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Sparkassen-Bilanz: Negativzinsen und hohe Inflation: So leiden Sparkassen unter der EZB-Linie

Sparkassen-Bilanz

Negativzinsen und hohe Inflation: So leiden Sparkassen unter der EZB-Linie

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    Die Sparkassen in Bayern konnten 2021 ihr Ergebnis stabilisieren.
    Die Sparkassen in Bayern konnten 2021 ihr Ergebnis stabilisieren. Foto: Marcus Merk

    Bayerns Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter gilt als ein Mensch, der scharf denkt und nüchtern und präzise formulieren kann. Insofern kann man es als eine Art kalkulierten Gefühlsausbruch deuten, wenn er bei der Vorstellung der Bilanz des Bayerischen Sparkassenverbandes EZB-Präsidentin Christine Lagarde ins Visier nimmt. Sie erinnere ihn, so Reuter, an einen Feuerwehrkommandanten, der nachts vom Alarm aus dem Schlaf gerissen wird und in die Feuerwache eilt, dann aber entscheidet, nicht auszurücken, obwohl der Horizont schon hell erleuchtet ist – es könnte ja auch die Sonne sein, die aufgeht, nicht ein Brand, der schon so hell lodert.

    Zwischen Lagarde und dem Kommandanten gebe es aber einen Unterschied, so Reuter weiter: Der Kommandant hafte für seine Entscheidungen. Für die Entscheidungen der EZB müssten aber die Bürger geradestehen – und die bayerischen Sparkassen. Deren Erträge geraten weiter unter Druck.

    Bayerns Wirtschaft ist intakt: Das zeigt sich an Rekord-Krediten für Unternehmen

    Auf der Haben-Seite der Institute steht schon wieder ein neuer Rekord beim Kreditgeschäft. 160 Milliarden Euro betrug das Kreditvolumen im Jahr 2021. Allein Unternehmen und Selbstständige bekamen neue Darlehen in Höhe von 19,6 Milliarden Euro zugesagt – ein deutliches Zeichen dafür, dass Bayerns Wirtschaft gut dasteht, so Reuter. Denn nur ein kleiner Teil dieser Darlehen entstammt aus der Vermittlung staatlicher Förderkredite. Das Ausfallrisiko für Kredite in Bayern schätzt Reuter vorläufig auf einen mittleren einstelligen Millionenbetrag.

    Auch die privaten Immobilienkredite boomen weiter. 60,5 Milliarden Euro verliehen die Sparkassen 2021 an Menschen, die ihre eigenen vier Wände kaufen wollen. Der Kreditbestand wuchs um 7,7 Prozent – so stark wie seit 17 Jahren nicht mehr. Auf dem immer enger werdenden Markt könnten sich aber viele Menschen kein Eigenheim mehr leisten: Die Zahl der vermittelten Wohnimmobilien sank deutlich.

    Breite Schichten investieren nun an der Börse – auch Sparkassen profitieren davon

    Ebenfalls positiv für die Sparkassen: Das Vermittlungsgeschäft läuft prächtig. Beim Wertpapierhandel verzeichnen die Institute einen Umsatzsprung um über 20 Prozent, die Zahl der Wertpapierdepots stieg um über vier Prozent. Insgesamt legten die Kunden der bayerischen Sparkassen insgesamt 13,2 Milliarden Euro neu auf ihren Konten, Depots, in Bausparverträgen und Lebensversicherungen an. 8,8 Milliarden Euro davon liegen bei privaten Kunden.

    Dem allen steht aber weiterhin ein kräftiger Zufluss der Kundeneinlagen gegenüber. Und das ist anders als in früheren Zeiten für die Banken nicht nur positiv. Der Anstieg hat sich zwar im Vergleich zu 2020 verlangsamt, als viele Möglichkeiten, Geld auszugeben, wegfielen. Dennoch landeten 3,2 Milliarden Euro allein privater Kundengelder mehr in den Büchern der Sparkassen und dort vornehmlich in Sichteinlagen. Auch Unternehmen und Selbständige haben ihre Kapitalreserven wieder kräftig aufgefüllt. Unterm Strich bleibt ein Passivüberhang von fast 35 Milliarden Euro, den die Institute investieren müssen, um ihr Kerngeschäft zu finanzieren. Und das bereitet ihnen wegen der Zinspolitik der EZB große Probleme.

    Niedrigzinsen und Inflation: Das Kerngeschäft der Sparkassen ist ins Rutschen geraten

    Der Zinsüberschuss der Sparkassen sank weiter, auf nun 3,1 Milliarden Euro – ein Minus von 1,6 Prozent, der zehnte Rückgang in Folge. Reuter sagt dazu: "Man sieht den Markterfolg gleich wieder dahinschwinden, das negative Zinsumfeld sorgt für eine sofortige Verpuffung. Der Zinsüberschuss aber ist die Hauptertragsquelle unseres Geschäfts – letztlich hängt von ihm der nachhaltig stabile Geschäftsbetrieb der Sparkassen ab."

    Die Folgen sind bereits deutlich sichtbar. So sank die Zahl der Mitarbeiter auch im vergangenen Jahr um über 1100 Personen. Weitere 129 konventionelle Filialen wurden 2021 geschlossen, wenngleich im Gegenzug stark in den Ausbau digitaler Kontaktmöglichkeiten investiert wurde. Fusionen sind weiterhin ein Thema, erst zum 1. Januar dieses Jahres entstand auch in der Region mit der Sparkasse Schwaben-Bodensee ein regionales Großinstitut.

    Allergisch reagiert Reuter daher auf das Stichwort Negativzinsen: "Was hindert denn den Finanzminister, Bundesschatzbriefe herauszugeben, die mit 0,5 Prozent positiv verzinst werden? Nichts. Er macht es nicht, weil er Negativzinsen am Markt erzielen kann und damit Milliardengewinne einfährt", so Reuter. Den Schwarzen Peter für die Verwahrentgelte lehnt der Sparkassen-Präsident für die Banken ab. "Die Sparkassen sind nicht Täter, sondern Opfer dieser Situation", so Reuter.

    Der Münchner Sparkassenchef Ralf Fleischer, der zugleich Obmann der bayerischen Sparkassen ist, legt mit einem praktischen Beispiel nach: Auf die elf Milliarden Euro Kundeneinlagen bei seinem Institut seien im vergangenen Jahr gerade einmal 2,5 Millionen Euro Verwahrentgelte erhoben worden. Im gleichen Zeitraum habe die Inflation aber zu einer Entwertung dieser Einlagen um 440 Millionen Euro geführt. "Die eigentliche Vermögensvernichtung findet auf der Inflationsseite statt", so Fleischer. Die EZB-Kommandantin Lagarde muss nach Reuters Meinung endlich ausrücken.

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