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Leichtathletik: Nummer zwei in der Welt der Stabhochspringer

Leichtathletik

Nummer zwei in der Welt der Stabhochspringer

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    Ulm Wer von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden will, braucht Gesichter. Da geht es der Leichtathletik prinzipiell nicht anders als der SPD. Nur ist es im Leistungssport, verglichen mit der Politik, so, dass sich Gesichter kein halbes Leben lang halten. Das Spitzensportler-Dasein ist kurz, der Bedarf an neuen Gesichtern groß.

    Eines dieser jungen, erfolgreich strahlenden war gestern in Ulm zu besichtigen, dort wo am 6./7. Juli im Donaustadion die deutschen Meisterschaften in der olympischen Kernsportart stattfinden. Der Leichtathletik-Verband hatte Raphael Holzdeppes Ulm-Besuch bereits vor zehn Tagen angekündigt. Dass der 23-jährige Stabhochspringer in der Zwischenzeit für einen Paukenschlag sorgen würde, war nicht vorherzusehen gewesen, traf sich unter diesen Umständen aber ausgezeichnet.

    Holzdeppe hat am Freitag das Diamond-League-Meeting in Rom gewonnen. 5,91 m – so hoch ist er bislang nur beim Gewinn der olympischen Bronzemedaille vergangenes Jahr gesprungen. Dass er in Rom den französischen Olympiasieger und Weltmeister Renaud Lavillenie hinter sich ließ, macht den Triumph noch wertvoller. Holzdeppe ist damit, hinter Lavillenie, die Nummer zwei in der Welt.

    Eine solche Marke stellt sich jeder gerne ins Schaufenster. Die deutschen Stabhochspringer scheinen für die Rolle der Aushängeschilder der Leichtathletik prädestiniert. Der umtriebige Tim Lobinger hat eineinhalb Jahrzehnte lang vorgemacht, wie man sich und seinen Sport im Gespräch hält: mit schrägen Frisuren, bunten Brillen, spektakulären Sprüngen und einem widerspenstigen Geist, der keiner Autorität traut.

    Also sagt auch Holzdeppe, während das Goldkettchen um seinen Hals baumelt, was ihm missfällt. Dazu gehört die Nominierung des Olympia-Zweiten Björn Otto für die Team-EM, jenen Nachfolgewettbewerb des Europacups, der am 22./23. Juni in Gateshead stattfindet.

    Holzdeppe fühlt sich ausgebootet, versteht nicht, warum er als deutsche Nummer eins zu Hause bleiben muss. Mit der Begründung der Trainerkommission, es sei das Gesamtbild zu bewerten, ist er nicht einverstanden. „Dann hätte eigentlich Malte Mohr nominiert werden müssen“, votiert er für seinen Münchner Trainingskollegen. Holzdeppe war gestern mit dem Auto aus Prag gekommen, wo er am Vorabend respektable 5,82 m gesprungen war. Es war nicht zu übersehen: Hier tritt ein Sieger auf.

    Geburt in Kaiserslautern

    Beeindruckend geradlinig ist seine Karriere bisher verlaufen. Holzdeppe, der nach seiner Geburt in Kaiserslautern von einem deutschen Ehepaar adoptiert wurde, hantierte schon als Zehnjähriger mit Sprungstäben. Als 18-Jähriger sprang er Junioren-Weltrekord (5,80 m), mit 22 überquerte er 5,91 m und gewann damit in London Olympia-Bronze. Die Erfolge haben ihn selbstbewusst gemacht. Er hat Zweibrücken hinter sich gelassen, genauso wie Andrej Tiwontschik, seit zehn Jahren sein Trainer.

    Holzdeppe ist nach München zur Gruppe von Chauncey Jordan gewechselt. „Ich wollte raus aus der Kleinstadt, etwas anderes ausprobieren“, begründet er seinen Schritt. Auch aus seinem Fernstudium ist er auf halbem Weg ausgestiegen. Holzdeppe: „Ich bin jetzt Profisportler.“

    Die deutschen Meisterschaften sind bereits sein 13. Wettkampf in diesem Jahr. Der junge Mann reist mit klarem Ziel: „Ich fahre nach Ulm, um deutscher Meister zu werden. Ich fühle mich in der Lage, jeden in jedem Wettkampf zu schlagen.“ So ähnlich hat früher auch Tim Lobinger gesprochen.

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