Lewis Hamilton hat sich daran gewöhnt. Immer wieder muss er in den vergangenen Jahren nach Formel-1-Rennen unangenehme Fragen beantworten. Der Engländer erledigt das meist souverän, manchmal aber ist auch ihm der Frust anzumerken. Am Sonntag war so ein Moment nach dem Grand Prix von Ungarn, als der Rekordweltmeister erklären musste, weshalb er trotz Startplatzes eins am Ende nicht bei der Siegerehrung auf dem Podium stand. Vierter war Hamilton geworden, was nach keiner ganz schlechten Platzierung klingt. Aber eben nicht, wenn die Qualifikation eigentlich richtig gut war und für andere Erwartungen gesorgt hatte.
Hamilton also stand bei den Gesprächen mit den Journalisten und rang nach Worten. Er sprach davon, dass es kein großartiger Start von ihm gewesen war. Unmittelbar nach Rennbeginn hatte er Platz eins schon verloren, es kam gar noch schlimmer, als er plötzlich nur noch auf Rang vier lag. Danach fehlte ihm zunächst das Tempo, um mit den Konkurrenten mitzuhalten. Er hatte mit Untersteuern zu kämpfen, später mit Übersteuern. Die Balance in der Kurve passte nicht, alles in allem eine wenig vielversprechende Beschreibung seines Dienstfahrzeugs. Erst zum Ende hin wurde es deutlich besser, Hamilton holte noch einmal mächtig auf. Mehr als Rang vier wurde es aber nicht mehr.
Mercedes hätte als Team einen besseren Job machen müssen
Auch Hamiltons Chefs Toto Wolff erschien entsprechend wenig euphorisch bei den Gesprächen. Er hatte zwar den Eindruck, dass der Mercedes das zweitschnellste Auto im Feld gewesen sei, „aber das hat sich nicht im Ergebnis niedergeschlagen“. Weil zu viele Fehler über das Wochenende passierten. Bei Hamilton im Rennen, vor allem durch den schlechten Start. Bei seinem Teamkollegen George Russell bereits in der Qualifikation. „Wir gehen mit dem Gefühl nach Hause, dass wir als Team einen viel besseren Job hätten machen können“, sagte der leitende Ingenieur Andrew Shovlin.
Vor allem der Abstand zu Red Bull frustriert das Mercedes-Team nach wie vor erheblich. „Wir sind nicht hier, damit wir um den zweiten Platz kämpfen können“, sagte Toto Wolff. Der Teamchef fügte noch an. „Das Ziel ist es, an die Spitze zu kommen, und davon waren wir heute weit entfernt.“ Weil Max Verstappen allen enteilt ist. Auch seinem Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez. Aber auch, weil die Mercedes-Superhirne erst nach und nach Verbesserungen am eigenen Auto ermöglichen. Die Poleposition von Hamilton war ein Hinweis auf Fortschritte. Mehr aber auch nicht.
Hamilton ist davon überzeugt, durch weiteres konsequentes Arbeiten irgendwie die Lücke zum Weltmeister schließen zu können. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Der 38-Jährige muss als Routinier im Team Optimismus verbreiten. Er hat als siebenfacher Titelträger nicht nur die deutlich besseren Zeiten der Silberpfeile erlebt, sondern auch stark geprägt. Daran möchte der Engländer wieder anknüpfen. Möglichst zeitnah natürlich, aber wenn nicht anders möglich, „dann eben im nächsten Jahr“, so Hamilton.
Bei Hamiltons Vertragsverlängerung sind nur noch Details zu klären
Damit lieferte er einen weiteren Hinweis, dass sein Ende des Jahres auslaufender Vertrag bald verlängert wird. Am Samstag sagte Hamilton beim britischen TV-Sender Sky, dass im Prinzip alles geklärt sei. „Es geht nur noch um Details, eine Sache zwischen den Anwälten beider Seiten“, erzählte der Rekordweltmeister. Und: „Wir sind sehr nahe dran. Aber wann genau alles vollzogen ist, kann ich euch nicht sagen.“ Ein Rennen steht vor der Sommerpause am Sonntag in Belgien noch auf dem Programm.
Auch die Mercedes-Verantwortlichen bestätigten, dass der Vertrag mit Hamilton verlängert werde. Wolff sprach von „erledigten“ Verhandlungen. Unterschrieben sei zwar noch nichts, „aber emotional haben wir es getan“, so der Österreicher. Unklar ist aber nach wie vor, wie lange Hamiltons neues Arbeitspapier Gültigkeit besitzen wird.
Seit 2013 fährt der Brite für Mercedes, sechs seiner sieben Titel hat er seitdem gewonnen. Er träumt von einem achten Triumph, was ihn zu alleinigen Rekordhalter werden ließe. In dieser Saison wird daraus nichts. Verstappen ist zu stark, der Abstand zu groß. 2024 aber wird Hamilton wieder angreifen – im Idealfall mit einem Auto, das von Anfang an in die richtige Richtung entwickelt wurde. Anders als in diesem Jahr.