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Würzburg: Weltfrauentag in Würzburg: 5 starke Frauen sprechen über Beruf, Familie und die Ungerechtigkeiten, die sie erleben

Würzburg

Weltfrauentag in Würzburg: 5 starke Frauen sprechen über Beruf, Familie und die Ungerechtigkeiten, die sie erleben

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    Fünf Frauen beziehen Stellung zum Thema Gleichberechtigung, von links Gerda Stapf, Katharina Ganz, Fatim Dao, Lisa Kämpf-Dirks und Sophie Rumpel.
    Fünf Frauen beziehen Stellung zum Thema Gleichberechtigung, von links Gerda Stapf, Katharina Ganz, Fatim Dao, Lisa Kämpf-Dirks und Sophie Rumpel. Foto: Thomas Obermeier, Katharina Gebauer, Patty Varasano

    Sexismus und Rassismus, immer noch fehlende Angleichung der Gehälter sowie der große Spagat zwischen Beruf und Familie: Ist die Gleichberechtigung in der Gesellschaft wirklich angekommen?  Zum Internationalen Weltfrauentag - bei manchen auch Feministischer Kampftag genannt - am 8. März haben wir fünf starke Frauen aus der Region Würzburg mit ganz unterschiedlichen Hintergründen befragt, ob sie sich gleichberechtigt fühlen, und was ihrer Ansicht nach noch dringend getan werden muss, um die Frauenrechte zu stärken.

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    aus Würzburg, Mutter von vier Kindern und berufstätig

    Was bedeutet für Sie Gleichberechtigung und fühlen Sie sich gleichberechtigt?

    Lisa Kämpf-Dirks: Bis ich Mutter wurde, fühlte ich mich gleichberechtigt, sowohl gesellschaftlich als auch in meiner Partnerschaft. Erst als Care-Arbeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Thema wurde, wurden mir viele Ungerechtigkeiten bewusst. Eltern-sein bedeutet, dass Opfer gebracht werden müssen, körperlich, mental, finanziell und beruflich, ich kenne keine Familie, bei der das gerecht aufgeteilt wurde. Da fühlt man sich auch von der Gesellschaft schon oft im Stich gelassen.

    Mit welchen Herausforderungen haben/hatten Sie als Frau zu kämpfen?

    Kämpf-Dirks: Mein Mann und ich haben uns immer bemüht eine gleichberechtigte Elternschaft zu leben, jedoch wurden uns viele Glaubenssätze erst nach und nach bewusst. Diese fördern leider eine Ungleichbehandlung von Frauen. Ich finde es wahnsinnig anstrengend, mich von diesen patriarchalen Gedanken zu verabschieden und gegen Widerstand mein Recht einzufordern.

    Glauben Sie, es muss noch etwas getan werden, um die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern?

    Kämpf-Dirks: Absolut! Vor allem muss ein Bewusstsein geschaffen werden für viele Diskriminierungen, die uns ganz selbstverständlich erscheinen. Besonders gefährlich finde ich dabei Argumentationen, die auf die Natur der Frau und ihrer angeblichen Freude an Aufopferung abzielen. Das muss ich leider schon bei meinen Töchtern beobachten, die, anders als mein Sohn, von vielen Seiten ganz selbstverständlich zu sozialem und altruistischem Verhalten aufgerufen werden.

    Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein?

    Kämpf-Dirks: Ich bin wirklich gerne Mutter und ich freue mich über die engen Verbindungen zu meinen Freundinnen, Schwestern, meiner Mutter und meiner Schwiegermutter. Diese besondere Art sich zu unterstützen und Gemeinschaft zu teilen, ist etwas ganz Besonderes. Wir sollten uns das viel häufiger bewusst machen und Kolleginnen, andere Mütter und Frauen in unserem Umfeld mehr unterstützen.

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    , Mutter eines fünf Monate alten Jungen und für das Studium nach Deutschland gekommen

    Was bedeutet für Sie Gleichberechtigung und fühlen Sie sich gleichberechtig?

