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Corona-Pandemie: Wie der Streit um die Schulen zwischen Bund und Ländern eskalierte

Corona-Pandemie

Wie der Streit um die Schulen zwischen Bund und Ländern eskalierte

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sitzen gemeinsam im Kanzleramt bei der Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder. In der Runde ging es dem Vernehmen nach hoch her.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sitzen gemeinsam im Kanzleramt bei der Videokonferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder. In der Runde ging es dem Vernehmen nach hoch her. Foto: Steffen Kugler, Bundesregierung

    Es kommt selten vor, dass Angela Merkel die Beherrschung verliert. Die Kanzlerin agiert wohltemperiert und ist stets bemüht, die Hitze aus Meinungsverschiedenheiten zu nehmen. Doch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig trifft bei den jüngsten Lockdown-Beratungen ungewollt einen wunden Punkt, als das Thema Schulen zur Sprache kommt. Merkel geht dem Vernehmen nach an die Decke, als sich Schwesig als Beschützerin der Schüler gibt. „Das lasse ich mir nicht anhängen, Frau Schwesig, dass ich Kinder quäle und die Arbeitnehmerrechte missachte“, donnert die Kanzlerin. Eine Sitzungspause, die zehn Minuten dauern soll und aus der eine Stunde wird, löst die Blockade.

    Corona und die Schulen: Merkel und Ministerpräsidenten streiten bei Gipfel

    Der Streit um die Öffnung von Schulen und Kindergärten ist das delikateste Corona-Thema für Millionen Familien in Deutschland. Überforderte Eltern, überforderte Kinder, überforderte Lehrer. Der Unterricht zu Hause ist eine Zumutung für alle. Nicht weniger kräftezehrend ist die Betreuung kleiner Kinder, die noch in den Kindergarten gehen, wenn zeitgleich gearbeitet werden muss. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer bekommen den Druck der Familien zu spüren. Und sie sorgen sich um die Schüler, die zu Hause wenig Unterstützung bekommen und für die das Corona-Schuljahr ein verlorenes ist.

    Die Fronten verlaufen über die Parteigrenzen hinweg, auch wenn die SPD-Länder stärker auf die Öffnung von Schulen und Kitas dringen. Merkel mahnt zur Vorsicht und will die Zahl der Neuansteckungen nach unten drücken bevor sich möglicherweise hierzulande die ansteckendere England-Mutation des Corona-Erregers ausbreitet. Die Wahrscheinlichkeit wird im Kanzleramt bei 50 Prozent gesehen. Die Ministerpräsidenten, die sich gegen Merkels Vorsicht stellen, stützen sich darauf, dass es wissenschaftlich noch nicht belegt ist, dass das Virus an Schulen und Kindergärten stark umgeht.

    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist besorgt

    Und wie immer in der Politik wird auf Wahlen geschaut. Frustrierte Eltern sind eine Gefahr für Regierungschefs, die im Sattel bleiben wollen. Winfried Kretschmann (Grüne) aus Baden-Württemberg stellt nur wenige Minuten nach der gemeinsamen Entscheidung, Schulen und Kindergärten grundsätzlich bis Mitte Februar geschlossen zu halten, öffentlich eben jenen Beschluss in Frage. Grundschulen, prescht Kretschmann vor, sollen ab Anfang Februar schrittweise öffnen. In Baden-Württemberg wird im März ein neuer Landtag gewählt, Kretschmann will es noch einmal wissen. Neben den Wählern im Südwesten entscheiden dieses Jahr die Bürgerinnen und Bürger in fünf weiteren Bundesländern über ihre Landesregierungen.

    Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ist nicht entgangen, dass ein Teil seiner Kollegen auf die bevorstehenden Wahlen schielt. „Was man auch spürt insgesamt ist, dass wir uns einige Monate vor wichtigen Weichenstellungen befinden. Das war auch ein bisschen rauszuhören“, sagt er unserer Redaktion. Er ruft dazu auf, den Wahlkampf aus der Pandemie-Bekämpfung rauszuhalten. „Ich hoffe einfach in den nächsten Monaten, dass der Versuchung widerstanden wird, die Dinge zu vermengen.“ Die Geschichte der Politik lehrt indes, dass dieser Versuchung häufiger nachgegeben als widerstanden wird.

    Schulstreit bei Corona-Gipfel: Länder nerven den Bund

    Zur Verhärtung im Schulstreit trägt auch bei, dass die Große Koalition mittlerweile die Nase voll hat von den Ländern, die mit Argusaugen über die Bildungspolitik wachen. Zwar hat der Bund Milliarden für schnelles Internet an Schulen und Laptops für Schüler und Lehrer bereitgestellt, doch die Mittel fließen nur zäh ab.

    Die Vorbereitungen auf die zweite Welle waren überschaubar, wie die Schwächen der Lernplattformen im Internet und die geringe Weiterbildungsquote der Lehrer für den Fern-Unterreicht zeigen. Es könne zehn Monate nach Ausbruch der Pandemie doch wohl nicht mehr das Argument geben, Kinder würden durch das digitale Raster fallen, beklagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Kultusminister hätten dafür zu sorgen, dass der Distanzunterricht funktioniere. Der Bund habe sehr viel Geld zur Verfügung gestellt. „Deutschland muss einen Sprung in der Digitalisierung machen.“

    SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nimmt ebenfalls die Länder in die Pflicht, die schweren Probleme beim Unterricht zu Hause anzupacken. „Das ist Aufgabe des Staates und kann nicht einfach an Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer delegiert werden. Aktuell ist es von Schule zu Schule abhängig, wie gut digitaler Unterricht funktioniert“, sagt er unserer Redaktion. Der Lernfortschritt der Kinder dürfe aber keine Glückslotterie sein. „Diese Ausnahmesituation dauert jetzt fast ein Jahr und wir sind nur wenige Schritte weiter“, bemängelt Klingbeil.

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