Kaum hatte das Entlastungspaket der Bundesregierung die Spritpreise kurz zum Fallen gebracht, schon sind sie wieder auf dem alten Niveau. Nun wird eine "Übergewinn-Steuer" diskutiert. Doch was ist das überhaupt? Und was würde sie bringen?
Einfach erklärt: Was ist eine Übergewinnsteuer?
Krisen bringen Verlierer und Gewinner mit sich. Und wer durch zur Zeit durch die Krise profitiert, das ist spätestens beim Blick auf die Zapfsäulen klar.
Eine "Übergewinn-Steuer" soll genau solche Krisen-Profiteure höher besteuern. Macht ein Unternehmen aufgrund einer Krise besonders hohe Gewinne, soll auf diese „Übergewinne“ eine zusätzliche Steuer erhoben werden. Die Steuer belastet also den Teil des Gewinnes, der über den "Normalgewinn" hinausgeht – also das, was die Unternehmen ohne die Krise nie einfahren würden.
Was als "Normal"- und was als "Über"-Gewinn gilt, kann dabei unterschiedlich berechnet werden. Gewöhnlich werden dazu Vergleichszeiträume aus Vorkrisen- oder Friedenszeiten herangezogen und anhand diesen Renditen definiert, die in diesen Zeiten üblich waren.
Wieso wird gerade eine Übergewinn-Steuer diskutiert?
Schuld ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. In diesem Zusammenhang wird eine Übergewinn-Steuer diskutiert. Denn der Krieg und seine Folgen stellt viele Wirtschaftssektoren vor große Probleme, andere wiederum profitieren enorm – wie etwa der Rüstungs- oder Energiebereich.
Besteuern andere Länder Übergewinne?
In Großbritannien wurde Ende Mai eine ähnliche Steuer vorgestellt. Sie soll Teile des Entlastungspakets für die inflationsgeplagte britische Bevölkerung finanzieren. Dafür sollen Öl- und Gaskonzerne wie BP und Shell auf ihre Zusatzgewinne, die sie aufgrund der stark gestiegenen Öl- und Gaspreise einfahren können, 25 Prozent Steuern abführen. Auch in Ungarn soll es eine Sondersteuer auf Zusatzgewinne geben. Italien hat bereits im März eine solche Steuer auf Zusatzgewinne von Energieunternehmen angekündigt. Diese lag zunächst bei zehn Prozent, mittlweile wurde sie auf 25 Prozent angehoben. Sie wird fällig, wenn die Umsatzerlöse mindestens zehn Prozent über denen aus dem Vorjahreszeitraum liegen und mehr als fünf Millionen Euro betragen. Auch Spanien und Belgien haben Maßnahmen zur Einführung einer Übergewinnsteuer in die Wege geleitet. Und auch die USA prüfen eine solche Steuer.
Wie ist die Debatte in Deutschland: Kommt die Übergewinn-Steuer?
Die Forderung nach der neuen Steuer kam durch den Bremer Senat. Und die sei angesichts der Spritpreisdebatte ein "logischer Schritt", sagte Grünen-Parteichefin Ricarda Lang: "Die Mineralölkonzerne nutzen die derzeitige Krise offensichtlich aus, um riesige Gewinne zu machen". Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, der Vorschlag sei "sehr überlegenswert".
Die FDP allerdings lehnt die Einführung einer Steuer auf übermäßige Unternehmensgewinne in Kriegs- und Krisenzeiten ab. "Was gut klingt, ist in Wahrheit ein denkbar schlechtes Instrument", findet FDP-Fraktionschef Christian Dürr: "Eine Übergewinnsteuer wäre eine Aufforderung an innovative Unternehmen wie BioNTech, die derzeit gute Gewinne machen und bereits ordentlich Steuern zahlen, unser Land zu verlassen. Das kann doch niemand ernsthaft wollen." Ähnlich hatte sich sein Parteikollege, der FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner im "Spiegel" geäußert. Er lehnte ab, die Steuer auf bestimmte Branchen zu beschränken und warnte vor Beliebigkeit. Es erwecke den Eindruck: "Dieser Marktteilnehmer ist mir sympathisch und dieser nicht."
Die CDU/CSU kann sich so eine Steuer hingegen vorstellen. Ungerechtfertigte Extra-Gewinne müssten mit einer Steuer abgeschöpft werden, so Jens Spahn.
Hilft eine Steuer auf Übergewinne in Kriegszeiten?
Da sind sich Politiker und Experten uneinig. Ifo-Chef Clemens Fuest warnteetwa davor: "Die Gewinne werden ja besteuert. Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen, öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor", sagte er der "Rheinischen Post". Jens Südekum, Wirtschaftsprofessor an der Universität Düsseldorf, hält eine neue Steuer für unumgänglich. Er erwartet weiter steigende Preise und damit notwendigerweise auch weitere Entlastungspakete. "Wer da eine Übergewinnsteuer kategorisch ablehnt, muss wenigstens einen anderen Vorschlag machen, wie er das finanzieren will", sagte er dem "Spiegel". Südekum schlug vor, eine neue Steuer mit den Entlastungspaketen zu verknüpfen. Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) dämpft die Erwartungen wiederum: "An die großen Umsätze und Gewinne der Erdölförderer kommt man nicht heran, weil diese im Ausland anfallen."
DIW-Präsident Marcel Fratzscher fordert hingegen, den Tankrabatt zu stoppen. Viele hätten voraus gesagt, dass die Spritpreisbremse kontraproduktiv sei und der Großteil in den Taschen der Mineralölkonzerne lande, so der Ökonom: "Wie wäre es, wenn die Politik ihren Fehler eingesteht und die Spritpreisbremse sofort stoppt?"
Wäre eine neue Steuer denn rechtens?
Die EU-Kommission gab aber im März grundsätzlich grünes Licht dafür, dass die Mitgliedstaaten "befristete steuerliche Maßnahmen zu Zufallsgewinnen in Betracht ziehen und ausnahmsweise beschließen können, einen Teil dieser Gewinne für die Umverteilung an die Verbraucherinnen und Verbraucher vorzusehen". Dabei müssten aber "übermäßige Marktverzerrungen" vermieden werden.