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Inflationsrate: Woher kommt die Inflation? Eine Analyse

Inflationsrate

Woher kommt die Inflation? Eine Analyse

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    In Deutschland zieht die Inflation wieder an,.
    In Deutschland zieht die Inflation wieder an,. Foto: Monika Skolimowska, dpa (Symbol)

    Plötzlich ist sie wieder da und löst Spekulationen aus. Der Jahresanfang brachte Deutschland ein schon zu Grabe getragen geglaubtes Schreckgespenst zurück: die Teuerung. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, des Wertpapierhauses der Sparkassen, wirkt fasziniert, wenn er sagt: „Die deutsche Inflationsrate für Januar war ein echter Hingucker.“ Die Teuerung ist in Corona-Zeiten jäh aus dem Schlaf erwacht. So stellt Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums sowie des Rates der Europäischen Zentralbank und Vertraute der französischen Notenbank-Chefin Christine Lagarde, amtlich fest: „Die Inflation ist nicht tot.“

    Dabei hatte mancher Experte der Teuerung voreilig den Totenschein ausgestellt und gefeiert, dass der Preisauftrieb ausbleibt, obwohl die EZB eine ultralockere Geldpolitik betreibt, die nach Lehrbuchmeinung die Inflation befeuern müsste.

    Menschen mussten Gewohnheiten ändern - mit Auswirkungen auf die Inflation

    Doch der „Hingucker“, wie Kater es nennt, hat noch überschaubare Dimensionen: Denn der „Harmonisierte Verbraucherpreisindex“ – kurz HVPI – ist von minus 0,7 Prozent im Dezember auf 1,6 Prozent im Januar nach oben geschnellt. Der HVPI wurde in der Europäischen Union entwickelt, um Preisänderungen international besser vergleichen und für die Euro-Zone eine Gesamtinflationsrate berechnen zu können. Was in Corona-Zeiten wichtig ist: In die Höhe des „Harmonisierten Verbraucherpreisindex“ fließen auch aktuell die sich verändernden Konsumgewohnheiten ein.

    Die Preise für Fleisch, Obst und Gemüse sind angestiegen.
    Die Preise für Fleisch, Obst und Gemüse sind angestiegen. Foto: Christoph Soeder, dpa (Symbol)

    So hat sich während der Pandemie die Zusammensetzung des der Inflationsrate zugrunde liegenden Warenkorbs verändert. Menschen kochen ja mehr selbst und reisen viel weniger. Insofern ist der HVPI aussagekräftiger als der Verbraucherpreisindex (VPI), dessen Basiswerte nur meist alle fünf Jahre angepasst werden. Der VPI ist jedenfalls entsprechend weniger stark von minus 0,3 auf plus 1,0 Prozent angestiegen. Im Januar mussten Bürger vor allem mehr Geld für Lebensmittel als vor einem Jahr ausgeben. Die Preise für Fleisch, aber auch Obst und Gemüse zogen an.

    Wie immer man die Teuerungsrate berechnet, bleibt eine Frage: Ist das Erwachen der Inflation eine vorübergehende oder eine langfristige, sich verstärkende Entwicklung? Hier gehen die Meinungen auseinander. Eine Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler glaubt wie DekaBank-Mann Kater oder M.M.Warburg-Chefökonom Carsten Klude, dass die Preise in diesem Jahr spürbar steigen, sich die Lage 2022 aber deutlich beruhigt. Die Inflation würde demnach 2021 noch erheblich lebendiger als im Januar. Die Deka-Experten gehen davon aus, dass die Teuerung für 2021 bei 2,5 Prozent liegt, sich 2022 indes wieder auf gemütlichere 1,3 Prozent runterkühlt.

    Doch die Inflation ist gekommen, um – wenn auch 2022 auf wohl niedrigerem Niveau – zu bleiben. Klude glaubt, dass sich die Teuerung nach Ende des Lockdowns schrittweise auf die Drei-Prozent-Marke zubewegen könnte, wie er unserer Redaktion sagt. Dann würde sich die Inflation aber zum Jahreswechsel 2021/2022 bei etwa zwei Prozent einpendeln.

