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Asylpolitik: Was kostet uns die Massenflucht?

Asylpolitik

Was kostet uns die Massenflucht?

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    Die Flüchtlingskrise bringt Europa an seine Grenzen
    Die Flüchtlingskrise bringt Europa an seine Grenzen Foto: dpa

    Ihre größten Kritiker sitzen diesmal in den eigenen Reihen. Während die Hilfsorganisation „Pro Asyl“ von einem „großartigen Akt der Humanität“ schwärmt und SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sich über ein „starkes Signal der Menschlichkeit“ freut, hadert die CSU noch mit der Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, tausende in Ungarn festsitzende Menschen spontan aufzunehmen. „Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen muss gestoppt werden“, verlangte der Generalsekretär der Schwesterpartei, Andreas Scheuer, bereits vor dem Spitzentreffen der Koalition gestern Abend.

    Bei einer Telefonkonferenz des CSU-Präsidiums sei die Kritik am Vorgehen der Kanzlerin „zu Recht sehr deutlich“ gewesen. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach von einem „völlig falschen Signal“, das überdies nicht mit den Ländern abgesprochen gewesen sei. Unterstützung für Merkels Kurs gab es nach Informationen unserer Zeitung keine.

    Nachdem bereits bis Sonntagmittag um die 15000 Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik gekommen sind, stellt sich im politischen Berlin allerdings nicht nur die Frage nach den Grenzen der Aufnahmebereitschaft neu – sondern auch die nach der Finanzierbarkeit der Hilfen. Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung dürften sich die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Taschengeld, für zusätzliche Lehrerstellen, die Behandlung kranker Flüchtlinge und hunderte von neuen Sachbearbeitern beim Bundesamt für Migration in diesem Jahr auf rund zehn Milliarden Euro addieren.

    Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht deshalb trotz eines erwarteten Überschusses von 5,7 Milliarden Euro schon ein Herzensanliegen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Gefahr – den ausgeglichenen Haushalt. Ohne neue Steuern und ohne neue Schulden, prophezeit sie, werde die Belastung kaum zu schultern sein. Gleichzeitig rief die Grüne die Deutschen auf, in unvermieteten Zimmern in Wohngemeinschaften, in Ferien- und leer stehenden Einliegerwohnungen verstärkt Flüchtlinge aufzunehmen. Dies sei „Gold wert für die Integration“.

    Die Bundesregierung erwartet im laufenden Jahr mindestens 800000 Asylbewerber. Ob diese Zahl nach der bislang beispiellosen Aktion vom Wochenende nun noch nach oben korrigiert werden muss, blieb bis gestern Abend unklar. Während Merkel und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán betonten, bei der Einreisegenehmigung für die Flüchtlinge aus Ungarn handle es sich um eine Ausnahme, traut CSU-Chef Horst Seehofer diesen Beteuerungen offenbar noch nicht so recht. Es gehe nicht an, das Deutschland in der Europäischen Union mit 28 Mitgliedstaaten fast alle Flüchtlinge aufnehme, warnte der Ministerpräsident. „Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus.“ Die Christsozialen fürchten, dass sich ein einmal geöffnetes Einfallstor nicht mehr so einfach schließen lässt und im Sog der Flüchtlinge vom Wochenende nun noch mehr Menschen nach

    Das Maßnahmenpaket aus zusätzlichen Mitteln, schnelleren Abschiebungen von abgelehnten Bewerbern und einer neuen Wohnbau-Offensive, über das der sogenannte Koalitionsausschuss gestern lange im Kanzleramt beriet, ist deshalb nur ein Teil der Strategie, mit der die Regierung versucht, das Flüchtlingsproblem in den Griff zu bekommen. Die Kanzlerin und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) pochen weiterhin auf einen Sondergipfel der EU Anfang Oktober, bei dem die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Mitgliedstaaten geregelt wird – entsprechend ihrer Größe und Wirtschaftskraft.

    Im Moment nimmt eine Stadt wie Kempten mit ihren 66000 Einwohnern mehr Flüchtlinge auf als Estland und Lettland mit ihren zusammen weit über drei Millionen Einwohnern.

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