    Fatim Dao: Für mich bedeutet Gleichberechtigung, dass Frauen, egal welcher Herkunft, Religion, Hautfarbe oder sozialem Status die gleichen Rechte, Chancen und dieselbe Anerkennung bekommen, wie jede andere Person in unserer Gesellschaft. Leider fühle ich mich selbst nicht immer gleichberechtigt, denn auch heute gibt es noch strukturelle Ungleichheiten und Diskriminierung

    Mit welchen Herausforderungen haben/hatten Sie als Frau zu kämpfen?

    Dao: Als PoC-Frau (Anmerk. d. Red.: PoC kommt aus dem englischen "Person of Colour" und ist eine Selbstbezeichnung für Menschen, mit nicht weißer Hautfarbe) habe ich mit vielen persönlichen Herausforderungen zu kämpfen, darunter Rassismus und Sexismus. Ich erlebe also oft eine doppelte Diskriminierung aufgrund meines Geschlechtes und meiner ethnischen Zugehörigkeit. Als Studentin, die nach Deutschland gekommen ist, sind auch der Zugang zu Bildung, Beschäftigungsmöglichkeiten und angemessene Gesundheitsversorgung immer wieder Probleme, denen ich mich stellen muss.

    Glauben Sie, es muss noch etwas getan werden, um die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern?

    Dao: Ja, definitiv. Obwohl schon viele Fortschritte erzielt wurden, gibt es noch viel zu tun – gerade um die Stellung von PoC-Frauen in unserer Gesellschaft zu verbessern. Dazu braucht es eine Veränderung gesellschaftlicher Strukturen, um Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für alle zu ermöglichen.

    Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein?

    Dao: Das Schöne daran eine PoC-Frau zu sein ist die Stärke, Widerstandsfähigkeit und Vielfalt, die wir mitbringen. Wir haben eine reiche kulturelle Geschichte und eine starke Gemeinschaft, die uns unterstützt und inspiriert. Trotz der Herausforderungen sind wir in der Lage unsere Stimme zu erheben und positive Veränderungen in der Welt herbeizuführen.

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    , Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen

    Was bedeutet für Sie Gleichberechtigung und fühlen Sie sich gleichberechtigt?

    Katharina Ganz: In der Gesellschaft und in Unternehmen stoßen Frauen oft an eine gläserne Decke, wenn sie Führung wahrnehmen wollen. In der katholischen Kirche liegt die Letztverantwortung immer bei geweihten Männern. Hier empfinde ich den Unterschied bei den Geschlechtern besonders stark.

    Was sind Ihre persönlichen Herausforderungen mit denen Sie als Frau zu kämpfen haben/hatten?

    Ganz: Ich setze mich für Geschlechtergerechtigkeit vor allem in der katholischen Kirche ein. Denn Frauen werden aufgrund ihres Geschlechts nicht geweiht und können nicht die Sakramente spenden. Das ist ungerecht und diskriminierend.

    Glauben Sie, es muss noch etwas getan werden, um die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern?

    Ganz: Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer. Sie übernehmen oft die Hauptsorge für Kinder und zu pflegende Eltern. Deshalb leiden sie besonders im Alter häufiger unter Armut. Auch Alleinerziehende haben es sehr schwer. Und das sind meistens Frauen.

    Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein?

    Ganz: Ich hatte es als Mädchen und Frau nicht immer leicht, bin aber durch manche Herausforderungen gewachsen und möchte heute kein anderer Mensch sein als die (Ordens-)Frau, die ich bin.

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    , Transfrau, Jugendsekretärin bei der DGB-Jugend Bayern und Sprecherin für Feminismus bei den Jusos Bayern

    Was bedeutet für Sie Gleichberechtigung und fühlen Sie sich gleichberechtigt?

    Sophie Rumpel: Gleichberechtigung bedeutet für mich mehr, als auf dem Papier dieselben Rechte zu haben. Die rechtlichen Grundlagen gibt es zum Beispiel mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Aber gesellschaftlich gesehen bin ich nicht gleichberechtigt. Da gibt es immer noch Diskriminierung. Das ist allerdings oft schwierig nachzuweisen, weil die Personen meistens nicht offen sagen, dass ich zum Beispiel für eine Stelle oder ein Amt abgelehnt wurde, weil ich eine Frau bin oder eine Transperson.

    Was sind Ihre persönlichen Herausforderungen, mit denen Sie als (Trans-)Frau zu kämpfen haben?

