Kita-Personal in Bayern ächzt unter der Belastung
Die Personalnot in den Kitas in Bayern ist so groß, dass Gruppen schließen oder die Betreuungszeit verkürzt wird. Wie geht es nach den Ferien weiter?
Im Sommer können Kinderpfleger und Erzieherinnen mal durchschnaufen. Kindertagesstätten und Kindergärten schließen für einige Wochen, bevor es im Herbst wieder losgeht. Dann ist wieder voller Einsatz gefragt, denn es herrscht Personalnot in den Kitas in Bayern. Mancherorts müssen sogar Gruppen geschlossen werden, weil nicht genug Personal da ist, das die Kinder betreut. Das bedeutet, dass die verbliebenen Gruppen teilweise mehr Kinder aufnehmen und die dortigen Mitarbeitenden zusätzliche Arbeit stemmen müssen.
"Von Bildungsarbeit kann man hier gar nicht mehr sprechen, nur noch von Betreuung", sagt Lisa Pfeiffer, zweite Vorsitzende des Verbandes der Kita-Fachkräfte in Bayern. Auch Alexa Glawogger-Feucht, Geschäftsführerin des katholischen Kita-Verbandes Bayern, bestätigt, dass Gruppen geschlossen oder gar nicht erst aufgemacht würden. Ebenso werde die Betreuungszeit verkürzt. "Das kann man nicht verschweigen. Wir machen das nicht gerne, aber das ist leider die Konsequenz aus dem Fachkräftebedarf." Pfeiffer spricht von einer "enormen Belastung" für das Personal.
Eltern von Kita-Kindern: "Wir können jetzt wirklich nicht mehr"
Im Kindergarten in Mering im Landkreis Aichach-Friedberg musste zwar noch keine Gruppe geschlossen werden, jedoch bat die Kindergartenleitung die Eltern im Dezember vergangenen Jahres um Hilfe. Wer könne, solle die Buchungszeit reduzieren. Das erzählt Laura Geier, 36, Mutter zweier Kinder. "Wir verstehen die Not, aber gleichzeitig sind die Eltern am Schnaufen und sagen: Wir können jetzt wirklich nicht mehr", sagt Geier.
Derzeit ist Geier noch in Elternzeit und wäre ab September gerne wieder Vollzeit in den Beruf eingestiegen. Das gehe jetzt nicht. Vorerst kehre sie nur in Teilzeit zurück. Die meisten Eltern hätten anfangs viel Verständnis für die Personalsituation gehabt, doch langsam kippe die Stimmung, sagt die Mutter. Der Elternbeirat beteilige sich sogar an der Suche nach neuem Personal. Offene Stellen neu zu besetzen sei aber sehr schwierig.
„Es kommen weniger Fachkräfte nach als benötigt werden, und die Generation der Babyboomer geht nach und nach in Rente“, sagt Glawogger-Feucht. Gleichzeitig gebe es mehr Kinder, die jetzt betreut werden sollen – und das länger. "Das ist insgesamt ein Kompliment an die Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen“, sagt die Geschäftsführerin. Vorerst ist jedoch keine Besserung in Sicht.
Ab 2026 greift schrittweise der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter. Weil Städte und Gemeinden sich nicht in der Lage sehen, den Bedarf zu decken, schickten die vier Spitzenverbände vor kurzem, wie berichtet, einen Brandbrief an die Bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU). Der Anfang Juli vorgestellte Fachkräfte-Radar der Bertelsmann Stiftung geht zudem davon aus, dass in Bayern im schlimmsten Fall bis 2030 rund 67.000 Fachkräfte für die Betreuung von Kita- und Grundschulkindern fehlen könnten.
Kita-Notlage: Verbände kritisieren verkürzte Erzieher-Ausbildung
Um mehr Fachkräfte anzuwerben, wurde die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher von insgesamt fünf auf vier Jahre verkürzt. Die neue Regelung gilt seit Herbst 2021. Dabei machen die Auszubildenden in den ersten zwei Jahren zuerst den Abschluss als Kinderpflegerin oder -pfleger. "Es sind nur Praxis-Anteile verkürzt worden. Die sind aus unserer Sicht aber sehr wichtig", sagt Glawogger-Feucht, Geschäftsführerin des katholischen Kita-Verbandes Bayern.
