Das Geschäft der Fahrschulen in Deutschland könnte durch die Hunderttausenden Flüchtlinge in den kommenden Jahren stark profitieren. Das erwartet der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF), Gerhard von Bressensdorf. Der Grund: Auch die meisten Flüchtlinge, die bereits einen Führerschein besitzen, müssten in Deutschland erneut die theoretische und die praktische Prüfung bestehen, sagte der BVF-Vorsitzende vor Beginn des Verkehrsgerichtstages, der am Mittwoch in Goslar startet. Fahrlizenzen aus Ländern wie Syrien, Irak oder Afghanistan würden hierzulande nicht anerkannt.
Die Anpassung an deutsche Verkehrsverhältnisse werde für viele Menschen aus Syrien, Afghanistan oder Nordafrika nicht leicht, vermutet der Sprecher des Automobilclubs ACE, Constantin Hack. "Denn Verkehrsregeln spielen in den Herkunftsländern teilweise eine untergeordnete Rolle." Ähnlich sieht es der ADAC: "Für viele Flüchtlinge wird es eine große Herausforderung, sich im Straßenverkehr zu bewegen", sagte Sprecher Andreas Hölzel. Der ADAC habe deshalb einen Flyer entwickelt, der den Neuankömmlingen die wichtigsten Verkehrsregeln erklärt.
Fahrschulen haben unterschiedliche Erfahrungen mit Flüchtlingen
Die ersten Erfahrungen mit Flüchtlingen in den Fahrschulen seien sehr unterschiedlich, sagte BVF-Chef von Bressensdorf. "Menschen aus größeren Städten tun sich weniger schwer, sich an den geordneten Verkehr anzupassen als solche aus ländlichen Regionen." Auch habe mancher Inhaber eines Führerscheins für Busse oder Lkw nur ungenügende Kenntnisse und Fähigkeiten. Eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer sehe er aber nicht, sagte von Bressensdorf. Die Fahrlehrer würden auf eine gute Schulung achten. "Und an der Prüfung kommt ja ohnehin niemand vorbei."
Grundsätzlich sehe er der Integration der Flüchtlinge in den Straßenverkehr denn auch optimistisch entgegen, sagte der BVF-Vorsitzende. "Unsere Fahrschulen haben große Erfahrung im Umgang mit Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind." Er denke an Gastarbeiter, Aussiedler oder Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. "Die haben alle bei uns Führerscheine erworben."
Fahrlehrer wollen Infomaterial in verschiedenen Sprachen verteilen
Deutschlands Fahrschulen mit ihren rund 25 000 hauptberuflichen und etwa 10 000 nebenberuflichen Fahrlehrern wollten den Flüchtlingen im Übrigen auch über das Fahrtraining hinaus helfen, sagte von Bressensdorf. "Unser Verband hat allen Fahrschulen empfohlen, wo es möglich ist, Räume für Deutschkurse zur Verfügung zu stellen." Auch Infomaterial zum Straßenverkehr in mehreren Sprachen wollen die Fahrlehrer verteilen. "Damit sollen auch Fußgänger und Radfahrer über den Verkehr in Deutschland informiert werden."
Unabhängig davon rechne der BVF damit, dass viele Flüchtlinge aktiv in die Fahrschulen streben werden, sage der Chef der Vereinigung. "Auch weil sich für alle, die selbst Auto fahren können, die Integrations-Chance deutlich erhöhen dürfte." dpa