Während sich in den USA angesichts starker Konjunkturdaten und einer weiterhin recht hohen Inflation die Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen zuletzt eingetrübt haben, wird von der Europäischen Zentralbank unverändert ein erster Zinsschritt im Juni erwartet. Die nächste Entscheidung der EZB steht an diesem Donnerstag an. Zudem rechnen die Börsianer mit Blick auf das erste Quartal seitens der Unternehmen mit "einer guten Berichtssaison", wie Konstantin Oldenburger, Marktanalyst vom Broker CMC Markets, sagte.
So ging der deutsche Leitindex mit einem Aufschlag von 0,79 Prozent auf 18.319 Punkten aus dem Handel. Am Dienstag nach Ostern hatte der Dax ein Rekordhoch bei 18.567 Zählern erreicht, ehe Gewinnmitnahmen einsetzten. Äußerungen von US-Notenbankern und ein überraschend starker Arbeitsmarktbericht hatten die Frage aufgeworfen, ob es in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr überhaupt eine Zinssenkung geben wird. Das brachte Unsicherheit an die Börsen. Noch ist das zwar nicht das Hauptszenario, doch hat sich die Auseinandersetzung mit dieser Möglichkeit intensiviert.
"Die Nachrichten aus den Unternehmen könnten daher genau das sein, was der Aktienmarkt braucht, um sich von der kraftraubenden Diskussion über mögliche Zinssenkungen loszureißen", glaubt Oldenburger. "Die ermutigenden Wirtschaftsdaten der vergangenen Wochen sprechen zwar für weniger Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr, aber lassen eben auch eine positive Gewinnentwicklung in den Unternehmen erwarten."
Chefvolkswirt Gilles Moëc von Axa IM geht, was die anstehende EZB-Sitzung und die wirtschaftlichen Aussichten für den Euroraum betreffen, unverändert davon aus, dass die EZB ihren Leitzins erstmals im Juni senken wird. Sie dürfte seinen Worten zufolge "nicht abwarten, bis die Inflation auf zwei Prozent zurückgegangen ist - selbst wenn die Fed noch zögert".
Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte legte um 0,82 Prozent auf 27.137 Punkte zu. Der EuroStoxx 50, der Leitindex der Euroregion, gewann 0,62 Prozent auf 5046 Zähler, und auch die Länderbörsen in Paris und London legten zu. In den USA wurden zum europäischen Börsenschluss moderate Gewinne verbucht.
Zalando legten nach einem Kursrücksetzer am Freitag an der Dax-Spitze um 7,4 Prozent zu. Citigroup rät zum Kauf der Papiere des Online-Modehändlers und hält die Markterwartungen für den bereinigten operativen Gewinn für zu gering.
Continental stiegen nach einer Empfehlung des Investmenthauses Jefferies um 1,7 Prozent. Bayer sanken um 0,4 Prozent. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern muss in einem Rechtsstreit rund um das Unkrautvernichtungsmittel Roundup (Glyphosat) deutlich weniger zahlen als gedacht.
Nach wie vor gefragt blieben Rüstungswerte. Die Rheinmetall-Papiere erreichten erneut ein Rekordhoch und stiegen letztlich um 4,4 Prozent. Für Hensoldt ging es im MDax um 3,0 Prozent nach oben. Renk erholten sich etwas vom jüngsten Rückschlag und gewannen 8,0 Prozent.
Die Hoffnung auf ein Sommergeschäft ohne Streiks trieb die Aktien von Lufthansa um 3,0 Prozent höher. Die Gewerkschaft Verdi und die Arbeitgeber nahmen einen Schlichterspruch an, mit dem der Tarifkonflikt bei den rund 25.000 Luftsicherheitskräften beigelegt werden könnte. Obendrein verliefen bei Lufthansa Verhandlungen mit der Gewerkschaft Ufo jüngsten Angaben zufolge konstruktiv.
Mit einer positiven Studie zu ProSiebenSat.1 bescherte Citigroup-Analyst Thomas Singlehurst dem Medien- und Fernsehunternehmen ein Kursplus von 6,9 Prozent. Damit erklomm die Aktie nicht nur den Spitzenplatz im SDax, sondern auch den höchsten Stand Hoch seit September 2023. Vor den am 14. Mai anstehenden Zahlen zum ersten Quartal sieht Singlehurst kurzfristig ein überzeugendes Risiko-Gewinn-Verhältnis.
Der Euro stieg und kostete am frühen Abend 1,0852 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0823 (Freitag: 1,0841) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9239 (0,9224) Euro.
Am Rentenmarkt legte die Umlaufrendite von 2,40 Prozent am Freitag auf 2,49 Prozent zu. Der Rentenindex Rex fiel um 0,45 Prozent auf 125 Punkte. Der Bund-Future büßte 0,23 Prozent auf 132 Punkte ein.
(dpa)