    Warum ist die Inflation nach oben marschiert?

    Warum sind die Preise überhaupt nach oben marschiert? Hier nennen Kater und Klude die gestiegenen Rohölpreise, die Einführung der CO2-Abgabe in Deutschland auf Benzin, Diesel, Heizöl und Gas sowie die Anhebung der vorübergehend gesenkten Mehrwertsteuer. Für die Experten sind das Sondereffekte, die – wie Kater es nennt – „im Herbst wieder ausrollen sollten“.

    Dabei könnten die Konsumenten aus Freude, wenn der Lockdown beendet ist, den Preisauftrieb durch lange aufgestaute Kaufwünsche beflügeln. Dafür müssten etwa Restaurantbesitzer oder Pauschalreiseanbieter empfindlich an der Preisschraube drehen. Neben derartigen möglichen inflationsfördernden Tendenzen gibt es auch entgegenlaufende, preisdämpfende Faktoren. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, verweist auf die hohe Unterbeschäftigung in Deutschland. So bleiben sicher viele Betriebe unterausgelastet. Das macht es für Gewerkschaften schwer, hohe Lohnforderungen durchzusetzen. Daher spricht, wie die meisten Experten glauben, viel dafür, dass ein anderer schlafender Riese, nämlich die Lohn-Preisspirale, auch 2021 und 2022 nicht erwacht. Nach dem aus den 70er Jahren bekannten Effekt wird die Inflation angefacht, wenn Arbeitnehmer deutlich mehr Lohn bekommen und kräftiger einkaufen gehen können. Dann erhöhen Firmen die Preise.

    Was bedeutet das für die Politik der Europäischen Zentralbank? Müssen Notenbank-Chefin Lagarde und ihre Mitstreiter, deren Hauptaufgabe es ist, für die Stabilität des Euro zu sorgen, also Inflation zu bekämpfen, umsteuern? Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Schweizer Vermögensverwalters Bantleon, glaubt: „Der starke Inflationsanstieg bedeutet, dass die Geldpolitik die Trendwende noch in diesem Jahr einleitet.“ Spätestens 2022 sollten Wertpapierkäufe durch die EZB deutlich gedrosselt werden.

    Inflation ist zu niedrig für steigende Zinsen

    Bürger dürfen sich davon nicht zu viel erwarten. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die EZB in diesem und im nächsten Jahr die Zinsen von null nur ein wenig anhebt. Die wieder aufgetauchte Inflation dürfte zu gering sein, um Lagarde & Co unter spürbaren Zins-Handlungsdruck zu setzen. Commerzbank-Experte Christoph Weil ist überzeugt: „Der Preisauftrieb wird die EZB nicht dazu bewegen, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen.“

    Das könnte sich, mutmaßen die Commerzbank-Experten, langfristig ändern, wenn die Folgen der Alterung der Gesellschaft deutlicher werden. Macht sich ab 2025 die demografische Entwicklung stärker bemerkbar und werden Arbeitskräfte ein knappes Gut, wären spürbare Inflationsraten von drei bis fünf Prozent denkbar. Jetzt könnten die Gewerkschaften Arbeitgebern deutlich höhere Löhne abringen, was die Preise nach oben treibt und die EZB zum Handeln zwingt. Denn die Zentralbank strebt Inflationszahlen von „unter, aber nahe zwei Prozent“ an. Die Euro-Zentralbanker müssten die Zinsen erhöhen und säßen in der Falle. Denn damit könnten sich Haushaltssünder wie Italien nicht mehr so günstig finanzieren. Steigende Zinsen würden klamme Länder aber vollends in die Krise treiben.

    Sparer können sich nur wenig Hoffnung auf mehr Zinsen machen (Kommentar)

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