Der Aufschrei innerhalb der Leichtathletik war gewaltig, als bekannt wurde, dass die deutschen Meisterschaften dieses Jahr in Braunschweig (8./9. August) ohne die Lauf-Wettbewerbe stattfinden sollen. Der DLV hatte sich aufgrund der allgemeinen Hygienemaßnahmen zu diesem Schritt gezwungen gesehen. Hindernis-Europameisterin Gesa Krause postete dazu: "Corona ist und war ein großes Thema, aber man spielt Fußball mit 22 Athleten auf dem Platz und ein Meisterschaftsfinale mit 8-12 Läufern/Läuferinnen soll nicht möglich sein?!"
Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass sich all der Ärger in Wohlgefallen auflösen könnte. In einer aktualisierten Ausschreibung des DLV sind die Lauf-Wettbewerbe Teil der Meisterschaft. Noch aber fehlt die Genehmigung der Behörden vor Ort. In Niedersachsen ist seit Montag Kontaktsport für Gruppen bis zu 30 Personen wieder erlaubt. Jetzt muss das zuständige Gesundheitsamt das Hygienekonzept des DLV absegnen. "Wir hoffen darauf, dass wir sehr wahrscheinlich alle Laufwettbewerbe ohne Sondermaßnahmen integrieren können", sagte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
BLV-Vizepräsident Köchl: "Wollten das in die Hand nehmen"
Wie es gehen kann war am Wochenende in Regensburg zu beobachten. Auf der Sportanlage am Oberen Wöhrd fand die erste Laufveranstaltung nach fast vier Monaten Corona-Pause statt. Aus ganz Deutschland reisten die Sportler an. "Wir als Bayerischer Leichtathletikverband wollten das in die Hand nehmen. Angesichts der positiven Infektionsentwicklung haben wir Möglichkeiten diskutiert, die Lauf-Wettkämpfe wiederzubeleben", sagt BLV-Vizepräsident Reinhard Köchl. "Wir sind weder überschwänglich noch unvorsichtig, wir sind aber auch nicht ängstlich. Auf diesem schmalen Grat wollten wir auch was für den Lauf tun. Wir wollen keine Disziplingruppe komplett über die Kante springen lassen."
Vor zwei Wochen habe es aus dem bayerischen Innenministerium die Zusage für Lauf-Wettbewerbe gegeben, sagt Köchl, der sich in Regensburg selbst ein Bild vor Ort machte. Für die Wettbewerbe könne im Wettkampfbetrieb die Abstandsregel entfallen. In Regensburg hätten sich die Teilnehmer abseits der Rennen an die üblichen Hygiene-Regeln gehalten. "Das lief alles sehr diszipliniert. Es herrschte richtige Aufbruchstimmung."
Die Hygiene-Vorgaben werden sehr unterschiedlich interpretiert
Köchl plädiert nun für eine bundesweit einheitliche Regelung für die Leichtathletik. "Es kann aus meiner Sicht nicht sein, das in jedem Bundesland was anderes erlaubt oder verboten ist." Übertragen auf den Bundesliga-Fußball würde das bedeuten, dass "die in Mainz keinen Eckball machen dürfen. In Bremen gibt es keine Einwürfe und in Freiburg ist das Abseits aufgehoben. Und dann versuchen Sie mal, die Chancengleichheit zu wahren."
Das Problem setze sich bis in die örtlichen Behörden fort. Dort würden die Hygiene-Vorgaben höchst unterschiedlich interpretiert. Köchl: "Es herrscht eine große Verunsicherung. Keiner will einen Fehler machen, keiner will für eine zweite Welle verantwortlich sein." Nötig sei jetzt aber das richtige Augenmaß.
Das dürfte auch für die deutsche Meisterschaft der Mehrkämpfer gelten, die vom 21. bis 23. August in Vaterstetten stattfinden soll. Offenbar herrscht dort große Unsicherheit über die Durchführung. Am Dienstag soll es eine Ortsbesichtigung geben, um die Rahmenbedingungen zu klären. Laut Köchl stehen die Chancen 50:50, dass der Wettkampf stattfindet.
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