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Bankverband über Griechenland: Kostet der Staatsbankrott eine Billion Euro?

Bankverband über Griechenland

Kostet der Staatsbankrott eine Billion Euro?

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    Ist eine Pleite Griechenlands noch abwendbar? Manch einer hält einen Staatsbankrott inzwischen sogar für den einzig richtigen Weg. F
    Ist eine Pleite Griechenlands noch abwendbar? Manch einer hält einen Staatsbankrott inzwischen sogar für den einzig richtigen Weg. F Foto: dpa

    Für Griechenland läuft am Donnerstag die Frist für den Schuldenschnitt ab. Wie viele private Gläubiger tatsächlich teilnehmen werden, ist unklar. Athen gibt sich optimistisch - auch wenn Kosten von einer Billion Euro drohen.

    Staatsbankrott Griechenlands: Eine Billion Euro

    Ein Staatsbankrott Griechenlands könnte nach Einschätzung des Internationalen Bankenverbandes (IIF) die unvorstellbare Summe von über einer Billion Euro kosten. Das geht aus einem vertraulichen Schreiben des IIF vom Februar hervor, das die englischsprachige Athener Zeitung "Athens News" am Dienstag veröffentlichte. Die EU-Regierungschefs und ihre Finanzminister sowie Spitzenmanager von Banken hätten Kenntnis von dem Papier, hieß es.

    "Ein ungeordneter Ausfall griechischer Staatsschulden hätte einige sehr bedeutsame und schädliche Folgewirkungen", heißt es in dem Dokument. Vor allem dürften weitere Schäden für die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft des Euro-Sorgenkindes und erhebliche soziale Kosten zu befürchten sein. Bei einem Bankrott würden unter anderem Einbußen bei griechischen Schuldverschreibungen, Verluste der Europäischen Zentralbank (EZB), zusätzliche Hilfen für Portugal, Irland, Spanien sowie Italien und Rekapitalisierungskosten für Banken zu Buche schlagen.

    Zuversichtlich über Verlauf des Schuldenschnitts bei den privaten Gläubigern

    Es sei schwer, all diese Kosten präzise zusammenzuaddieren, ist in dem IIF-Papier weiter zu lesen. Es sei aber zu erwarten, dass sie die Marke von einer Billion Euro wohl überschreiten würden.

    Griechenlands Regierung zeigte sich am Dienstag erneut zuversichtlich über den Verlauf des Schuldenschnitts bei den privaten Gläubigern wie Banken, Versicherungen und Fonds. Um den Schuldenberg Athens zu verringern, sollen solche Gläubiger auf Forderungen an Athen in Höhe von 107 Milliarden Euro freiwillig verzichten. "Viele Halter von Staatsanleihen haben sich bereits gemeldet", sagte ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos in Athen. Genaue Zahlen nannte er nicht. Man sei optimistisch.

    Die Banken und auch andere Geldinstitute hätten eine "einmalige Chance" einen Schlussstrich unter der Ungewissheit zu ziehen. Hinter vorgehaltener Hand hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums, dass niemand riskieren werde, alles zu verlieren, sollte der angepeilte Schuldenschnitt nicht erfolgreich sein.

    Griechenland-"Troika" rechnet mit drittem Hilfspaket

    Chronologie: Die Finanz-Krise in Griechenland

    16. Dezember 2009 Ratingagenturen stufen Griechenlands Kreditwürdigkeit herab. Die Diskussion um Griechenland nimmt Fahrt auf: Spekulationen über eine Staatspleite beginnen, das Land muss zunehmend höhere Zinsen am Kapitalmarkt zahlen.

    25. März 2010 Die Lage spitzt sich zu: Die Euro-Länder sagen Athen vorsorglich ein Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu.

    23. April 2010 Griechenland droht akut die Insolvenz. Das Hilfsprogramm wird offiziell beantragt.

    2. Mai 2010 Die Eurogruppe beschließt Notkredite von 110 Milliarden Euro für Athen und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs. Die Hilfen kommen nicht aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF, der erst später unter dem Eindruck der eskalierenden Schuldenkrise im Euroraum aufgespannt wird.

    10. Mai 2010 Um die Schuldenkrise einzudämmen, einigen sich die EU-Finanzminister auf einen 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm (EFSF) für pleitebedrohte Mitglieder.

