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Diskussion: Widerstand gegen Euro für alle

Diskussion

Widerstand gegen Euro für alle

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    Glaubt an mehr Europa und den Euro für alle EU-Staaten: Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
    Glaubt an mehr Europa und den Euro für alle EU-Staaten: Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Foto: Patrick Hertzog, afp

    Die Finanzminister der Eurozone haben zurückhaltend auf die Äußerungen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Erweiterung der Währungsunion reagiert. „Ich glaube nicht, dass Länder in diesen Prozess gezwungen oder gedrängt werden können“, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Freitag in Estlands Hauptstadt Tallinn. „Einige Länder arbeiten sehr hart daran, die Beitrittskriterien zu erfüllen. In anderen gibt es dazu im Moment kaum Ambitionen.“ Vertiefung und Erweiterung des Euroraums würden aber parallel weitergehen, betonte Dijsselbloem.

    Juncker hatte in einer Rede zur Lage der EU am Mittwoch in Straßburg darauf gedrungen, den Euro in allen EU-Ländern einzuführen. In den EU-Verträgen ist dies bereits vorgesehen – mit Ausnahme von Dänemark und Großbritannien. Die Länder müssen aber einige Beitrittskriterien erfüllen, so darf die Staatsverschuldung nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Die jährliche Neuverschuldung darf nicht über drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, Beitrittskandidaten müssten die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllen, sonst werde „die Stabilität der ganzen Währungsunion gefährdet“. Solange die Kriterien nicht erfüllt sind, sei es nicht im Interesse eines Mitgliedslandes, Teil der Währungsunion zu werden. Schäuble lobte Juncker aber auch dafür, dass er einen „großen Anstoß“ gemacht habe, um Europa voranzubringen.

    Junckers Initiative war zuvor teils auf Kritik gestoßen, weil es zwischen einigen Nicht-Euro-Ländern wie etwa Bulgarien und Rumänien und starken Euro-Staaten wie Deutschland und Frankreich erhebliche Unterschiede gibt. Zudem wollen einige Länder wie etwa Ungarn den Euro derzeit gar nicht.

    Nach Ansicht von Dijsselbloem wird es lange dauern, bis praktisch alle EU-Länder in den Euro eingebunden sind. „Es wird sehr von der Entwicklung in einigen – sagen wir – künftigen Eurozonen-Ländern sowie ihrer Bereitschaft zum Euro-Beitritt abhängen“, sagte er. „Ich glaube nicht, dass wir das von oben herab beschleunigen können.“

    Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire plädierte indes nachdrücklich für eine Vertiefung und Ausweitung des gemeinsamen Währungsgebiets. „Wir haben eine einzigartige Gelegenheit, mit der Integration der Eurozone voranzuschreiten“, sagte er. Die wirtschaftliche Situation in Europa sei nach Jahren der Krise endlich besser. Zuletzt wurde in vielen EU-Staaten wieder Wachstum verzeichnet. „Eine Erweiterung ist selbstverständlich möglich.“ Dazu müsse die Eurozone gestärkt werden. Ein fehlender Baustein in der Eurozonen-Integration ist die Vollendung der Bankenunion. In den vergangenen Jahren wurden bereits eine gemeinsame Aufsicht für die wichtigsten Geldinstitute im Euroraum und ein Abwicklungsmechanismus für mögliche Bankenausfälle eingerichtet. Angepeilt ist auch eine gemeinsame Einlagensicherung zum Schutz von Bankguthaben. Dieses Vorhaben kommt aber kaum voran, weil es gerade in Deutschland Widerstände gibt. Deutsche Banken und Sparkassen befürchten, dass mit ihren Geldern Schieflagen von Instituten in anderen Staaten finanziert würden.

    Juncker hatte auch das Amt eines EU-Finanzministers ins Spiel gebracht. Dieser Vorschlag wurde kritisch aufgenommen. „Wir sollten die Debatte damit beginnen, was der Eurozone fehlt, Widerstandsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Solidarität“, meinte Dijsselbloem. Anschließend könnte über institutionelle Änderungen gesprochen werden. „Es ist ein Titel, aber er sagt noch nicht viel über den Inhalt des Amts aus.“ (dpa, afp)

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