Deutschlands Handballer haben die EM-Festtage in Köln mit einem Zitter-Sieg gegen Island eingeläutet und die Hoffnungen auf ein neues Wintermärchen geschürt. Zum Hauptrunden-Auftakt setzte sich die DHB-Auswahl gegen das Heimatland von Bundestrainer Alfred Gislasons in einem hart umkämpften Spiel 26:24 (11:10) durch und feierte damit einen wichtigen Sieg auf dem Weg ins Halbfinale. Vor 19.750 Zuschauern in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena war Führungsfigur Juri Knorr mit sechs Treffern bester deutscher Werfer.
Zuvor hatte sich am Donnerstag Olympiasieger Frankreich gegen Kroatien knapp mit 34:32 durchgesetzt und mit 4:0 Punkten die Tabellenführung in der Gruppe I übernommen. Wie der Rekord-Weltmeister ist auch Österreich weiter ungeschlagen. Die Österreicher, am Samstag nächster Gegner der DHB-Auswahl, gewannen gegen Ungarn mit 30:29 und verfügen über 3:1 Punkte.
Deutschland gegen Island: Falsche Hymne abgespielt
Das für Gislason "besondere und emotionale Duell" hatte mit einer Panne begonnen. Aus den Lautsprechern ertönte zwar die isländische Hymne, allerdings aufgrund technischer Probleme verzerrt. Beim zweiten Versuch klappte es und auch Gislason sang mit. "Ich bin zwar Isländer, aber ich arbeite mit der deutschen Mannschaft und liebe dieses Team", hatte der 64-Jährige vor dem Anpfiff klargestellt.
Doch seine Mannschaft tat sich gegen Islands bewegliche Rückraumspieler zunächst schwer und lief bis zur 13. Minute einem Rückstand hinterher. Auch gegen den robusten Ex-Kieler Aron Palmarsson, der im Eins-gegen-Eins kaum zu verteidigen war, fand das DHB-Team in der Anfangsphase keine Mittel.
Wolffs Paraden als Lebensversicherung
Deutschland brauchte die Heim-Kulisse, Linksaußen Rune Dahmke forderte die Menge zu noch mehr Unterstützung auf. Dass die deutsche Mannschaft zu diesem Zeitpunkt nicht noch deutlicher zurücklag, lag an Torhüter Andi Wolff, der sein Team mit starken Paraden im Spiel hielt. In der 14. Minute ging die DHB-Auswahl erstmals in Führung (6:5) und brachte den Kölner Hexenkessel zum Überkochen.
Deutlich unkonzentrierter als Wolff agierten seine Vordermänner, die Mitte der ersten Halbzeit gleich vier Angriffe verschenkten. Vor allem EM-Neuling Martin Hanne zeigte sich bei seinen Abschlüssen aus dem Rückraum viel zu ungeduldig. "Es ist ein sehr unangenehmes Spiel, weil die Isländer eine sehr aggressive, offensive Abwehr spielen, die uns am Spielfluss hindert. Was natürlich fehlt, ist unser Tempospiel. Wir müssen mit noch mehr Risiko ins Tempospiel gehen", forderte DHB-Sportvorstand Axel Kromer zur Pause.
Gislason verzweifelt an der Seitenlinie
Doch seine Ansprache zeigte keine Wirkung. Im Gegenteil, Deutschland machte nach Wiederanpfiff so weiter, wie es aufgehört hatte - mit starken Reflexen von Wolff und schwachen Würfen aufs gegnerische Tor. Gislason verzweifelte an der Seitenlinie. Seine Miene verbesserte sich erst, als Rechtsaußen Timo Kastening mit sehenswerten Drehern zum 16:14 stellte.
Doch das deutsche Spiel blieb zu zerfahren. 14 Minuten vor Schluss konnte Island zum 16:16 ausgleichen und ging wenig später sogar wieder in Führung. Unmittelbar zuvor hatte Spielmacher Knorr einen Siebenmeter versemmelt. Die Schlussphase wurde endgültig zum wilden Handball-Krimi. Wolff parierte kurz vor Schluss beim Stand von 24:22 einen Siebenmeter. Und das Gleiche machte er wenig später beim Stand von 24:23. In Unterzahl retteten die Deutschen letztlich den Sieg. (dpa)