"Blüh im Glanze dieses Glückes", so schmetterten es Zehntausende deutsche Fans bei der Nationalhymne ins Stuttgarter Stadionoval hinein. Die Fußball-Glückseligkeit hält bei dieser Heim-Europameisterschaft an. Dem 5:1-Auftaktsieg gegen Schottland ließ das DFB-Team am Mittwochabend ein 2:0 (1:0) gegen Ungarn folgen. Erst traf Jamal Musiala (22.), dann Ilkay Gündogan (67.). In der Vorrundengruppe A steht also die optimale Punkteausbeute von sechs Zählern zu Buche. Das EM-Achtelfinale ist damit turnierrechnerisch sicher erreicht.
Es war allerdings viel mehr Arbeit nötig als in der ersten Partie in München. Dieser Gegner war phasenweise gar nicht harmlos, forderte Julian Nagelsmanns Auswahl und sorgte für brenzlige Situationen.
Deutschland im Achtelfinale: Musiala mit dem 1:0 - Neuer rettet nach Freistoß
Doch in der 22. Minute sorgte Jamal Musiala, Jamal Musiala, der gegen Schottland das 2:0 geschossen hatte, für den 1:0-Führungstreffer. Das Tor wurde erst möglich durch den enormen Behauptungswillen von Teamkapitän Ilkay Gündogan, der im ungarischen Strafraum den Ball eroberte. Ein Rempler gegen Willi Orban war für den VAR nicht genug. Der Treffer zählte.
In der 26. Minute sorgte Manuel Neuer dafür, dass es nicht 1:1 stand. Er parierte einen Freistoß von Dominik Szoboszlai und war auch danach mit dem langen Bein da, um den freien Ball zu bereinigen. Der erneut starke Jamal Musiala erzielte dann beinahe das deutsche 2:0 (44.), sein Schuss ging ganz knapp neben dem rechten Pfosten ans Außennetz.
Als schon die zweite Minute der Nachspielzeit lief, jubelten die Ungarn. Der Ball war im deutschen Tor gelandet. Aber: Abseits. Schlussmann Neuer hatte erst gerettet, als Orban eine Freistoßflanke verlängerte, den Abpraller nutzte der Freiburger Stürmer Roland Sallai. Die VAR-Prüfung bestätigte den Linienrichter, das Tor war nicht regelkonform.
DFB-Kapitän Gündogan erzielt das 2:0 gegen Ungarn
In der 60. Minute köpfte Ungarns Mittelstürmer Barnabas Varga übers deutsche Tor. In der zweiten Halbzeit waren offensive Höhepunkte seltener. Aber Ilkay Gündogan schoss dann das 2:0 (67.). „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten die euphorischen deutschen Fans. Doch bin zum dortigen EM-Finale ist es noch ein weiter Weg.
Bundestrainer Julian Nagelsmann wollte nach dem Auftakterfolg gegen Schottland unbedingt einen Sieg nachlegen. „Es ist schon ein Projekt, das wir haben bei der EM. Und da bringt es uns nichts, nur das Eröffnungsspiel zu gewinnen und danach die Handbremse reinzuhacken“, sagte er. Aber da quietschten keine Bremsen. Das Projekt läuft, der Titeltraum lebt.
DFB-Sportdirektor Rudi Völler sagte: „Wir wollen in jedem Fall Gruppensieger werden.“ Dortmund, Stuttgart, München wären dann die weiteren Zwischenstationen auf dem weiteren Turnierweg bis zum finalen Ziel Berlin.
Manuel Neuer zieht mit Buffon-Rekord gleich
Never change a winning team. Die deutsche Startelf blieb nach dem 5:1 gegen Schottland unverändert. Denn, so der Bundestrainer, die Leistung „stimmte bei allen elf Spielern von Beginn an. Aber auch eben bei allen, die eingewechselt wurden. Sprich, auch die haben ihre Rollen und ihre Jobs gut erfüllt.“ Auch diesmal geizte Nagelsmann nicht mit seinen Wechselmöglichkeiten, ließ zum Beispiel den Stuttgarter Offensivmann Chris Führich statt Musiala auf den Stuttgarter Rasen (72.), dann auch VfB-Stürmer Deniz Undav (84.). Das gefiel den heimischen Zuschauern sehr.
Torhüter Manuel Neuer bestritt gegen Ungarn seinen bereits 17. EM-Einsatz, damit zog der 38-Jährige mit dem italienischen Torwart-Rekordhalter Gianluigi Buffon gleich.
Schreckmoment direkt nach Anpfiff
Ihn darf das stolz machen. Die Fans in Stuttgart hatten Freude am Sieg und der deutschen Leistung. „Für mich ist immer der erste Schritt, dass wir eine Art und Weise von Fußball zeigen, die Spaß macht. Ein Ticket kostet Geld. Der Aufwand, den die Fans auf sich nehmen, muss zurückgezahlt werden durch einen Fußball, der Spaß macht, der entertainen soll“, sagte der Bundestrainer.
Rechtsverteidiger Joshua Kimmich, der nach ganz wenigen Spielsekunden mit einem zu kurzen Rückpass für einen Schreckmoment sorgte, durfte am Schluss lächelnd den Fans zuwinken und sich freuen auf eine entspannte Rückkehr ins DFB-Camp in Herzogenaurach. „Das ist einfach sehr viel schöner, wenn man den Tag nach dem Spiel gemeinsam genießen kann – und die Familie nicht zum Trösten kommen muss.“ Kimmich gönnt den deutschen Fans nach den Murksturnieren 2018, 2021 und 2022 jede Freude. „Ich glaube, wir sind noch nicht ganz so weit, dass sich jeder wieder traut, die Fahne rauszuhängen, aber dass das Land wieder anfängt mitzufiebern, das merken wir auch.“