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Zu viele Katzen: Tierschützer im Donau-Ries wollen die Kastrationspflicht
![Im Tierheim Hamlar gibt es zu viele Katzen. Dort landen viele der Tiere, die aufgrund völlig unkontrollierter Vermehrung kein Zuhause haben, krank sind und Hunger leiden. Im Tierheim Hamlar gibt es zu viele Katzen. Dort landen viele der Tiere, die aufgrund völlig unkontrollierter Vermehrung kein Zuhause haben, krank sind und Hunger leiden.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Die Organisation Peta sieht im Rainer Stadtteil Wächtering einen Hotspot verwilderter Katzen. Landkreisweit vermehren sich die Freigänger teils völlig unkontrolliert.
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Die Tierschutz-Organisation "Peta Deutschland" ist auf den Rainer Stadtteil Wächtering aufmerksam geworden. Dort gebe es "eine Überpopulation und massives Leid heimatloser und kranker Katzen, die oftmals Leid und dem frühen Tod ausgesetzt sind". Peta fordert Bürgermeister Karl Rehm zur Einführung einer Kastrationspflicht auf. Rehm lässt den Sachverhalt derzeit vom Ordnungsamt prüfen. "Etwa zwei Millionen heimatlose Katzen führen ein trauriges Leben auf deutschen Straßen", zitiert Jana Hoger von Peta eine Statistik. "Katzen sind domestizierte Tiere, die ohne menschliche Fürsorge aufgrund von Krankheiten oder Unfällen häufig frühzeitig und qualvoll sterben. Die Stadt Rain muss das Thema endlich auf die Agenda setzen und den Tieren helfen.“
Soweit die Sichtweise von "Peta Deutschland", die allerdings zumindest in Bayern nicht schlüssig ist, da die Kastrationspflicht keineswegs den Kommunen obliegt. Der Freistaat hat diese Handlungsmöglichkeit auf die Landratsämter übertragen. Und dort wiederum sind die fachlich kompetenten Stellen die Veterinärämter, wie der Donau-Rieser Amtstierarzt Dr. Thomas Kellner bestätigt.
Beim Gang durch Wächtering scheint es kein augenfälliges Katzen-Problem zu geben
Doch dazu später. Zunächst soll ein Besuch in Wächtering einen ersten Eindruck der dortigen Lage verschaffen: Beim Spaziergang durch die Straßen scheint es - zumindest an diesem Nachmittag - kein augenfälliges Katzen-Problem zu geben. Beim Gang durchs Dorf fallen keine Rudel umherstreunender, verwilderter Tiere auf, allenfalls sind vereinzelt Stubentiger unterwegs. Ob sie herrenlos sind, ist ihnen nicht anzusehen. War Peta überhaupt vor Ort oder woher stammt die Annahme eines Katzen-Hotspots in Wächtering? Nein: Peta hat die Lage dort nicht persönlich überprüft, wie Jana Hoger zugibt. Eine Einwohnerin hatte die Organisation auf ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen aufmerksam gemacht, das seit knapp zwei Jahren leer steht. Die meisten Katzen dort sind zwar längst vom Tierheim Hamlar abgeholt worden, einige wenige sollen dort allerdings noch frei herumstreunen. Es besteht sicherlich das Riskio, dass sich diese wohl nicht kastrierten Tiere unkontrolliert fortpflanzen. So sieht es auch Sonja Hoffmeister, die Leiterin des Tierheims Hamlar. Der Tierschutzverein für Donauwörth und Umgebung ist über die Lage in Wächtering im Bilde.
Schon im Oktober, so schildert Sonja Hoffmeister, hätten Mitarbeiter aus einem anderen Anwesen des Rainer Stadtteils sieben Katzen eingefangen und zum Kastrieren ins Tierheim gebracht. Auch bei den Katzen, die sich jetzt noch auf dem Gelände des verlassenen Bauernhofs aufhalten, bemühen sich Nachbarn, die Tiere einzufangen, sobald diese das Grundstück verlassen. "Nicht kastrierte Freigänger vermehren sich ungehindert und hinterlassen oft Nachwuchs, der dann umherstreunt, ohne dass sich jemand verantwortlich fühlt", sagt Hoffmeister. Auf diese Weise kann sich eine Katzenpopulation in Kürze um ein Vielfaches multiplizieren. Wie leidvoll diese Tiere mitunter dahinvegetieren, zeigt sich oft auch, wenn so genannte Messie-Haushalte zwangsweise aufgelöst werden: Erst im September stießen schockierte Mitarbeiter des Tierheims in einem Anwesen in Donauwörth auf zahllose völlig verwahrloste Stubentiger und viele mumifizierte und skelettierte Kadaver. Und das ist kein Einzelfall.
