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Ausblick: Was vom Wirtschaftsjahr 2024 zu erwarten ist

Ausblick

Was vom Wirtschaftsjahr 2024 zu erwarten ist

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    Wird die Wirtschaft den Herausforderungen trotzen, die 2024 für sie bereithält?
    Wird die Wirtschaft den Herausforderungen trotzen, die 2024 für sie bereithält? Foto: Christian Charisius, dpa

    Es gibt gute Gründe, das zu Ende gehende Jahr hinter sich zu lassen. Die Polykrise dieser Tage hat auch die Wirtschaft mitgenommen. Die Konjunktur war schwach, die Inflation blieb zu hoch. Der Arbeitsmarkt hat sich dafür ziemlich resilient gezeigt. Und der deutsche Aktienindex (DAX) konnte sogar Rekorde verzeichnen. Und was folgt aus dem allen für das nun bevorstehende Jahr? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten. 

    Wie entwickelt sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland?

    Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, gibt im Gespräch mit unserer Redaktion diese Perspektive: "Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland ist deutlich schlechter als die Realität. Deutschland hat die gegenwärtige Krise besser meistern können als befürchtet." Die deutsche Wirtschaft fange sich langsam und dürfte 2024 um 0,6 Prozent wachsen. Das sei zwar nicht viel, sagt Fratzscher, aber "die gute Nachricht ist, dass steigende Löhne und eine sinkende Inflation den Lebensstandard der meisten Menschen wieder steigen lassen." Die Beschäftigung könnte 2024 sogar auf ein neues Rekordhoch von 46,2 Millionen Menschen steigen. Und die Risiken? Fratzscher sagt: "Die beiden größten Hürden für eine schnellere wirtschaftliche Erholung sind die hohe Unsicherheit und die zu restriktiven Zinsen, die bald sinken sollten."

    Der Chefvolkswirt der DZ Bank, Michael Holstein, erwartet für 2024 auch lediglich ein Plus von 0,5 Prozent. In dem alljährlichen Ausblick, den das Forschungsinstitut des Geldhauses vorgelegt hat, begründete er das geringe Wachstum vor allem "mit einer weiterhin angespannten Weltkonjunktur". Ein starkes Exportgeschäft auf Vor-Corona-Niveau sei deshalb "nicht wahrscheinlich". Er geht allerdings von einer "schwachen Anschaffungsneigung" der Konsumenten aus. Sprich: Die Leute bleiben wegen all der Krisen vorsichtig. 

    Wie schätzt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, der Mittelstand, die Lage ein?

    Laut einer Sonderumfrage der DZ Bank sehen fast 50 Prozent der Mittelständler Deutschland als "kranken Mann" Europas. Das liege vor allem an teurer Energie und einem engen Bürokratiekorsett. Hinzu kämen Konjunktursorgen. 

    Sinkt die Inflation 2024 in Deutschland weiter?

    Ja, aber nur langsam. So rechnen zumindest die Analysten der DZ Bank. Zudem werde der Preisdruck bei den Dienstleistungen wegen der erreichten Tarifabschlüsse hoch bleiben. Für das kommende Jahr gehen die Experten folglich von einer Teuerung von drei Prozent in der Euro-Zone und 3,2 Prozent in Deutschland aus. Da auch die Preise für Nahrungsmittel weiter stiegen, sei eine rasche Erholung des Konsums nicht zu erwarten. 

    Hält die EZB die Zinsen hoch?

    Die Experten der DZ Bank rechnen nicht mit einem weiteren "Anziehen der Zinszügel" durch die Europäische Zentralbank. Christoph Kutt, Leiter Fixed Income Research sagt: "Die EZB fährt auf Sicht und hat die Inflation genau im Blick. Diese Wachsamkeit ist auch richtig. Die geldpolitische Wende kommt erst im vierten Quartal 2024." Das aktuell restriktive Zinsniveau dürfte also zunächst noch für länger gehalten werden. Kutt erwartet nur zwei vorsichtige Zinssenkungen in Höhe von jeweils 25 Basispunkten, die von der Notenbank zwischen Oktober und Dezember vollzogen werden. 

    Was ist 2024 an den Börsen zu erwarten?

    Erstmals in seiner Geschichte hat der Dax Mitte Dezember die runde Marke von 17.000 Punkten übersprungen – trotz all der Krisen. Warum? Zum einen richtet sich der Fokus der Anleger auf künftige Gewinne und die Dax-Unternehmen sind international unterwegs, Deutschland nur ein Standort. Chef-Aktienstratege Sven Streibel erwartet jedenfalls auch 2024 neue Rekorde der großen Indizes. Denn: "Die Investorenstimmung ist am Tiefpunkt. Sollten sich die schlechten Nachrichten nur etwas lichten, birgt das ein enorm positives Überraschungspotenzial." 

    Welche geopolitischen Entwicklungen sind für die Weltwirtschaft besonders bedeutend?

    Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kie) blickt im Gespräch mit unserer Redaktion besonders auf die Entwicklung der USA und Chinas. Außerdem hänge viel davon ab, wie sich die schwelenden, geoökonomischen Konflikte entwickeln würden. Der Ökonom sagt: "Die Risiken für die Weltwirtschaft haben zugenommen. Den USA gelingt offenbar eine sanfte konjunkturelle Landung im neuen Zinsumfeld, ohne dass die Wirtschaft in die Rezession rutscht. Chinas Wirtschaft verliert absehbar an Dynamik, nicht zuletzt auch aufgrund Pekings geopolitischem Ziel, Abhängigkeiten vom Westen zu reduzieren." China sei nach dem Platzen der Immobilienblase in einer strukturellen Wachstumskrise mit sinkender Erwerbsbevölkerung und steigender Arbeitslosigkeit. Heißt: "Die Abwärtsrisiken sind gestiegen." Geopolitische Spannungen gewönnen an Sichtbarkeit und seien ein erhebliches Risiko auch für den Welthandel. Denn: "Die USA und China streiten nicht nur um Handelsfragen, sondern auch um die Vormachtstellung im Pazifik." Und auch zwischen der EU und China hätten die Differenzen zuletzt eben zugenommen. Die Wiederwahl eines US-Präsidenten Donald Trump", sagt Schularick, würde hier wohl "wie ein Brandbeschleuniger wirken". 

    DZ-Bank-Volkswirt Holstein misst der US-Wahl auch eine große Bedeutung zu: "Die US-Wirtschaftspolitik muss einen Ausweg aus der sehr expansiven Gangart finden, die auf Dauer mit untragbar hohen Defiziten verbunden ist", sagt er. Die Präsidentschaftswahl werde zu einer Phase der Unsicherheit führen, fraglich sei auch, ob die künftigen Mehrheitsverhältnisse in den USA überhaupt eine klare Prioritätensetzung erlauben. Außerdem, erläutert Holstein weiter, könnte ein neuer alter Präsident Donald Trump derzeit bestehende Handelsabkommen torpedieren.

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