasten. afp

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