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Finanzmarkt: Wer wird neuer Chef der Euro-Gruppe?

Finanzmarkt

Wer wird neuer Chef der Euro-Gruppe?

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    Fast hundert Mal hat Jean-Claude Juncker seit 2005 mit einem Klopfen auf das Saal-Mikrofon die Sitzung der 17 Euro-Finanzminister eröffnet. Am kommenden Montag wollte Mister Europa seinen Abschied nehmen. Nicht einmal er selbst weiß, ob es dabei bleibt. Um den Vorsitz des vielleicht wichtigsten Ministerrates der EU ist ein beispielloser Krach entstanden.

    Schon beim EU-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am vergangenen Freitag sollte der dienstälteste Premier Europas (Juncker hat seit 1995 die Funktionen des Ministerpräsidenten und des Finanzministers in Luxemburg inne) noch einmal für sechs Monate verpflichtet werden. Doch die Abstimmung kam, wie sich erst später herausstellte, nicht zustande. Offizielle Begründung: Man sei nicht mehr entscheidungsfähig gewesen, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel zur ESM-Abstimmung nach Berlin anreisen musste.

    Junckers Amtszeit endet am 17. Juli um 16 Uhr

    Tatsächlich verübelte der Gipfel dem Luxemburger aber wohl, dass der seinen Notenbankchef Yves Mersch ins Direktorium der Europäischen Zentralbank bugsieren wollte. Als das abgelehnt wurde, zog Juncker („Ich bin doch nicht blöd“) seine Zusage für eine befristete Amtsverlängerung zurück: „Ich lasse mich nicht aufs Eis führen, dass man mir jetzt mit Kusshand eine Weiterführung des Euro-Vorsitzes anbietet, um den ich mich bemüht habe, und danach jemand anderem zu Frankfurter Glücksgefühlen verhilft.“ Das Desaster war perfekt. Denn Junckers Amtszeit endet am 17. Juli, wie er selbst gerne betont, um 16 Uhr. Letzte Chance für die termingerechte Wahl eines Nachfolgers ist die Euro-Gruppen-Sitzung am Montag.

    Ein neuer Kandidat ist nicht in Sicht

    EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der die Kandidatensuche in die Hand genommen hatte, reagiert inzwischen nur noch gereizt, wenn er auf das Thema angesprochen wird. Denn ein neuer Mann oder eine neue Frau sind nicht in Sicht. Schließlich sollen die Voraussetzungen mitbringen, die nicht viele vorweisen können. Der neue Chef muss nämlich aus einem der vier Euro-Länder mit AAA-Bestnote kommen. Das sind Luxemburg, Deutschland, die Niederlande und Finnland. Helsinki lehnte eine Bewerbung ab, Holland befindet sich im Wahlkampf und der aussichtsreichste Bewerber aus

    Es geht um viel Macht. Denn der Juncker-Nachfolger würde spätestens ab kommendem Jahr, wenn der Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion beginnt, zu einer Art europäischem Finanzminister aufgebaut, vergleichbar mit der Außenbeauftragten Catherine Ashton. Ob G-20-Treffen oder Weltbank-Tagung: Mister Euro säße am gleichen Tisch wie der Präsident der Europäischen Zentralbank oder die Chefin des Internationalen Währungsfonds. Bis zum Donnerstag blieb die Suche nach einem Juncker-Nachfolger nach Auskunft Brüsseler Diplomaten ohne Ergebnis. Dabei wissen auch die, dass es sich die Euro-Gruppe nicht leisten kann, ausgerechnet mitten in der Krise monatelang ohne Vorsitzenden dahindümpeln zu müssen.

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