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Porträt: Mário Centeno, der "Ronaldo der Eurogruppe"

Porträt

Mário Centeno, der "Ronaldo der Eurogruppe"

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    Mário Centeno leitet künftig die Eurogruppe.
    Mário Centeno leitet künftig die Eurogruppe. Foto: Stephanie Lecocq, dpa

    Dass Mário Centeno am Montag zum Chef der Währungsunion gewählt werden sollte, hat nicht zuletzt mit einem Ritterschlag des früheren deutschen Kassenwarts Wolfgang Schäuble zu tun. „Ronaldo der Eurogruppe“ nannte ihn der heutige Bundestagspräsident einmal – und spielte damit keineswegs nur auf Centenos Liebe zum Fußball an. Der portugiesische Sozialist gilt als eingefleischter Anhänger des Star-Ensembles von Benfica Lissabon. Tatsächlich hat der 50-Jährige aus Vila Real de Santo António einige Erfolge vorzuweisen.

    Centeno brachte Portugal auf Sparkurs

    Portugal, lange Jahre von Geldern der Euro-Familie abhängig, setzte Sparmaßnahmen durch – dank Centeno. Er war es, der den Etat seines Landes sanierte und in der Griechenland-Krise stets auf dem deutschen Kurs lag. Die Unterstützung Italiens, Spaniens und vor allem Deutschlands war ihm ohnehin gewiss, weil es schon seit Jahren als abgemacht galt, dass endlich ein Vertreter aus dem Süden der Gemeinschaft in einen Führungsjob gehoben werden soll. Nun steht der promovierte Wirtschaftswissenschaftler, der mit seiner Studienfreundin verheiratet ist, auf den internationalen Finanzmärkten für den Elite-Klub der 19 Euro-Mitgliedstaaten – nebenberuflich übrigens. Hauptamtlich leitet er auch künftig die finanzpolitischen Geschicke Portugals.

    Der frühere Volkswirt der Zentralbank seines Heimatlandes übernimmt den Vorsitz in einer überaus heißen Phase. Viel Zeit zum Einfinden hat er nicht. Denn bereits am Mittwoch steht Krach ins Haus. Dann will Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein umfassendes Papier zum Ausbau der Währungsunion vorstellen. Das allein kommt schon einem Eklat gleich. Der Auftrag der Staats- und Regierungschef lautete, einen Vorschlag zusammen mit den Finanzministern auszuarbeiten. Dazu kam es nicht.

    Mário Centeno muss bald sein Können ausspielen 

    Juncker prescht nun vor – und bricht damit einmal mehr in die Hoheit der Kassenwarte ein. Diese seit 1998 hinter verschlossenen Türen tagende Runde ist eigentlich so etwas wie die Chefetage der Euro-Familie. Aber Juncker denkt offen daran, den Europäischen Rettungsfonds ESM von einer eher gesichtslosen Einrichtung zu einer Filiale der Kommission zu machen – und damit dem Zugriff der Finanzminister zu entziehen. Dabei geht es ums Geld, vor allem jene 700 Milliarden Euro, die die Mitgliedstaaten für Krisenfälle hinterlegt haben. Eine andere Idee lautet, aus dem ESM einen Europäischen Währungsfonds zu machen, um sich aus den Klauen des in Washington angesiedelten IWF zu befreien.

    Centeno muss also schnell zeigen, dass die Kassenchefs der Währungsunion eine Entmachtung nicht hinnehmen werden – und vielleicht kann er dabei auch gleich klarmachen, wie wichtig es wäre, den Job zum Vorsitzenden dieser Runde aufzuwerten und einen europäischen Finanzminister zu installieren, der hauptamtlich tätig ist. Auch wenn dadurch der französische Währungskommissar, Pierre Moscovici, abgewertet würde.

    Centenos Wahl gilt übrigens auch deswegen als bemerkenswert, weil er so etwas wie das Sprachrohr der Sozialdemokraten in der EU-Führung sein wird. Alle übrigen Top-Jobs der Union sind derzeit fest in den Händen von Christdemokraten. Herausforderungen hat der neue Chef der Eurogruppe also genügend vor sich.

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