Die Welt verändert sich durch Corona. Der Sport auch. Die Formel 1 ist da keine Ausnahme. War sie in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einer weltumfassenden Veranstaltung mit einem ausufernden Kalender geworden, entwickelt sie sich nun zu einer Europameisterschaft zurück. Den WM-Titel wollen die Verantwortlichen dank einer Sondergenehmigung wegen der Corona-Engpässe zwar vergeben, von einer Weltmeisterschaft auf vielen Kontinenten aber ist in diesem Jahr wenig übrig.
Zu Beginn waren zum Beispiel bereits Australien, China oder Singapur aus dem Kalender gestrichen worden, die für den Herbst geplanten Auftritte in den USA oder Brasilien müssen auch entfallen. Dafür rücken Traditionsrennstrecken in den Kalender, deren emotionale Bedeutung für den Rennsport zwar groß, die finanzielle Ausstattung aber eher gering ist. So mussten sie bei den Expansionsplänen der Veranstalter mitansehen, wie sie mehr und mehr die Rücklichter der zahlungskräftigen Konkurrenz sahen. Strecken in Aserbaidschan, Südkorea, Bahrain oder Abu Dhabi wurden dank ihre finanzstarken Partner zu Gastgebern für den schnellsten Rennzirkus der Welt.
Auf einmal wird in der Formel 1 sogar wieder in Deutschland gefahren
Nun aber, in Zeiten einer großen Krise, muss sich auch die Formel 1 besinnen und kehrt verstärkt nach Europa zurück. Auf Strecken, bei denen sich die strengen Auflagen am ehesten einhalten können. Und zu denen die Anreise der Teams auch ohne große Flugstrecke möglich ist. So wird neben Österreich, Ungarn, Belgien und Italien plötzlich auch in Deutschland in diesem Jahr gefahren. Im Oktober darf sich der Nürburgring als Gastgeber beweisen.
An diesem und dem folgenden Wochenende stehen die Rennen in Silverstone auf dem Programm. Auf einer Strecke, die Tradition atmet. Und die für ihr begeisterungsfähiges Publikum bekannt ist. Das aber muss nach wie vor außen vor bleiben. "Wir werden unsere Fans in Silverstone vermissen. Wir wissen jedoch auch, dass sie uns von zu Hause anfeuern werden. Deswegen sind wir fest entschlossen, uns mit einer großartigen Show bei ihnen für ihre Unterstützung zu bedanken", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Und: "Dies sind die schnellsten Formel-1-Autos, die es jemals gegeben hat, und sie haben sowohl in Spielberg als auch in Budapest Rekorde aufgestellt. Es wird aufregend, sie auf einer legendären Strecke wie Silverstone durch einige der anspruchsvollsten Kurven der Saison fahren zu sehen, die sie bis an ihre Grenzen bringen."
Leidtragende des engen Terminkalenders in der Formel 1 sind die Mechaniker
Zu den Besonderheiten dieser Formel-1-Saison gehört, dass die Rennen unmittelbar nacheinander stattfinden. Zwei in Österreich, dann gleich nach Budapest und nun eine Doppelveranstaltung in Silverstone. Bislang sind in 18 Wochen 13 Rennen geplant. Das zehrt an den Kräften. Nicht unbedingt an denen der Fahrer, die den leichtesten Job im Kreis der Formel 1 haben. Vor allem jetzt, da Sponsoren- und Medientermine deutlich reduziert wurden. Das gibt terminliche Freiheiten. Leidtragende sind vielmehr die vielen Mechaniker und Ingenieure. "Ich habe das Gefühl, Teil eines Experiments zu sein. Ich habe die Nase gestrichen voll", sagte ein Teammitarbeiter, der anonym bleiben wollte, der britischen Tageszeitung The Sun. So mussten Mechaniker und Ingenieure zwischen den Rennen in Spielberg und Budapest strenge Bestimmungen einhalten und durften offenbar nicht ihre Hotelzimmer verlassen. Nicht einmal, um Essen zu gehen oder einzukaufen. Von den Fahrern dagegen wurde über Social Media übermittelt, dass manche ihre freie Zeit für Reisen nach Hause nutzten. "Offenbar bedeuten Wohlstand und Status, dass man gegen das Virus immun ist", sagte ein Teammitarbeiter.
Die Formel-1-Weltmeister seit 1950
1950 Giuseppe Farina
1951 Juan Manuel Fangio
1952 und 1953 Alberto Ascari
1954 bis 1957 Juan Manuel Fangio
1958 Mike Hawthorn
1959 und 1960 Jack Brabham
1961 Phil Hill
1962 Graham Hill
1963 Jim Clark
1964 John Surtees
1965 Jim Clark
1966 Jack Brabham
1967 Denny Hulme
1968 Graham Hill
1969 Jackie Stewart
1970 Jochen Rindt
1971 Jackie Stewart
1972 Emerson Fittipaldi
1973 Jackie Stewart
1974 Emerson Fittipaldi
1975 Niki Lauda
1976 James Hunt
1977 Niki Lauda
1978 Mario Andretti
1979 Jody Scheckter
1980 Alan Jones
1981 Nelson Piquet
1982 Keke Rosberg
1983 Nelson Piquet
1984 Niki Lauda
1985 und 1986 Alain Prost
1987 Nelson Piquet
1988 Ayrton Senna
1989 Alain Prost
1990 und 1991 Ayrton Senna
1992 Nigel Mansell
1993 Alain Prost
1994 und 1995 Michael Schumacher
1996 Damon Hill
1997 Jacques Villeneuve
1998 und 1999 Mika Häkinnen
2000 bis 2004 Michael Schumacher
2005 und 2006 Fernando Alonso
2007 Kimi Räikkönen
2008 Lewis Hamilton
2009 Jenson Button
2010 bis 2013 Sebastian Vettel
2014 und 2015 Lewis Hamilton
2016 Nico Rosberg
2017 Lewis Hamilton
2018 Lewis Hamilton
2019 Lewis Hamilton
2020 Lewis Hamilton
Die Mechaniker sind an Formel-1-Wochenenden gut beschäftigt. Ein Arbeitstag hat oft weit mehr als zwölf Stunden. Zuletzt beim Rennen in Ungarn war das Red-Bull-Team nach einem Unfall von Max Verstappen in der Aufwärmrunde gefordert, das beschädigte Auto innerhalb von 20 Minuten wieder flott zu kriegen. Es gelang. Es hat aber auch viel Kraft gefordert. Nach den Rennen müssen die Mechaniker noch das ganze Material abbauen, verladen und am nächsten Rennort wieder aufbauen. Zudem erschwert das Masketragen das Arbeiten. "Uns muss klar sein, dass diese Triple-Header, vor allem die später in der Saison, eine echte Herausforderung werden", sagt McLaren-Teamchef Andreas Seidl bei motorsporttotal.com. Also die drei Rennveranstaltungen am Stück. Andererseits kann nur so eine WM-taugliche Saison garantiert werden.
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