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Europäische Zentralbank: DIW-Chef spricht sich für Weidmann als neuen EZB-Präsidenten aus

Europäische Zentralbank

DIW-Chef spricht sich für Weidmann als neuen EZB-Präsidenten aus

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    Bundesbank-Präsident Jens Weidman, der einstige Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel, ist einer der Kandidaten für das Amt des höchsten Währungshüters Europas.
    Bundesbank-Präsident Jens Weidman, der einstige Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel, ist einer der Kandidaten für das Amt des höchsten Währungshüters Europas. Foto: Jörn Bender, dpa

    Sparen gehört zu den deutschen Tugenden. Wegen der nahe Null liegenden Zinsen hat sich die Tugend in den vergangenen Jahren nicht mehr ausgezahlt. Verantwortlich dafür ist die Europäische Zentralbank, denn die EZB bestimmt das Zinsniveau in der Eurozone. Ende dieses Jahres bietet sich für die Bundesregierung die Chance, den niedrigen Zinsen den Kampf anzusagen. Dann endet die Amtszeit des EZB-Präsidenten Mario Draghi. Gelänge es Berlin, Bundesbank-Chef Jens Weidmann als Nachfolger zu installieren, könnte er das Zinstal verlassen.

    Merkel wollte Jens Weidmann schon lange als EZB-Chef

    Damit es so kommt, müssen viele Bedingungen erfüllt sein, damit die Rädchen im Getriebe der Macht richtig ineinandergreifen. Zunächst einmal müsste Manfred Weber leer ausgehen im großen Geschachere um den Chefsessel der EU-Kommission. Fällt der bayerische CSU-Mann durch, könnte Deutschland sich wieder auf die Zentralbank konzentrieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) könnte dann zu ihrer eigentlichen Priorität zurückkehren. Bevor Weber seinen Hut in den Ring geworfen hatte, wollte Merkel mit Weidmann ihren einstigen Wirtschaftsberater zum höchsten Währungshüter machen.

    Als Deutscher hat Widmann einen schweren Stand bei Südeuropas Euroländern

    Doch der 51-Jährige hat einen schweren Stand. Vor allem in Südeuropa ist er als Anhänger einer restriktiven Notenbankpolitik deutscher Prägung verschrien. Das gleiche gilt für Wirtschaftswissenschaftler, vor allem im angelsächsischen Raum wird er skeptisch beäugt. Nun kommt auch noch Ärger in der Heimat hinzu. Der aus Köln stammende Ökonom Christian Odendahl hat einen viel beachteten Aufsatz gegen den Bundesbankchef veröffentlicht: Sein eingängiger Titel: „Deutschland sollte die EZB nicht führen“. Odendahl warnt vor Weidmann, der offensichtlich Draghis Stuhl besetzen wolle. „Genauso offensichtlich ist es, dass es ein Fehler wäre, ihm zum Präsidenten zu machen“, urteilt der Chefvolkswirt des Centre for European Reform aus London.

    Seine Kritik macht er daran fest, dass es Weidmann als konservativem Zentralbanker an der Bereitschaft, die nächste Wirtschaftskrise im Euroraum engagiert zu bekämpfen fehle. „Die Eurozone braucht noch jemand mutigeren als Draghi“, meint Odendahl. Als wahrscheinlichste Probe für den Zusammenhalt der Währungsunion erwartet er eine schwere politische oder wirtschaftliche Krise in Italien. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steckt bis über beide Ohren in der Kreide und die Regierung aus Links- und Rechtspopulisten will die Verschuldung ausweiten.

    DIW-Chef Fratzer für Weidmann als neuen EZB-Chef

    Dem viel Gescholtenen zur Seite springt nun der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. „Jens Weidmann ist ein hervorragender Kandidat, der über viel Erfahrung verfügt, es würde der EZB gut tun“, sagte Marcel Fratzscher unserer Zeitung. Auch aus der Unternehmerschaft kommt Unterstützung. Der CDU-Wirtschaftsrat sprach sich jüngst für Weidmann aus. „Wir machen keinen Hehl daraus, dass für uns Jens Weidmann an der Spitze der EZB der Richtige wäre“, betonte Wirtschaftsrat-Präsident Werner Bahlsen.

    In der Tat hatte sich die Bundesbank unter Weidmann gegen das zentrale Instrument Draghis gestellt, mit der der Italiener 2012 das Auseinanderbrechen der Eurozone verhinderte. Sollten sich Spekulanten auf Krisenstaaten einschießen, will die EZB notfalls unbegrenzt Staatspapiere dieser Länder kaufen. Bisher kam das Programm nicht zur Anwendung. Zwischen 2015 und Ende 2018 wurde es von einem zweiten Anleihen-Programm überlagert, mit dem die EZB jeden Monat Staatstitel und Unternehmenspapiere in Milliardenhöhe auf die Bilanz nahm.

    Ohne Draghi wäre es zu tiefen Krise gekommen

    Sie hielt damit die italienische Regierung über Wasser, die die Zeit nutzen sollte, um wirtschaftsfreundliche Reformen ins Werk zu setzen. Geschehen ist wenig. Auch der Bundesfinanzminister profitierte von den geringen Aufschlägen und konnte Haushalte ohne Schulden fahren. Die Gekniffenen waren die Sparer, die keine Aktien kaufen wollten oder die sich keine Immobile leisten konnten. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass es ohne das Eingreifen Draghis zu einer tiefen Krise gekommen wäre, die wahrscheinlich viele Arbeitsplätze in Deutschland gekostet hätte.

    In Brüssel, wo die Personalie entschieden wird, macht der Rückhalt für den Deutschen wenig Eindruck. Weidmann sei in Italien, Spanien und Portugal nicht durchsetzbar, heißt es aus der Kommission. Frankreich wolle seinen eigenen Kandidaten an die Spitze setzen.

    Auch ein anderer Deutscher ist im Spiel

    Das Spiel für Deutschland ist dennoch nicht verloren. Als Ersatzkandidat, der in Europa akzeptabel wäre, gilt der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling. Der hat zwar keine Notenbank-Erfahrung, aber er gilt als stiller Arbeiter, der offen für Ideen ist. So kann sich Regling zum Beispiel eine europäische Arbeitslosenversicherung vorstellen.

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