    16. Dezember 2010 Der EU-Gipfel beschließt das Aufspannen eines permanenten Rettungsschirms (ESM) für die Zeit ab 2013. Später wird der Start auf 2012 vorgezogen. Er soll mit 500 Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln ausgestattet werden. Mittlerweile wird eine Ausweitung diskutiert.

    25. März 2011 Ein EU-Gipfel verabschiedet ein Gesamtpakt zur Überwindung der Schuldenkrise. Dazu gehören der permanente Rettungsschirm, eine Schärfung des Stabilitätspakts und ein neuer «Euro-Pakt-Plus», mit dem sich die Regierungschefs zu Strukturreformen verpflichten.

    29. Juni 2011 Das griechische Parlament nimmt ein radikales Sparpaket der Regierung an - Voraussetzung für eine Teilzahlung aus dem Hilfspaket. Ohne die Hilfe wäre das Land zahlungsunfähig geworden.

    21. Juli 2011 Auf einem Sondergipfel einigt sich die EU auf ein neues Griechenland-Rettungsprogramm im Volumen von 109 Milliarden Euro. Das Programm wird so nie in die Tat umgesetzt und später deutlich nachgebessert.

    27. Oktober 2011 Die Euro-Länder und Banken einigen sich auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland und ein neues 130-Milliarden-Euro-Paket für Athen. Im Gegenzug gibt es neue harte Sparauflagen für Athen, die im Land zunehmend Proteste und Streiks provozieren.

    10. November 2011 Lucas Papademos, der ehemalige Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank, löst Giorgios Papandreou als Regierungschef ab. Er führt eine Übergangsregierung, die die drakonischen Sparmaßnahmen auf den Weg bringen soll. Ohne die kann weder frisches Geld fließen - noch das neue Hilfspaket aktiviert werden.

    30. Januar 2012 Auf dem EU-Gipfel in Brüssel einigen sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Fiskalpakt mit Schuldenbremsen und automatischen Sanktionen.

    12. Februar 2012 Das griechische Parlament billigt das einschneidende Sparpaket, das nach Forderung der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft werden muss.

    21. Februar 2012 Die Länder der Eurozone geben grünes Licht für das 130-Milliarden-Hilfspaket. Voraussetzung für eine endgültige Freigabe ist aber ein Erfolg des Schuldenschnittes.

    9. März 2012 Mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten verschafft sich Griechenland Luft im Dauerkampf gegen die Pleite. Nach bangen Monaten mit langwierigen Verhandlungen meldet Athen eine breite Beteiligung am Schuldenschnitt, der das Land um mehr als 100 Milliarden Euro entlasten wird. Die Euro-Finanzminister geben umgehend einen Teil des neuen 130-Milliarden-Hilfspakets frei.

    6. Mai 2012: Die Parlamentswahlen in Griechenland finden statt. Die Parteien können sich auf keine Regierungskoalition einigen.

    17. Juni 2012: Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen wird wieder in Griechenland gewählt. Sollte keine stabile und euro-freundliche Regierung zustande kommen, droht nach Expertenmeinung das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro.

    Und die Zeit läuft ab: Nach jetzigem Stand der Dinge werde das sogenannte Buch der Willigen zum Schuldenschnitt bis Donnerstag um 21.00 Uhr (MEZ) geöffnet sein, hieß es aus dem Finanzministerium. Dann wollen die zuständigen Entscheidungsträger in Athen und der Eurogruppe Bilanz ziehen. Am Freitag soll dann die Eurogruppe entscheiden, wie es weitergehen soll. Dann könnte auch die Entscheidung fallen, die sogenannten Zwangsklauseln (CACs) zu aktivieren. Damit könnten Gläubiger zum Forderungsverzicht gezwungen werden.

    Die internationalen Finanzkontrolleure halten nach "Spiegel"-Informationen ein drittes Milliarden-Rettungspaket für Griechenland für erforderlich. Wie das Magazin schreibt, ist aus Sicht der "Troika" von EU, EZB und IWF nicht garantiert, dass sich das von der Staatspleite bedrohte Euro-Land wie geplant schon 2015 wieder selbstständig Kredite besorgen kann. Deshalb habe Griechenland von 2015 bis 2020 möglicherweise einen "externen Finanzbedarf von bis zu 50 Milliarden Euro". Der Bundestag hatte erst Montag dem 130 Milliarden Euro schweren zweiten Hilfspaket zugestimmt. AZ, dpa

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