![Fundtiere bringen das Tierheim Hamlar an seine Kapazitätsgrenzen – im Moment besonders Katzen. Die Jungtiere haben Herpes und Chlamydien, wodurch viele schon ein Auge verloren haben. Die Pflege ist aufwendig und teuer. Fundtiere bringen das Tierheim Hamlar an seine Kapazitätsgrenzen – im Moment besonders Katzen. Die Jungtiere haben Herpes und Chlamydien, wodurch viele schon ein Auge verloren haben. Die Pflege ist aufwendig und teuer.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Das Tierheim Hamlar ist überfüllt mit Katzen
Sonja Hoffmeister weiß ein trauriges Lied davon zu singen: Das Tierheim Hamlar ist überfüllt von kranken, geschundenen Katzen und deren Nachwuchs. 143 sind es aktuell, die dort versorgt werden. "Heuer wurden uns an einem einzigen Tag 28 gebracht", schildert die Tierschützerin. "Wir sind am Rande unserer Kapazität und unser finanzielles Budget ist ausgereizt."
Nicht anders sehen diese Problematik auch andere Tierschutz-Vereine wie etwa die "Samtpfoten Ries", die ihre Katzen auf private Pflegestellen verteilen. Wie Vorsitzende Elke Stehle in einem offenen Brief an politische Mandatsträger im Landkreis schreibt, gibt es ein "grausames Leid der Tiere, das einer zivilisierten Gesellschaft unwürdig ist". Krisengebiete sind laut "Samtpfoten" in Huisheim, Gosheim, Wemding, Marxheim und Graisbach. Auch in Eggelstetten hat der Verein schon viele Tiere kastriert. Die "Samtpfoten" appellieren an die Kreis-Politiker, eine gesetzlich verordnete Kastrationspflicht auszusprechen. Darin sehen sie die einzige Möglichkeit, das Problem in den Griff zu bekommen.
![Das Tierheim Hamlar. Das Tierheim Hamlar.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Eine allgemeine Kastrationspflicht wird sehr kontrovers diskutiert, wie Amtstierarzt Dr. Thoma Kellner weiß.: "Die einen sagen, es ist das einzige Mittel, der Überpopulation Herr zu werden, anderen sehen darin einen heftigen Eingriff." Der Veterinär gehört eher zu den Befürwortern: "Eine Überpopulation ist nicht gesund. Diese Tiere werden nicht präventiv-medizinisch behandelt, nicht entwurmt und nicht versorgt. Eine hohe Tierdichte führt immer auch zu Krankheiten. "Es entsteht viel Leid." Während sich der Bestand reiner Wildtiere durch Angebot und Nachfrage an Futter selbst reguliere, werden die Katzenzahlen nicht automatisch dezimiert, da der Mensch zufüttere, so Kellner.
Eine Zwangskastration bietet großes Konfliktpotenzial
Der Tiermediziner sieht aber großes Konfliktpotenzial bei einer angeordneten Zwangskastration in der praktischen Handhabe: "Es würde mir nicht gefallen, Tiere von der Straße wegzufangen, sie zu kastrieren und zurück zu bringen. Wir wissen ja nicht, welche Tiere herrenlos herumlaufen und welche in Haushalte gehören und im Idealfall bereits kastriert sind. Da würden dann Tiere unter Umständen tagelang daheim fehlen und die Besitzer würden sich Sorgen machen. " Generell erlaubt die Katzenschutzverordnung solche Maßnahmen, wie Kellner sagt. Aber diese Praxis sei "sehr, sehr schwer umzusetzen". Wenn überhaupt, dann nur punktuell in den Hotspots und auch dann bliebe eine Reihe offener Fragen. Wie lange sollte man eine Kastrationspflicht für ein bestimmtes Gebiet verhängen? Wie wäre der zeitlich und personell hohe Aufwand zu bewältigen? "Es gibt zu Recht kritische Stimmen", so der Veterinär.
![Der Anblick, der sich auf dem Anwesen in Donauwörth bot, ließ selbst erfahrene Tierschützer nicht kalt. Der Anblick, der sich auf dem Anwesen in Donauwörth bot, ließ selbst erfahrene Tierschützer nicht kalt.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Nichtsdestotrotz liegt dieses Thema vielen Tierschützern sehr am Herzen. Die "Samtpfoten" hoffen auf Beistand von politischer Seite. "Leider ist Tierschutz in Deutschland überwiegend ein privates, kosten- und zeitintensives Hobby", schreiben sie an die Mandatsträger im Kreis. Inzwischen gebe es weit über 1000 Kommunen in Deutschland, die Kastrationsverordnungen eingeführt hätten. Der Appell der "Samptpfoten": "Bitte helfen Sie uns, dass auch wir bald dazu gehören!"
Für Landrat Stefan Rößle hat das Thema "erhöhte Bedeutung", wie er auf Anfrage wissen lässt. Er sieht allerdings die Umsetzung der Kastrationspflicht "mit einer nicht unerheblichen rechtlichen Problematik verbunden, wie mit Eingriffen in Bürgerrechte oder in Betretungsrechte von Privatgrundstücken, um nur einige Beispiele zu nennen". Man werde die Thematik zu gegebener Zeit nochmals eingehend prüfen.
Info: Wer spenden möchte: Samtpfoten Ries (IBAN DE44 7225 1520 0000 3899 40), Tierschutzverein Donauwörth (IBAN DE63 7225 0160 0190 0064 60). Außerdem gibt im Landkreis noch die Privatinitiative Glückspfoten (Spenden via PayPal an: Tierhilfe-Glückspfoten@web.de).
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