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Pressestimmen: Haftbefehl gegen Steuerfahnder: "Deutsche graben Kriegsbeil aus"

Pressestimmen

Haftbefehl gegen Steuerfahnder: "Deutsche graben Kriegsbeil aus"

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    Die Schweizer Justiz hat Haftbefehle gegen drei nordrhein-westfälische Steuerfahnder erlassen. Foto: Rainer Jensen / Archiv dpa
    Die Schweizer Justiz hat Haftbefehle gegen drei nordrhein-westfälische Steuerfahnder erlassen. Foto: Rainer Jensen / Archiv dpa

    Pressestimmen aus Deutschland

    Financial Times Deutschland: Nun kommt die späte Rache. Einst drohte Ex-Finanzminister Steinbrück Bern mit der Kavallerie, jetzt reiten die Eidgenossen eine Attacke.

    Stuttgarter Nachrichten: Dass die Schweiz protestiert, weil ihre Vermögensverstecke von deutschen Fahndern nicht nur enttarnt werden, sondern die ermittelnden Behörden auch eingreifen, ist eine hanebüchene Verdrehung der Realität. Allein das Festhalten an einem zwar etablierten, aber im Kern fragwürdigen Geschäftsmodell kann anderen Ländern nicht abverlangen, auf Strafverfolgung zu verzichten. Bundesfinanzminister Schäuble gibt sich gegenüber der Schweiz verständnisvoll - er will das Steuerabkommen mit Bern retten. Zu nachgiebig sollte er jedoch nicht sein: Wer Steuerfahnder mit Haftbefehl sucht, muss seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen.

    Der Berner Haftbefehl durch die Bundesanwaltschaft um Michael Lauber (45) gegen drei deutsche Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen provozierte in Deutschland scharfe Reaktionen.

    Donaukurier (Ingolstadt): Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), sonst hinter jedem Steuer-Cent her wie der Teufel hinter der armen Seele, tut die Affäre mit dem Hinweis ab, die Schweizer seien halt so. Im Interesse der ehrlichen deutschen Steuerzahler, die für die Ausfälle aufkommen müssen, die Steuerbetrüger und Steuerflüchtlinge anrichten, sollte er noch einmal nachdenken. 

    Hamburger Abendblatt: Im Steuerstreit mit Deutschland ist die Schweiz in einer schwachen Position. Die Haftbefehle machen für das Nachbarland alles nur noch schlimmer. Wohl versucht die Regierung in Bern, noch hier und da ein Rückzugsgefecht für sich zu entscheiden. Doch in  den Bankhäusern weiß man längst, dass die Verwaltung von Schwarzgeld kein Geschäftsmodell mehr sein kann. Früher oder später wird man reinen Tisch machen müssen. Ein Land von der - auch  realwirtschaftlichen - Bedeutung der

    Mitteldeutsche Zeitung: Kein Zufall, dass die Eskalation zu einem Zeitpunkt stattfindet, da der Abschluss eines Steuerabkommens beider Länder auf der Kippe steht. Weil der Vertrag eine eher milde Abgeltung für das Parken deutscher Vermögen außerhalb des heimischen Fiskus vorsieht, verweigern die rot und grün regierten Länder ihm im Bundesrat ihre Zustimmung. Die verfolgten Verfolger stammen aus NRW, einem der Neinsager-Länder. Da muss schon sehr naiv sein, wer die Darstellung glaubt, es sei die unabhängige Schweizer Justiz unabhängig von der Politik tätig geworden. Eher wollte da wohl jemand zeigen, was es heißt, wenn zwei Nachbarländer wichtige Fragen rechtlich gegensätzlich regeln. 

    Heilbronner Stimme: Fakt ist, dass die deutschen Reaktionen auf die Haftbefehle überzogen sind. Das Rechtssystem in der Schweiz ist so unabhängig wie das in Deutschland. Noch immer weiß niemand, wie die deutschen Behörden an die Steuer-CD gekommen sind. Wenn die Finanzbeamten dafür den rechtmäßigen Weg verlassen haben, dann sind Konsequenzen unausweichlich. Beide Seiten sollten verbal abrüsten. Aber in erster Linie muss in unserem Land endlich wieder mehr Steuerehrlichkeit herrschen. Dann wird künftig auch keine Seite mehr zur Attacke blasen.

    Nürnberger Zeitung: Der Schluss liegt nahe, dass die Schweiz den politischen Affront ganz bewusst provoziert hat. Vielleicht, um in den stockenden Verhandlungen über ein Steuerabkommen ein Signal zu setzen. Vielleicht aber auch nur, um Stärke nach innen zu zeigen. Bekanntlich sind die Deutschen nicht gerade beliebt. Das hindert die Schweizer Banken aber seit jeher nicht daran, gut an kriminellen deutschen Kapitalanlegern und Steuerflüchtigen zu verdienen. Die Gesetze sind geradezu maßgeschneidert, um illegale Transaktionen vor unerwünschten Einblicken zu schützen.

    Pressestimmen aus der Schweiz

    Neue Zürcher Zeitung: Wenn von einer Schweiz gesprochen wird, die "nicht mit Rechtsstaaten zusammenarbeiten" wolle, lässt das nur eine Interpretation zu: Die Schweiz ist kein Rechtsstaat. Damit ist zumindest ein Teil der deutschen Politikerkaste wieder im Reich jener Klischees angelangt, in dem man sich so gerne tummelte, als der damalige Finanzminister Peer Steinbrück seine Sottisen über Kavallerie und Indianer in die Welt setzte.

    blick.ch: Deutsche graben Kriegsbeil aus... Der Berner Haftbefehl durch die Bundesanwaltschaft um Michael Lauber (45) gegen drei deutsche Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen provozierte in Deutschland scharfe Reaktionen.

    Tages-Anzeiger (Zürich): Einen schlechteren Zeitpunkt für die Enthüllung kann man sich gar nicht vorstellen. Die Schweizer Unterhändler ringen seit Wochen mit ihren deutschen Kollegen um die Rettung des Abkommens über die Abgeltungssteuer, das von den sozialdemokratisch regierten Bundesländern bekämpft wird. Warum hat die Bundesanwaltschaft mit den Haftbefehlen nicht zugewartet, bis Klarheit über den Ausgang der Verhandlungen herrscht? Auf diese Frage antwortete die Bundesanwaltschaft gestern mit einem dürren Communiqué: Man äussere sich nicht zum laufenden Verfahren.

    Basler Zeitung: Selten sind die Anlässe, wo die Schweizer Abgesandten (bei Verhandlungen mit Deutschland) Rückgrat zeigen. Stattdessen gewähren sie weitere Zugeständnisse. Natürlich müssen bei Verhandlungen immer Chancen und Risiken von starren Verhandlungspositionen abgewogen werden. (...) Aber die Schweiz hat auch heute keinen Grund, sich dauernd dafür zu entschuldigen, dass ihr wirtschaftliches und politisches System eigentlich ganz gut funktioniert.  dpa/afp

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