Sie sieht die Erzieherinnen-Ausbildung ähnlich wie einen Meisterkurs. Pfeiffer plädiert ebenso für die längere Erzieher-Ausbildung. "Der frühkindliche Bildungsbereich stellt die Weichen für das spätere Leben", sagt die Vorsitzende des Kita-Fachkräfteverbandes.
"Viele Auszubildende brechen ab, weil sie schlechte Erfahrungen machen", sagt Pfeiffer und schildert damit ein Phänomen, das den Fachkräftemangel noch zusätzlich verstärkt. "Teilweise werden sie wie Fachkräfte eingesetzt, weil nicht genug Personal da ist." Kitas hätten Probleme, offene Stellen neu zu besetzen.
Sozialministerium verteidigt Maßnahme als "wichtigen Schritt"
Das Bayerische Kultusministerium, das die verkürzte Erzieher-Ausbildung in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales entwickelt hat, teilt auf Anfrage mit, dass dabei keine Einbußen in der Ausbildungsqualität entstanden seien. Die Ausbildung sei "attraktiver" und "zukunftsfähiger". Auch das Sozialministerium bezeichnet die verkürzte Ausbildung auf Anfrage als "wichtigen Schritt zur Steigerung der Attraktivität" und um neue Zielgruppen zu gewinnen.
Noch in diesem Jahr sollen nach Angaben des Sozialministeriums erste Module eines neuen Qualifizierungsprogramms angeboten werden. In dem Rahmen sollen Assistenzkräfte, Ergänzungskräfte und Fachkräfte ausgebildet werden. Das Angebot richte sich auch an Quereinsteiger. Weitere Informationen hierzu wolle das Ministerium im Herbst veröffentlichen.
Weiter heißt es, für die Fachkräftegewinnung seien in erster Linie die Kommunen und die Träger der Einrichtungen zuständig. Das Sozial- und das Kultusministerium stünden an deren Seite. So habe die Zahl der Beschäftigten in den Kitas von rund 64.000 im Jahr 2011 auf etwa 110.000 im Jahr 2021 zugenommen. Dies sei eine "enorme Steigerung". Aber gleichzeitig steigt auch die Zahl der Kinder, die betreut werden sollen.
Manche Kommune lockt jetzt mit Geld. Seit Anfang des Jahres zahlt die Stadt Gersthofen laut Pressesprecher Kai Schwarz einen Fahrtkostenzuschuss und eine Arbeitsmarktzulage an die Mitarbeitenden der städtischen Kitas. Allerdings sei noch unklar, ob und inwiefern sich dies auf die Bewerbungen auswirke.
Das fordern die Kita-Verbände gegen den Fachkräftemangel
Die Geschäftsführerin des katholischen Kita-Verbandes Bayern, Glawogger-Feucht, fordert den Ausbau der Fachakademien. "Im Landkreis Erding gibt es beispielsweise keine einzige." Ein anderer Weg in den Beruf führt über ein Studium. Laut Glawogger-Feucht sollten der Numerus Clausus für das Studium der Sozialpädagogik aufgehoben werden und insgesamt mehr Studienplätze für Kindheitspädagogik angeboten werden. „Wir brauchen mehr Wertschätzung für den Beruf", sagt die Geschäftsführerin. "Die Kindertageseinrichtung ist der erste institutionelle Bildungsort für Kinder nach dem Elternhaus.“
Dem stimmt auch Pfeiffer zu. Sie fordert außerdem eine angemessene Vergütung in der Ausbildung und Entlastung durch mehr Personal im Bereich Verwaltung und Hauswirtschaft. Außerdem solle es bessere Aufstiegschancen geben, indem Funktionsstellen wie die Qualitätsmanagerin oder die Praxisanleitung geschaffen würden. "Es möchte nicht jeder 30 Jahre mit den Kindern arbeiten", sagt Pfeiffer. Weiter müsse im Personalschlüssel ab dem ersten Tag festgehalten werden, wenn eine Mitarbeiterin wegen Schwangerschaft nicht arbeite. Momentan könne die so frei gewordene Stelle erst ab dem 42. Tag neu besetzt werden, obwohl klar ist, dass die Schwangere für längere Zeit fehlen wird. (mit dpa)
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Was ist Konsequenz daraus für die Politik? Am besten das Rentenalter so weit raufzusetzen, dass ein Arbeitnehmer, der komplett erschöpft ist, sich gleich vom Arbeitsplatz aus ein Taxi zum Friedhof nehmen kann.