Christine Lagarde wusste, welchen Satz jeder von ihr hören wollte. Doch die frühere französische Finanz- und Wirtschaftsministerin und Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington sagte ihn an diesem Mittwoch im EU-Parlament nicht. Sie sagte das Gegenteil: Als künftige Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) werde sie die Nullzins-Politik ihres Vorgängers Mario Draghi „noch längere Zeit“ fortsetzen. Zwar setzte sie hinzu: „Wir müssen die negativen Folgen und Nebeneffekte im Blick haben. Ich weiß, welch tief greifenden Auswirkungen das für die Menschen hat.“ Aber trotzdem sei diese lockere Geldpolitik erforderlich, weil sich die EZB auf die nächsten Krisen – wie den Klimawandel – einstellen müsste.
Bringt Christine Lagarde Erleichterung für den Sparer?
Für Sparer ist das keine gute Nachricht. Die Währungshüter hielten den Leitzins in den vergangenen Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken erhalten frisches Kapital bei der Notenbank zum Nulltarif, parken sie Geld auf deren Konten, müssen sie 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Vermutlich bleibt es auch dabei.
Lagarde hatte nicht viele positive Ankündigungen dabei, als sie sich am Mittwoch den Abgeordneten des Wirtschafts- und Währungsausschusses stellte. Schon die erste Frage des CSU-Finanzpolitikers Markus Ferber an die bisherige IWF-Chefin ging ans Eingemachte. Nachdem Lagarde zunächst ein Bekenntnis für „innovative Maßnahmen“ der EZB abgelegt hatte, wollte Ferber wissen, was damit gemeint sei: Die Abschaffung des Bargeldes? Ein anhaltender Geldsegen für Staaten und Bürger, um den Konsum und die Inflation anzuheizen? Negativ-Zinsen auf Sparguthaben?
CSU-Politiker Markus Ferber will wissen, was Lagarde genau plant
Lagarde wand sich, griff zu einem allgemeinen Ausblick und referierte über die Entscheidungen, die die Banken während der Finanzmarktkrise ergreifen mussten. „Was sind angemessene Instrumente in einer solchen Krise? Wir brauchen Kosten-Nutzen-Rechnungen“, dozierte sie. Eine klare Antwort hätte anders ausgesehen. Nur einmal wurde die erfahrene Finanzpolitikerin konkret, als sie auf Draghis Zusage in der Staatsschuldenkrise angesprochen wurde, „alles zu tun, was notwendig ist, um den Euro zu retten“. „Ich hoffe, dass ich diesen Satz nie sagen muss“, antwortete sie. „Denn das würde bedeuten, dass andere wirtschaftspolitische Akteure nicht das tun, was sie tun müssen.“
Dennoch musste Lagarde keine Minute daran zweifeln, ob die Parlamentarier ihr Wohlwollen aussprechen würden. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold lobte La-gardes Zusage, Klimaschutz als zentrale Herausforderung für die Finanzmärkte ernst zu nehmen. Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Schuster hob ihre Aussage hervor, dass der „Eurozone weiterhin ein wichtiges fiskalpolitisches Instrument fehlt, um die europäische Geldpolitik effizienter zu gestalten“. Die Französin kritisierte deutlich jene Regierungen, die die Zeit wirtschaftlicher Stärke nicht nutzen, um für Krisenzeiten vorzusorgen. Der Euro sei nicht nur stabil, sondern auch so stark, dass er auf dem Finanzmarkt als Ersatzwährung für den Dollar attraktiver werden könnte.
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