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Bankenmanager müssen zum Rapport: Um 55,5 Milliarden Euro verrechnet: Buchungs-Panne hat ein Nachspiel

Bankenmanager müssen zum Rapport

Um 55,5 Milliarden Euro verrechnet: Buchungs-Panne hat ein Nachspiel

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    Verlustreich: Die «Bad Bank» der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) bleibt noch ein Pulverfass für den Bund. Foto: Frank Leonhardt dpa
    Verlustreich: Die «Bad Bank» der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) bleibt noch ein Pulverfass für den Bund. Foto: Frank Leonhardt dpa

    Eine der größten Buchungspannen aller Zeiten senkt die deutsche Staatsverschuldung um 55,5 Milliarden Euro, sie wird aber für die verstaatlichte Hypo Real Estate ein Nachspiel haben. Vorstände der HRE und ihrer Bad Bank müssen bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Rapport erscheinen, wie das Ministerium am Sonntag bestätigte. Die Verantwortlichen der Bank sollten zudem dem Finanzausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen, betonte der CSU-Politiker Hans Michelbach. Das sei ein "unfassbarer Fehler".

    Der Milliardenbetrag war durch fehlerhafte Doppelbuchungen seit dem vergangenen Jahr bei der HRE-Bad-Bank, die FMS Wertmanagement heißt, entstanden. 2010 beliefen sich diese auf 24,5 Milliarden Euro, 2011 auf 31 Milliarden Euro, teilte das Finanzministerium mit. Der Fehler führt dazu, dass die zuviel verbuchten 55,5 Milliarden Euro die deutschen Staatsschulden mit einem Schlag um 2,6 Prozentpunkte auf 81,1 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung fallen lassen.

    Addieren und Subtrahieren verwechselt

    Die Pannen waren erst jetzt aufgefallen und wurden Anfang Oktober dem Finanzministerium gemeldet. Im Prinzip wurden im Computersystem Addieren und Subtrahieren verwechselt, so wurden etwa steigende Kursgewinne bei Papieren als Verlust verbucht und erhaltene Sicherheiten nicht von den Verbindlichkeiten abgezogen.

    Trotz der plötzlichen Senkung des Schuldenstands überwiegt der Ärger, denn der Vorgang wirft kein gutes Licht auf die dem Staat unterstehende Bank. "Ich erwarte von der Führung der Bank im Bundestagsfinanzausschuss eine lückenlose Aufklärung dieses unfassbaren Fehlers von mehr als 55 Milliarden Euro bei der Abwicklung der Hypo Real Estate", sagte der Unions-Finanzexperte Michelbach. Bankintern müssten Konsequenzen gezogen werden. "Das schließt personelle Konsequenzen ausdrücklich ein."

    Kein Einfluss auf den Bundeshaushalt

    Zum Vergleich: Die zu viel verbuchte Summe entspricht etwas mehr als einem Viertel der 211 Milliarden Euro, die Deutschland zum Euro-Rettungsfonds EFSF beisteuert und ist etwa das Doppelte der Neuverschuldung 2011. Da die Finanzierung der Bad Bank über einen Sonderhaushalt geführt wird, hat der Fehler keinen Einfluss auf den Bundeshaushalt, hier wird für das laufende Jahr eine Neuverschuldung von unter 30 Milliarden Euro erwartet. Daran ändert sich nichts. Der Sonderhaushalt finanziert sich selbst und beschafft sich Kredite.

    Möglich ist aber, dass nun insgesamt die Belastungen durch die HRE und ihre Bad Bank FMS Wertmanagement, in die 2010 Giftpapiere in Höhe von 175 Milliarden Euro ausgelagert worden waren, am Ende geringer ausfällt. Allerdings könnte es sein, dass der Bund schon in Kürze wieder einige Milliarden zuschießen muss, da die Bad Bank griechische Anleihen im Wert von 7,2 Milliarden Euro hält. Im schlimmsten Fall müsste sie die Hälfte davon abschreiben.

    SPD will eine lückenlose Aufklärung

    Mit dem neuen Schuldenstand liegt Deutschland immer noch weit über den Maastricht-Kriterien für Euro-Staaten von 60 Prozent Verschuldung gemessen an der eigenen Wirtschaftsleistung. "Ungeachtet der noch zu klärenden Ursachen für diese Korrektur begrüßt die Bundesregierung grundsätzlich jede Reduzierung des Maastricht-Schuldenstandes", betonte das Haus von Finanzminister Schäuble.

    Die SPD dringt auf lückenlose Aufklärung durch den Minister. "Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in einer Keksdose versteckt und vergisst", sagte

    Linke-Fraktionsvize Ulrich Maurer sprach von einem "weiteren Glied in einer langen Kette finanzpolitischer Fehlleistungen der Bundesregierung". Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick betonte: "Wenn eine Fehlbuchung in dieser Größe vorkommen kann, zeigt das, dass offenbar niemand einen wirklichen Überblick über diese riesigen Wertpapierbestände hat und jederzeit auch Überraschungen in die andere Richtung auftauchen können". Man brauche einen Finanzmarkt mit kleineren Instituten, "in denen Vorstände wieder einen Überblick haben über das, was sie in ihren Büchern haben". dpa

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