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Olympia 2024: „Du fährst hier einfach nur Skateboard“

Olympia 2024

„Du fährst hier einfach nur Skateboard“

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    Tyler Edtmayer skatete in Paris, verpasste aber das Finale.
    Tyler Edtmayer skatete in Paris, verpasste aber das Finale. Foto: Leonie Horky, Witters

    Was an vielen Stellen aufgesetzt und künstlich wirkt, ist beim Skateboarden genau richtig. All die dröhnende Musik, die überdrehten Sprecher, die das Publikum vor den Wettbewerben anheizen sollen. Das Geklatsche und Gejohle. Beim Bogenschießen eher unpassend, hier aber Teil des Sports.

    Und weil das so ist, wirkt es fast schon zurückhaltend, wenn die Skater die Szenerie betreten. Plötzlich rollen ein paar Jungs mit Knieschonern und Helmen rein, sollen durch den Park und dann geht’s auch schon los, an diesem Mittwochvormittag. Vorrunde der Skateboarder im Park. Mittendrin: Tyler Edtmayer vom FSV Inningen, einem Ortsteil im Süden von Augsburg.

    In Tokio fuhr Edtmayer mit gebrochenem Handgelenk

    Der 23-Jährige war auch schon in Tokio dabei, als die Skateboarder ihre Olympia-Premiere feierten. Vor drei Jahren hatte er sich im letzten Training das Handgelenk gebrochen, war dann mit Gips aber trotzdem an den Start gegangen. In Paris schafft es Edtmayer ohne Unfall durch die Vorbereitung. Diesmal wollte er zeigen, was er kann. „Aber obwohl es der Contest mit dem meisten Druck ist, konnte ich gestern gut einschlafen, konnte heute Früh gut essen und hatte die ganze Zeit gute Laune. Ich habe es ja hierher geschafft und ich dachte mir: Egal, wie ich fahren werde, ich werde einfach die geilste Zeit haben, die für mich möglich ist.“

    Das gelang. Edtmayer zeigte erst einen Sicherheitslauf, um eine Wertung stehen zu haben. Dreimal dürfen die Sportler starten und innerhalb von 35 Sekunden so viele Tricks wie möglich zeigen. Jeder Skater stellt sich seinen Run selbst zusammen. Dabei kommt es auch auf den Gesamteindruck an. Am Ende steht eine Punktzahl der Wertungsrichter. Der beste der drei Läufe zählt. Für Edtmayer standen am Ende 78,20 Punkte, Platz 17 im Feld der 22 Starter. Das Finale hatte er damit verpasst. Dafür wären mindestens 88,98 Zähler nötig gewesen, die der achtplatzierte Brasilianer Augusto Akio sammelte. Am Ende gewann der Australier Keegan Palmer mit 93,11 Punkten.

    Innerhalb der Skateboard-Szene ist Olympia umstritten

    Für Edtmayer spielt das aber keine Rolle. Unter Skatern ist der Konkurrenzkampf (noch) nicht besonders ausgeprägt, auch nicht bei Olympischen Spielen. Jeder gönnt dem anderen seine Leistung. Spektakuläre Tricks werden von allen abgefeiert. Als die Sportart olympisch wurde, war innerhalb der Szene eine Art Glaubenskrieg entbrannt. Viele lehnten und lehnen Olympia ab. Das Regelwerk, die Punkte, die Siegerlisten - all das widerspricht dem Freiheitsgefühl jener, die einfach nur skaten wollen. Trotzdem oder gerade deshalb ist Skateboard ein Highlight der Olympischen Spiele und wird voraussichtlich auch in vier Jahren in Los Angeles Teil des Programms sein.

    Wenn Edtmayer über Olympia spricht, kommt er schnell ins Schwärmen und je mehr er schwärmt, desto mehr Anglizismen mischen sich in seine Ausführungen. Es folgen sechs Sätze Begeisterung: „Du kommst aus diesem relativ dunklen Raum, in dem wir 20 Minuten warten mussten, rein in diese Atmosphäre. Dann bist du in diesem Park, überall um dich herum Zuschauer, unglaublich hell. Dann bist du erst geflasht, musst das aber so annehmen. Du hast den Vibe gemerkt, der Vibe ist richtig cool. Die Crowd ist richtig cool. Es ist so geil, dass ich eigentlich die ganze Zeit ein innerliches Grinsen in der Fresse hatte.“

    Das IOC will für die Jugend attraktiv sein

    So ging es ganz offensichtlich auch den anderen Fahrern, die an diesem sonnigen Mittwochmittag ihr Können zeigten. Auf den Tribünen herrschte beste Stimmung. Es ist nicht mehr so drückend heiß in Paris, ein leichter Wind wehte über den Place de la Concorde, wo die riesigen Anlagen für Skateboard, BMX und 3x3-Basketball aufgebaut sind. Das IOC will mit diesen Sportarten auch für die Jugend attraktiv bleiben oder werden. Sportler wie Edtmayer verkörpern dieses Vorhaben. Seine Nervosität habe er mit einem einfachen Trick bekämpft. „Ich habe mir gesagt: Egal, was ist, du fährst hier einfach nur Skateboard. Du hast den ganzen Park für dich alleine. Du hast Leute, die wollen geiles Skaten sehen. Okay, dann will ich denen auch geiles Skaten zeigen.“ Jeder habe da seine eigenen Strategien. Viele schotten sich ab und laufen mit Kopfhörern herum. Ein Brasilianer jonglierte in den Katakomben mit Keulen. „Ich rede immer so viel Blödsinn wie möglich, damit ich mich abkapseln kann von der Ernsthaftigkeit der Situation“, erzählt Edtmayer mit einem breiten Grinsen im Gesicht und man glaubt es ihm sofort.

    Auf den letzten Drücker war er im letzten Qualifikationswettkampf noch in das Starterfeld für Paris gerutscht. Der Modus ist kompliziert. Auch Edtmayer hatte das Thema schon abgehakt. „Ich dachte, ich bin draußen. Mein Name stand erst nicht auf der Liste. Aber dann hat es doch noch geklappt.“ Er will noch bis zur Schlussfeier in Paris bleiben. „Ich freue mich darauf, das alles zu genießen - ohne die ganze Zeit im Hinterkopf zu haben, dass ich noch einen Contest fahren muss.“

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