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Griechenland: Griechenland wartet auf den Corona-Geldsegen

Griechenland

Griechenland wartet auf den Corona-Geldsegen

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    Die Pandemie trifft Griechenland, das sich gerade erst von der Schuldenkrise erholt hatte, besonders hart. Die Wirtschaft wird 2020 voraussichtlich um 10,5 Prozent einbrechen.
    Die Pandemie trifft Griechenland, das sich gerade erst von der Schuldenkrise erholt hatte, besonders hart. Die Wirtschaft wird 2020 voraussichtlich um 10,5 Prozent einbrechen. Foto: Thanassis Stavrakis, dpa

    Geschlossene Geschäfte, verrammelte Restaurants, verwaiste Büros, leere Hotels: Seit drei Wochen ist Griechenland wieder im Lockdown, bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Und wie lange noch, weiß niemand. Corona treibt die Wirtschaft in eine schwere Rezession. Aber in der Krise liegt eine Chance, glaubt Theodoros Skylakakis, Griechenlands Vize-Finanzminister: Er sieht eine "einmalige historische Möglichkeit" für sein Land.

    Skylakakis meint damit die Gelder aus dem Aufbaufonds "Next Generation EU", mit dem die Europäische Union die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abfedern will. Das Programm soll Griechenland den stärksten Investitions- und Innovationsschub seit vielen Jahrzehnten bescheren. Aus dem Fördertopf erwartet das Land in den kommenden sechs Jahren rund 32 Milliarden Euro. Die Gelder werden überwiegend in grüne Projekte sowie in die Digitalisierung der Wirtschaft und der Verwaltung fließen.

    Griechenland rechnet damit, dass die ersten Gelder im Sommer bereit gestellt werden

    Der EU-Aufbauplan, auf den sich die Staats- und Regierungschefs nach harten Verhandlungen im Juli einigten, umfasst 750 Milliarden Euro. Davon sollen 390 Milliarden als Zuschüsse und 360 Milliarden als zinsgünstige Kredite ausgezahlt werden. Ungarn und Polen blockieren zwar wegen des Streits um Rechtsstaatsverstöße den EU-Haushalt und damit auch die Corona-Milliardenhilfen. In griechischen Regierungskreisen erwartet man aber, dass der Konflikt in den nächsten Wochen beigelegt werden kann und die ersten Gelder im nächsten Sommer bereitgestellt werden.

    Griechenland soll aus dem Programm bis 2026 Zuschüsse von 19,4 und günstige Kredite von 12,7 Milliarden Euro erhalten. Die Gesamtsumme von 32,1 Milliarden entspricht 17 Prozent des letztjährigen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit bekommt das Land im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mehr Hilfen als jeder andere EU-Staat. Rechnet man jene 40 Milliarden hinzu, die Griechenland bis 2027 aus den Struktur- und Kohäsionsfonds der EU zustehen, kommt man sogar auf Fördergelder von gut 72 Milliarden Euro. Das ist mehr als der gesamte Staatshaushalt 2021.

    Vize-Finanzminister Skylakakis: "Es ist eine Menge Geld"

    "Es ist eine Menge Geld", sagt Vize-Finanzminister Skylakakis. "Wir wollen damit Investitionen fördern und zugleich Reformen umsetzen." Die zur Verfügung stehenden Beträge seien "so groß, dass sie bei richtigem Einsatz den Kurs unseres Landes verändern können", glaubt Skylakakis.

    Die Pandemie trifft das Land, das sich gerade erst von der Schuldenkrise zu erholen begann, besonders hart. Die Wirtschaft wird 2020 voraussichtlich um 10,5 Prozent einbrechen. Aber die Milliarden aus dem EU-Aufbauplan könnten den Griechen einen Wachstums- und Modernisierungsschub bescheren.

    Griechenland will allein 6,2 Milliarden in grüne Projekte investieren

    Rund 6,2 Milliarden Euro sollen in grüne Projekte wie die Förderung erneuerbarer Energien, die Anbindung der Inseln an das Elektrizitätsnetz des griechischen Festlandes, Energiesparmaßnahmen für Gebäude und die Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge fließen.

    Ein zweites Standbein des Programms ist die digitale Transformation: 2,1 Milliarden Euro sind für den Ausbau des Glasfasernetzes, den Übergang zur 5G-Technologie und die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung vorgesehen.

    Die dritte Säule sind Arbeitsmarktreformen wie Maßnahmen zur Berufs- und Weiterbildung, Beschäftigungsanreize und der Kampf gegen die Diskriminierung. Dafür will die Regierung 4,1 Milliarden Euro aufwenden.

    Der vierte Schwerpunkt, auf den rund vier Milliarden Euro entfallen, sind Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft. Dazu gehören eine Steuerreform, die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, der Kampf gegen Korruption und Geldwäsche, eine Justizreform zur Beschleunigung der Gerichtsverfahren, die Förderung von Forschungsprojekten sowie die engere Verzahnung von Universitäten und Wirtschaft.

    Athen rechnet mit der Bewilligung der EU-Kommission bis zum Ende des Frühjahrs

    Die Kredite aus dem EU-Aufbauprogramm will die griechische Regierung an Unternehmen weitergeben, um nachhaltige private Investitionen zu fördern. Hier liegt bisher eine Schwäche der griechischen Wirtschaft: Die Bruttoanlageinvestitionen machten 2019 nur 10,1 Prozent vom BIP aus. Im EU-Durchschnitt war die Investitionsquote mit 22,2 Prozent mehr als doppelt so hoch.

    Die griechische Regierung hat den Entwurf ihres Plans Mitte November der EU-Kommission vorgelegt und erwartet jetzt deren Stellungnahme. Eine endgültige Fassung soll dann im März 2021 folgen. Mit der Bewilligung durch die Kommission rechnet man in Athen zum Ende des Frühjahrs. Die ersten Zahlungen werden im Juni oder Juli 2021 erwartet.

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