Christine Lagarde ist nicht zu beneiden. Wie die amerikanische und die britische Notenbank müsste jetzt eigentlich auch die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhen.
Ihre Politik des billigen Geldes ist vielleicht nicht mehr ursächlich, aber noch immer mitverantwortlich für Inflationsraten von weit über fünf Prozent in Europa. Auf der anderen Seite bergen Zinserhöhungen in einer wirtschaftlich fragilen Situation natürlich immer das Risiko, eine konjunkturelle Talfahrt noch zu beschleunigen.
Inflationsrate ist so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr: Löst sie eine Kettenreaktion aus?
Deshalb, vor allem, mogelt sich die EZB-Chefin mit ihren Kollegen im Zentralbankrat um eine Entscheidung herum – und das ist die mit Abstand riskanteste Strategie. Wladimir Putins nicht enden wollender Krieg in der Ukraine hat die Inflationsraten in seit 40 Jahren nicht mehr gekannte Höhen getrieben und damit ein Gespenst aus den Siebzigerjahren heraufbeschworen – die Lohn-Preis-Spirale, eine Kettenreaktion aus immer noch höheren Löhnen und immer noch höheren Preisen, die die Wirtschaft über kurz oder lang in eine schwere Rezession schicken würde.
Viel Zeit darf die EZB sich deshalb nicht mehr lassen. Eine Zinserhöhung ist überfällig.