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Ingolstadt: Streiks in Ungarn: Produktionsstopp bei Audi in Ingolstadt

Ingolstadt

Streiks in Ungarn: Produktionsstopp bei Audi in Ingolstadt

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    Audi-Mitarbeiter aus Ungarn streiken. Das trifft auch das Werk in Ingolstadt, dort steht die Produktion still.
    Audi-Mitarbeiter aus Ungarn streiken. Das trifft auch das Werk in Ingolstadt, dort steht die Produktion still. Foto: A. Weigel, dpa (Symbol)

    Weil in der ungarischen Produktionsstätte von Audi in Györ gestreikt wird, stehen nun in Ingolstadt noch bis einschließlich Mittwoch die Bänder still. Seit Donnerstag wird in Györ für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne gestreikt, für eine Woche haben die ungarischen Audi-Arbeiter ihre Arbeit niedergelegt. Weil Audi einige Produktionsabläufe "just in time" organisiert, also so, dass keine größeren Warenbestände gelagert werden, führen die Streiks in Ungarn nun dazu, dass in Ingolstadt nicht mehr produziert werden kann. Das bestätigt Joachim Cordshagen, Leiter Standortkommunikation bei Audi, unserer Redaktion.

    Wie Cordshagen sagte, können „wegen des bedauerlichen Produktionsausfalls mehrere tausend Fahrzeuge nicht gebaut werden. Wie hoch die dadurch entstehenden Kosten sind, kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.“ Für die Kunden – es geht um Autos der Baureihen A3, A4, A5 und Q2 – soll kein Verzug entstehen. Der Rückstand werde nach dem Ausstand aufgeholt, heißt es weiter. Erst mal aber wird – zwangsweise – weniger gearbeitet. Der Streik in Ungarn bedeutet für mehr als 10.000 Audianer für mindestens drei Tage mehr Freizeit. Sie würden über eine eigens eingerichtete Hotline über den Stand der laufenden Verhandlungen in Ungarn informiert.

    Audi-Mitarbeiter in Ingolstadt müssen zu Hause bleiben

    Die IG Metall im Bezirk Bayern unterstützt die Streiks im ungarischen Audi-Werk in Györ. "Gegen ein soziales Europa stehen Konzerne, die ihre Profite mit Billiglöhnen erwirtschaften wollen. Damit droht auch den Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern eine Abwärtsspirale", heißt es in einer Erklärung der bayerischen IG Metall-Geschäftsstellen. Die Gewerkschaft fordert Regierung und Unternehmen auf, das Grundrecht auf Streik zu respektieren.

    Die Beschäftigten im Audi-Motorenwerk Györ verlangen mit der Betriebsgewerkschaft AHFSZ ein transparentes Entgeltsystem sowie im Durchschnitt 18 Prozent höhere Löhne, heißt es von der IG Metall. Beschäftigte in der Montage erhalten in Ungarn bislang mit durchschnittlich 1100 Euro brutto im Monat am wenigsten im Audi-Konzern in Europa, so die Gewerkschaft. In Györ werden auch Motoren für andere Konzernmarken wie VW gefertigt.

    40 Prozent der Arbeitszeit, die durch den Produktionsstopp ausfallen, werden von Audi auf das Zeitkonto der Mitarbeiter gutgeschrieben. Das sei in einer Betriebsvereinbarung geregelt, erklärt Cordshagen. 60 Prozent des Arbeitsausfalls tragen die Angestellten selbst.

    Für Audi dürfte der zweitägige Produktionsausfall empfindliche Verluste bedeuten. Cordshagen formuliert es so: "Das ist natürlich eine gewisse Nummer, die da für uns zusammenkommt." Einige tausend Autos würden derweil auf die Fertigstellung warten. Kunden sollen allerdings keine Auswirkungen zu spüren bekommen, sagt der Audi-Sprecher.

    Streik trifft Audi in unruhigen Zeiten

    Der auf insgesamt sieben Tage angesetzte Streik in Ungarn trifft Audi in ohnehin schon unruhigen Zeiten. Die gesamte Branche ist wegen der Digitalisierung und der Umstellung auf die E-Mobilität schwer unter Druck. Bei Audi kommt aber hinzu, dass der Abgas-Skandal noch längst nicht ausgestanden ist. Diverse Modellumstellungen laufen. Und es gab und gibt Probleme mit dem neuen Abgastestzyklus WLTP. Im vergangenen Geschäftsjahr ist der Absatz eingebrochen. Der Autobauer hat im vergangenen Jahr 3,5 Prozent weniger Autos verkauft als noch 2017. Die Zahl fiel um mehr als 65.000 Fahrzeuge weltweit auf 1,81 Millionen. Besonders deutlich zeigt sich der Einbruch im Dezember mit mehr als 14 Prozent. Im Mai hatten die Verantwortlichen immerhin noch auf „Auslieferungen mindestens auf Vorjahresniveau“ gehofft. Das hat nicht geklappt.

    Zugleich macht der neue Chef Druck: Seit Anfang Januar ist Bram Schot nicht mehr nur Interimschef, sondern regulärer Vorstandsvorsitzender. Und der Nachfolger Rupert Stadlers will die Gewinne drastisch erhöhen. Mit Umsatzsteigerungen und Kostensenkungen soll das Betriebsergebnis von 2018 bis 2022 um insgesamt rund 15 Milliarden Euro wachsen. Auch Stellenkürzungen hatte Bram Schot im Interview mit der Süddeutschen Zeitung indirekt nicht ausgeschlossen: Wenn er sehe, dass das jetzige Produktionsvolumen mit rund 90.000 Mitarbeitern erstellt wird, würde er sagen, es gebe zu viele Arbeitnehmer bei Audi, sagte er. „Jetzt kann man überlegen, mit weniger Leuten zu arbeiten. Oder mit den gleichen Leuten mehr Output zu erzeugen“, fügte er an – und stellte klar, dass er die zweite Option bevorzuge. Schot sagte im Interview auch, die vergangenen Jahre des Wachstums hätte „viele verwöhnt und ein bisschen träge gemacht“.

    Mindestens 3000 Stellen könnten am Audi-Hauptsitz wegfallen

    Wie das Manager Magazin berichtet hatte, wollen die Vorstände auch Personal einsparen. Frei werdende Stellen sollen nicht nachbesetzt werden. Der BR berichtete von mindestens 3000 Stellen, die am Hauptsitz wegfallen könnten. Audi weist beides auf Anfrage zurück und betont die mit dem Betriebsrat vereinbarte Beschäftigungsgarantie, die für die Audi-Mitarbeiter in Deutschland bis 2025 gilt. Man habe für dieses Jahr bereits Experten im mittleren dreistelligen Bereich eingestellt, bilde pro Jahr rund 800 junge Menschen aus, habe das Weiterbildungsbudget aufgestockt und eine Weiterbildungsoffensive gestartet. Grundsätzlich gelte, so eine Sprecherin: „Das Know-how der heutigen Stammbelegschaft ist Basis für den Erfolg unseres Unternehmens. Anpassungen der Belegschaftsgröße steuern wir gegebenenfalls über die demografische Kurve.“ (mit dpa)

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