Die Unicredit lässt im Ringen um eine Übernahme der Commerzbank nicht locker: Die italienische Großbank hat sich inzwischen Zugriff auf insgesamt rund 28 Prozent der Anteile des Frankfurter Dax-Konzerns gesichert, wie sie in Mailand mitteilte.
Zugleich betonte sie ihre Übernahmeambitionen: «Dieser Schritt unterstreicht die Ansicht von Unicredit, dass in der Commerzbank ein erheblicher Wert steckt, der noch herauszukristallisieren ist.» Damit wird ein Übernahmeangebot für Deutschlands zweitgrößte Privatbank wahrscheinlicher.
Direkt hält die Unicredit 9,5 Prozent an der Commerzbank, weitere rund 18,5 Prozent entfallen den Angaben zufolge auf Finanzinstrumente. Die Unicredit hatte bereits angekündigt, die Genehmigung für eine Commerzbank-Beteiligung von bis zu 29,9 Prozent einzuholen: «Das Genehmigungsverfahren ist nun eingeleitet und die Abstimmung mit den Behörden ist im Gang.»
Commerzbank zeigt sich gelassen - Bund kritisiert das Vorgehen
Ein Commerzbank-Sprecher wollte die Nachricht aus Mailand inhaltlich nicht kommentieren: «Wir nehmen das zur Kenntnis und konzentrieren uns auf die Weiterentwicklung unserer Strategie, die wir am 13. Februar veröffentlichen werden.»
Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen der Unicredit. Ein Regierungssprecher sagte, die italienische Bank gehe erneut «unabgestimmt und mit unfreundlichen Methoden» vor. Die Unicredit habe öffentlich betont, vor den Bundestagswahlen nicht weiter aktiv werden zu wollen. Feindliche Übernahmen seien im Bankensektor nicht angemessen, zumal es sich bei der Commerzbank um eine systemrelevante Bank handele.
Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp hatte angesichts der Begehrlichkeiten der Unicredit immer wieder die Eigenständigkeit ihres Hauses betont: Die Unicredit sei «im Moment ein strategischer Investor - nicht mehr und nicht weniger», sagte sie im November.
Zugleich sagte die Managerin, die den Dax-Konzern seit dem 1. Oktober führt, die Commerzbank sei nicht per se gegen Konsolidierung: «Wenn jemand eine gute Idee hat, wie er den deutschen und den europäischen Markt vorantreiben kann, werden wir uns dem sicher nicht entgegenstellen und uns das anhören.»
Unicredit: Commerzbank nur ein Investment
Die Unicredit ihrerseits betont, ihr Commerzbank-Engagement sei «derzeit nach wie vor ausschließlich ein Investment». Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte jedoch wiederholt durchblicken lassen, dass man aus seiner Sicht mehr aus der Commerzbank herausholen könnte - erst recht im Zusammenspiel mit der Unicredit-Tochter Hypovereinsbank (HVB), mit der es auf dem deutschen Markt kaum Überschneidungen gebe.
Einstieg in Etappen
Die Unicredit hatte Anfang September den Teilausstieg des Bundes genutzt und war im großen Stil bei der Commerzbank eingestiegen. Die Unicredit hatte sich zunächst über Finanzinstrumente die Option gesichert, ihren Anteil von 9 auf 21 Prozent aufzustocken. Dies musste aber noch von der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) genehmigt werden.
Ab 30 Prozent wäre die Unicredit verpflichtet, den Commerzbank-Aktionären ein öffentliches Übernahmeangebot vorzulegen. Finanziell könnte sich die Unicredit wohl einen Kauf der Commerzbank leisten: Die Italiener sind mit einem Börsenwert von fast 63 Milliarden Euro mehr als dreimal so groß wie der Dax-Konzern, der es auf rund 18,7 Milliarden Euro bringt.
Marktbeobachter fragen sich allerdings, ob die Unicredit sich nicht übernehmen würde. Denn die Großbank greift zugleich nach ihrer inländischen Rivalin Banco BPM. Die Unicredit betont, die Commerzbank-Position habe «keine Auswirkungen auf das öffentliche Tauschangebot mit Banco BPM».
Bund spricht von feindlicher Attacke - will aber nicht helfen
Der Bund hat entschieden, bis auf weiteres keine Commerzbank-Aktien mehr zu verkaufen. Er hatte die Commerzbank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Steuermilliarden vor dem Kollaps bewahrt und ist seither Großaktionär der Commerzbank. Derzeit hält der Bund noch rund 12 Prozent der Anteile.
In Frankfurt wie Berlin wird das Vorgehen der Unicredit scharf kritisiert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach im September von einer «unfreundlichen Attacke.» Allerding musste sich die Bundesregierung auch für die Art und Weise kritisieren lassen, wie sie ein großes Paket an Commerzbank-Aktien auf den Markt geworfen hat.
Zugleich hat die Bundesregierung klargemacht, dass sie nicht beabsichtigt, eine mögliche Übernahme der Commerzbank abzuwehren. Das sei «Sache der Kapitalmarktakteure», hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit unterstrichen.
Angst vor Kahlschlag bei Jobs
Unicredit-Chef Orcel hat immer wieder betont, er sehe großes Potenzial bei einem Zusammenschluss beider Institute. Die Gewerkschaft Verdi fürchtet jedoch im Fall einer Übernahme einen Kahlschlag bei der Commerzbank mit ihren etwa 42.000 Beschäftigten. Verdi verweist auf die HVB-Übernahme durch die Unicredit 2005: Deren Folge war ein radikaler Schrumpfkurs bei der Münchner Bank. Die neuerliche Nachricht aus Mailand ist nun eine bittere Pille für die Commerzbank-Beschäftigten kurz vor Weihnachten.
Verdi hatte gefordert, dass die Bundesregierung alle Möglichkeiten ausschöpft und die Commerzbank zum Teil der kritischen Infrastruktur in Deutschland erklärt. Damit stünde das Institut auf einer Stufe mit Energieversorgern, der öffentliche Verwaltung oder Krankenhäusern.
Der neuerliche Schritt der Unicredit bestätige «den aktionistischen und unfreundlichen Kurs» von Orcel, sagte Verdi-Vertreter Frederik Werning. «Auf uns wirkt das Ganze kopflos und ausschließlich von Machtinteressen getrieben.»
Zudem argumentiert Verdi, die Commerzbank habe eine entscheidende Rolle für die Finanzierung des deutschen Mittelstands. Experten meinen aber, dass es auch unter dem Dach der Unicredit keine Probleme bei der Kreditversorgung geben würde.
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