    Rumpel: Als Transfrau stehst du immer ein bisschen zwischen den Stühlen. Einerseits wirst du von Männern diskriminiert, weil du eine Frau bist. Anderseits wirst du von Frauen diskriminiert, weil du eine Transfrau bist. Vor etwa zwei Jahren saß ich zum Beispiel in einem Vorstellungsgespräch. Dort wurde mir dann gesagt: "Grundsätzlich sind Sie perfekt geeignet für die Stelle, aber weil Sie eine Transfrau sind, wird das Thema 'Transgender sein' immer im Fokus stehen und nie Ihre inhaltliche Arbeit." Deshalb wurde mir abgesagt.

    Glauben Sie, es muss noch etwas getan werden, um die Stellung von Frauen in der Gesellschaft zu verbessern?

    Rumpel: Es muss definitiv etwas getan werden. Als Gewerkschafterin denke ich erstmal an Equal Care, Equal Pay, an Quotenregelungen für diverse Gruppen. Aber auch daran, dass Frauenberufe grundsätzlich schlechter bezahlt werden. Außerdem müssen wir noch deutlicher machen, dass es Transpersonen nicht darum geht, den Platz für Frauen kleiner zu machen, sondern darum, mehr Platz für alle zu schaffen.

    Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein?

    Rumpel: Für mich ist das Schöne, dass innerhalb von vielen Frauennetzwerken eine krasse Solidarität und Zusammenarbeit da ist. Zum Beispiel bei Missmutig (Anmerkung der Redaktion: Queerfeministische Gruppe in Würzburg) sind ganz unterschiedliche Menschen dabei, die ihre eigenen Geschichten mitbringen. Trotzdem schaffen wir es Projekte, wie die queerfeministischen Aktionstage, zu organisieren.

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    , ehemalige Inhaberin des Salons Friseur und Cosmetic Stapf in der Sanderau

    Was bedeutet für Sie Gleichberechtigung und fühlen Sie sich gleichberechtigt?

    Gerda Stapf: Ja, ich fühle mich im Großen und Ganze gleichberechtigt. Ich finde, dass im Vergleich zu früher die Gleichberechtigung ein großes Stück vorangeschritten ist. Das sehe ich sehr positiv, denn in meiner Jugend beispielsweise hatten es Mädchen und Frauen noch um einiges schwerer, selbstbewusst ihren Weg zu gehen.  

    Was sind Ihre persönlichen Herausforderungen, mit denen Sie als Frau zu kämpfen haben oder hatten?

    Stapf: Ich habe 42 Jahre lang meinen Salon Friseur und Cosmetic Stapf betrieben und habe dadurch auch viele Herausforderungen gemeistert. Ich war zum Beispiel die Erste in Bayern, die Friseur, Füße und Kosmetik in einem gemacht hat. Das war nicht leicht durchzusetzen damals. Mir fallen aber sonst keine Situationen ein, in denen ich mich als Frau angefeindet gefühlt hätte. Sicher, Neider hat es immer gegeben, aber darauf muss man nicht eingehen. Ich habe mein Ding gemacht. Ich bin ein zufriedener Mensch, was die anderen so machen und denken, das hat mich nicht so sehr interessiert.   

    Glauben Sie, es muss noch etwas getan werden, um die Stellung von Frauen in der Gesellschaft zu verbessern?

    Stapf: Die Bezahlung von Frauen in höheren Positionen ist oftmals noch nicht angeglichen. Das sollte sich auf jeden Fall ändern. Auch die Doppelbelastung, die Frauen oft haben, Beruf und Kinder in Einklang zu bringen, sollte mehr gewürdigt werden. Die Männer machen zwar viel mehr als früher im Haushalt und der Kindererziehung, angeglichen ist es meiner Meinung nach trotzdem noch nicht.     

    Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein?

    Stapf: Ich erlebe Frauen oft als offener und flexibler als Männer. Es ist aber auch schön, dass man als Frau so viele Möglichkeiten hat, sich schön zu kleiden, schöne Frisuren zu machen, ja, sich einfach herzurichten. Das mache ich heute genauso gerne wie früher. Frau kann Frau sein - das genieße ich.  

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