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Europa: Portugals kleines Wirtschaftswunder

Europa

Portugals kleines Wirtschaftswunder

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    Portugals Regierungschef António Costa verbreitet Hoffnung.
    Portugals Regierungschef António Costa verbreitet Hoffnung. Foto: Mario Cruz, dpa

    Sogar Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble scheint überrascht, wie sich die Portugiesen aus dem Schuldental arbeiten. Im letzten Jahr hatte er noch gewarnt, dass die sozialistische Regierung von António Costa mit ihrer Lockerung des Sparkurses Portugal ruiniere und zurück in die Krise steuere. Nun soll Schäuble in der Runde des EU-Finanzministerrates seinen portugiesischen Kollegen Mário Centeno sogar „als Ronaldo des Ecofin“ gelobt haben.

    Nicht nur Schäuble ist offenbar davon angetan, wie die Portugiesen ihre Finanzhausaufgaben machen und ihr Haushaltsdefizit auf fast wundersame Weise senken. Auch Brüssel, das Lissabon vor einem Jahr noch mit Strafen drohte, übte sich dieser Tage im Schulterklopfen. Die EU-Kommission will Portugal damit belohnen, dass das EU-Defizitverfahren gegen das Land am Atlantik beendet wird.

    Die Bilanz Portugals kann sich sehen lassen: Finanzminister Centeno schaffte es, die Neuverschuldung von 4,4 Prozent im Jahr 2015 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes 2016 zu drücken – ein historischer Tiefstand. In 2010 wies Portugal noch ein Minus von über elf Prozent auf und rutschte damit in die Staatspleite. 2011 musste der Euro-Rettungsfonds die Südeuropäer mit einem Notkredit von 78 Milliarden Euro stützen.

    „Wir haben Grund, zufrieden zu sein“, freute sich Ministerpräsident Costa. Seiner sozialistischen Minderheitsregierung waren keine großen Erfolgschancen eingeräumt worden. Nun zeigt Costa, dass Haushaltsdisziplin und Sozialpolitik sehr wohl vereinbar sind. Ermutigt durch die guten Wirtschaftszahlen versprach Costa der Nation: „Wir werden auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen.“ Die Sanierung des Staatshaushaltes sei „der Verdienst aller Portugiesen“, die in den letzten Jahren eine „traumatische“ Zeit durchgemacht hätten. Die Gläubiger-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds hatte dem Land harte Auflagen gemacht: Steuern rauf, Staatsausgaben runter, Sparen bis zur Schmerzgrenze. Bis die ächzende Nation auf die Straße ging, „Troika raus“ rief und in der Parlamentswahl 2015 die damalige konservative Regierung in die Wüste schickte.

    Costa bemühte sich dann, die Lebensqualität der Portugiesen wieder zu erhöhen: Die Steuerlast wurde etwas verringert, einige soziale Wohltaten verteilt, ein Sparkurs light gefahren. Dass das Rezept aufging, hat Costa zweifellos auch der günstigen Konjunktur zu verdanken: Der Tourismus boomt wie noch nie. Die Urlaubsindustrie Portugals, das als sicheres Reiseland gilt, wuchs in 2016 um spektakuläre 13 Prozent, schob die Wirtschaft stärker als erwartet an und ließ die Steuereinnahmen sprudeln. Für 2017 wird ein stabiles Wachstum von mehr zwei Prozent erwartet. Die Arbeitslosigkeit, die auf dem Höhepunkt der Eurokrise bei 17,5 Prozent lag, ist inzwischen unter die Zehn-Prozent-Marke gefallen.

    Lediglich die hohen Schulden lassen die Ratingagenturen an der Erholung zweifeln. Die Einstufung der Staatsanleihen liegt daher immer noch knapp über dem Ramsch-Niveau. Mit 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hatte Portugal 2016 den dritthöchsten Schuldenberg der EU – nur Griechenland und Italien sind noch schlechter dran.

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