Die Cholera-Epidemie im Jemen ist nicht zu stoppen. Fast 2.100 Menschen starben in dem Bürgerkriegsland bislang an der Infektionskrankheit, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Montag in Genf mitteilte. Knapp 690.000 Verdachtsfälle wurden erfasst. Damit habe sich die Zahl der registrierten Fälle in der vergangenen Woche um gut 40.000 erhöht. Doch die Dunkelziffer könne weitaus höher liegen, erklärte der Cholera-Beauftragte der WHO, Dominique Legros.
Legros erklärte, dass die Regierung des Jemens in der ersten Jahreshälfte bei der WHO eine Million Impf-Dosen bestellt habe, um die Ausbreitung der Cholera einzudämmen. Später aber habe die Regierung die Bestellung ausgesetzt. Der Grund sei ihm nicht bekannt. Das arabische Bürgerkriegsland leide unter der weltweit schlimmsten Cholera-Epidemie, betonte er.
Cholera-Epidemie wird durch Bürgerkrieg im Jemen verschlimmert
Der WHO-Sprecher betonte, der brutale Konflikt erschwere das Eindämmen der Cholera erheblich. Viele Krankenhäuser, sanitäre Einrichtungen und Wasserleitungen seien zerstört worden. Rund 16 Millionen Jemeniten hätten keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu sauberem Wasser. Dies erleichtere die Ausbreitung der Cholera. Die Epidemie brach im Oktober 2016 aus.
Cholera wird durch verschmutztes Wasser oder Nahrungsmittel übertragen und breitet sich bei schlechten hygienischen Verhältnissen schnell aus. Besonders gefährlich ist die Infektion für Kinder, alte und kranke Menschen. Im Jemen bekämpfen sich seit 2015 schiitische Huthi-Rebellen und die sunnitisch geprägte Regierung, die von Saudi-Arabien unterstützt wird. Tausende Menschen wurden im Bürgerkrieg bereits getötet. Nach WHO-Angaben hungern 60 Prozent der rund 27 Millionen Einwohner des Landes.
Human Rights Watch: "Kriegsverbrechen" der Militärkoalition im Jemen
Human Rights Watch (HRW) hat der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen "Kriegsverbrechen" vorgeworfen. Die Menschenrechtsorganisation verwies am Montag auf Luftangriffe der Militärkoalition, bei denen seit Juni 39 Zivilisten getötet wurden, darunter 26 Kinder. HRW forderte eine Reaktion des derzeit in Genf tagenden UN-Menschenrechtsrats. Die Angriffe im Jemen seien "willkürlich oder rücksichtslos" verübt worden, prangerte die in New York ansässige Organisation an.
Das Versprechen der Koalition, sich an Kriegsrecht zu halten, habe keinen besseren Schutz von Kindern im Jemen zur Folge gehabt. HRW forderte vom UN-Menschenrechtsrat eine "unabhängige internationale Untersuchung" des Konfliktes. Eine solche Untersuchung hatte vergangene Woche schon der UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al Hussein verlangt. HRW drängte den Menschenrechtsrat außerdem dazu, die von Saudi-Arabien geführte Koalition erneut auf seine jährliche Liste über Kriegsvergehen gegen Kinder aufzunehmen.
Saudi-Arabien gehört zu den 47 Mitgliedern des Menschenrechtsrates und erwirkte gemeinsam mit seinen Verbündeten im vergangenen Jahr, dass die Militärkoalition wieder von der Liste genommen wurde. Saudi-Arabien drohte damals, Gelder für UN-Hilfsprogramme zu streichen. Die Luftangriffe der Militärkoalition zielen auf Huthi-Rebellen, die mit iranischer Unterstützung Jemens Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi stürzen wollen. In dem Konflikt wurden bisher nach Angaben des UN-Menschenrechtsrats mehr als 5000 Zivilisten getötet, darunter fast 1200 Kinder. Extremistengruppen wie Al-Kaida und der Islamische Staat (IS) machen sich den Konflikt zunutze, um ihre Macht in Jemen auszubauen. epd/afp/sh