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BGH-Urteil: Bausparkassen dürfen gut verzinste Altverträge kündigen

BGH-Urteil

Bausparkassen dürfen gut verzinste Altverträge kündigen

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    Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bausparkassen dürfen gut verzinste Altverträge kündigen. Für die Sparenden hat das Folgen.
    Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bausparkassen dürfen gut verzinste Altverträge kündigen. Für die Sparenden hat das Folgen. Foto: Oliver Berg, dpa

    Für hunderttausende Bausparer ist es ein bitteres Urteil: Sie können nichts dagegen tun, wenn die Bausparkasse ihren lukrativ verzinsten Altvertrag kündigt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Dienstag entschieden, dass es nicht dem Sinn und Zweck des Bausparens entspricht, wenn ein Vertrag nur noch als Geldanlage genutzt wird. Deshalb können sich die Bausparkassen auf einen Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch berufen, der ihnen zehn Jahre nach Vertragsabschluss ein Kündigungsrecht zugesteht. Nicht alle Bausparer müssen sich aber Sorgen machen: Das Urteil betrifft nur all jene Verträge, die seit zehn Jahren zuteilungsreif und noch nicht vollständig bespart sind (lesen Sie dazu: Das bedeutet das BGH-Urteil für Bausparer).

    Seit 2015 haben Bausparkassen rund 250.000 solcher Verträge aufgelöst. Diese Kündigungen sind nach dem BGH-Urteil nun rechtens. Konkret haben die Richter zwar nur in zwei Prozessen entschieden, die die Bausparkasse Wüstenrot mit zwei gekündigten Kundinnen geführt hat. Der Richterspruch gilt aber als Grundsatzurteil, da der BGH als oberstes Zivilgericht die Linie für die gesamte deutsche Rechtsprechung vorgibt.

    Zinspolitik der EZB setzt Bausparkassen unter Druck

    Hintergrund der Kündigungswelle ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die den Bausparkassen massive Probleme bereitet – und ihr traditionelles Geschäftsmodell zur wirtschaftlichen Belastung macht. Denn ein Bausparvertrag war jahrzehntelang vor allem ein solides Darlehen zu verlässlichen Konditionen, mit dem ein Hausbau, ein Wohnungskauf oder eine Renovierung finanziert werden sollten. Weil die Zinsen momentan aber auf einem historischen Tiefstand sind, nehmen viele Bausparer das Darlehen gar nicht erst in Anspruch und nutzen den Altvertrag mit Zinsen von drei bis vier Prozent lieber als lukrative Sparanlage. Sie profitieren davon, dass viele Bausparkassen die Zinsen in besseren Jahren auf nahezu unbegrenzte Zeit festgeschrieben haben.

    Nach Ansicht der Bausparkassen widerspricht eine solche Nutzung des Bausparvertrags aber dem Kollektivgedanken, demzufolge der Bausparer zunächst Geld einzahlt, um danach ein Darlehen zu erhalten. Das Urteil sei deshalb „eine gute Nachricht für die Bauspargemeinschaft als Ganzes, die weiterhin auf die Stabilität dieses Systems vertrauen darf“, betont Andreas J. Zehnder. Der gebürtige Augsburger ist Vorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen.

    Verbraucherschützer kritisieren Praxis der Bausparkassen

    Für Verbraucherschützer ist das BGH-Urteil allerdings ein schwerer Rückschlag für Bausparer. „Verbraucher können sich jetzt offensichtlich nicht darauf verlassen, dass die Verträge einzuhalten sind“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er wirft den Bausparkassen vor, Kunden früher auch mit der Aussicht auf lukrative Zinsen zum Abschluss gelockt zu haben. Viele Kreditinstitute hätten ihren Kunden Bausparverträge demnach lange bewusst als Geldanlage verkauft – und nicht als günstig verzinstes Baugeld. „Jetzt wollen die Kunden die gute Geldanlage und der Wind hat sich gedreht“, kritisiert er.

    Experten gehen davon aus, dass sich Bausparer nun auf weitere Kündigungen einstellen müssen. Ein genauer Blick auf das Schreiben kann sich aber dennoch lohnen: „Wir raten, die Kündigungen nach wie vor zu überprüfen“, sagt Ines Straubinger von der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Bergdolt. Denn es komme immer wieder vor, dass Bausparkassen einen Fehler bei der Zuteilungsreife machen oder bestimmte Fristen nicht einhalten. In diesen Fällen kann eine Kündigung ungültig sein.

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