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Weniger Netto: Krankenkasse noch teurer als erwartet: Lohnnebenkosten steigen auf historischen Rekordwert

Weniger Netto

Krankenkasse noch teurer als erwartet: Lohnnebenkosten steigen auf historischen Rekordwert

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    Höhere Krankenkassen- und Pflegebeiträge sorgen für weniger Netto vom Brutto.
    Höhere Krankenkassen- und Pflegebeiträge sorgen für weniger Netto vom Brutto. Foto: Arno Burgi, dpa

    Das neue Jahr beginnt für zig Millionen Beschäftigte in Deutschland und ihre Arbeitgeber mit einem bedenklichen Rekord. Auf dem Januar-Gehaltszettel fallen die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragenen Abzüge für Sozialabgaben so stark aus wie noch nie. Die Quote der durchschnittlichen Lohnnebenkosten stieg zum Jahreswechsel von 40,9 Prozent auf 42,3 Prozent – der höchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Der neue Rekord kommt überraschend, denn die gesetzlichen Krankenkassen sahen sich gezwungen, ihre Beiträge deutlich stärker zu erhöhen, als von der Bundesregierung vorausgesagt.

    Krankenkasse schon fast so teuer wie die Rente

    Mit durchschnittlich 17,5 Prozent rückt der Krankenkassenbeitrag inzwischen fast an den Rentenbeitrag von 18,6 Prozent heran und droht weiter zu explodieren. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte im Herbst nach einer Prognose des sogenannten Schätzerkreises angekündigt, dass der Zusatzbeitrag, den jede Kasse individuell für ihre Versicherten festlegen muss, im Schnitt um 0,8 auf 2,5 Prozent steigen werde. Tatsächlich erhöhte sich der Zusatzbeitrag um 1,2 auf 2,9 Prozent. Wie das Vergleichsportal Krankenkassen.net für unsere Redaktion errechnet hat, gilt der Wert sowohl im Schnitt der Kassen als auch umgerechnet auf deren Größe unter den knapp 74 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland.

    Hohe Krankenkassenbeiträge: Dobrindt fordert Aufklärung von Lauterbach

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert nun Aufklärung, warum die Erhöhung deutlich höher ausfällt, als vom Bundesgesundheitsminister angekündigt: „Lauterbach muss jetzt erklären, ob er die Menschen bei den Kassenbeiträgen getäuscht hat“, betonte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende. Die auf ein Rekordniveau gestiegenen Lohnnebenkosten seien Gift für die Wirtschaft. „Die aktuellen Zahlen zeigen: Die Politik der Ampel macht die Menschen in Deutschland ärmer und schadet dem Standort Deutschland, weil sie das Leben der Menschen extrem verteuert und Arbeit sich immer weniger lohnt“, kritisierte Dobrindt.

    Zusätzlich zur Krankenkasse hatte die Ampelkoalition auch eine Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags um 0,2 Prozent beschlossen. Zusammen mit Renten- und Arbeitslosenversicherung riss die Quote der Lohnnebenkosten damit den einstigen Höchstwert von 42,1 Prozent aus den Jahren 1997/98. Damals trieben vor allem die Renten- und Arbeitslosenversicherung die Kosten hoch.

    Erst nach den Hartz-Reformen sank die Quote wieder unter die angestrebten maximal 40 Prozent. Denn hohe Lohnnebenkosten machen die Arbeit in Deutschland im internationalen Wettbewerb teuer und gelten als Treiber von Stellenabbau und Arbeitslosigkeit.

    Entsprechend hart fällt die Kritik der Opposition aus. „In den letzten drei Jahren wurde die Sozialversicherung heruntergewirtschaftet, wie nie zuvor“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Tino Sorge unserer Redaktion. „Die Ampel hat den Karren der Sozialversicherung an die Wand gefahren“, fügt der CDU-Politiker hinzu. „Statt entschlossen gegenzusteuern, verlor sich die Ampel drei Jahre lang im Haushaltsstreit“, kritisiert Sorge.

    Union wirft Regierung desaströse Bilanz in der Gesundheitspolitik vor

    Das sogenannte Finanzstabilisierungsgesetz für die Krankenversicherung sei wie ein Tropfen auf dem heißen Stein verpufft. Ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, die Krankenkassenzahler von allgemein staatlichen Aufgaben zu entlasten, hätten die Regierungsparteien nie erfüllt. „Die korrekte Abrechnung versicherungsfremder Ausgaben, insbesondere für Bürgergeld-Empfänger, würde mindestens zehn Milliarden Euro einsparen“, sagt Sorge. „Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde weitere fünf Milliarden an neuen Spielräumen ergeben, sofern eine Einigung mit den Bundesländern gelänge“, betont der CDU-Politiker. „Das wären insgesamt über 15 Milliarden Euro, mit denen sich Beitragsanstiege abbremsen ließen.“

    Stattdessen habe sich die Ampel für ihre Gesundheitspolitik kräftig bei den Rücklagen der Krankenkassen bedient, die diese nun mit teuren Beitragssteigerungen wieder auffüllen müssten. Das gleiche geschehe beim Pflegevorsorgefonds getan. „Für die Zukunft zurückgelegte finanzielle Mittel wurden abgeschmolzen, um kurzfristige Finanzlöcher zu stopfen“, kritisiert Sorge. Die jetzige Regierung verabschiede sich mit einer desaströsen Bilanz, sagt der CDU-Politiker. „Die Gesamtbelastung an Sozialbeiträgen hat die 40-Prozent-Marke weit überschritten, innerhalb kürzester Zeit müssen die Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag verdoppeln, die Finanzreserven sind auf einem historischen Tiefstand, die Ausgaben auf einem historischen Höchststand“, sagt Sorge. „Gleichzeitig steigen die Sorgen der Bürger, wenn es um einen Arzttermin oder um die Suche nach einem nicht verfügbaren Medikament geht.“

    Beiträge zur Rentenversicherung bleiben 2025 konstant

    Laut der Erhebung des Vergleichsportals krankenkassen.net erhöhten 89 der 93 Kassen den Zusatzbeitrag für 2025, für zwei Kassen mit 100.000 Versicherten lagen keine Daten vor. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag stieg demnach auf 2,89 Prozent, sowohl im Kassendurchschnitt als auch gewichtet nach deren Mitgliedergröße. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung veröffentlichte bislang Zusatzbeiträge für 82 Kassen, die im Schnitt bei 2,91 Prozent lagen und individuell zu dem gesetzlichen Beitrag von 14,6 Prozent kommen. Die Beiträge zur Rentenversicherung mit 18,6 Prozent und zur Arbeitslosenversicherung mit 2,6 Prozent bleiben konstant. Kinderlose Beschäftigte müssen 0,6 Prozentpunkte in der Pflegeversicherung extra als Abgabe bezahlen, die, anders als die anderen Sozialbeiträge, nicht vom Arbeitgeber zur Hälfte getragen wird.

    „Am tiefsten in die Tasche greifen müssen ab dem 1. Januar 2025 die Versicherten der Knappschaft mit 4,40 Prozent Zusatzbeitrag“, sagte Daniel Franke, Betreiber von Krankenkassen.net unserer Redaktion. „Wir gehen zudem davon aus, dass die Konsolidierungsphase bei Krankenkassen noch weiter geht und weitere Kassen fusionieren“, erklärte er. Mitte der Neunzigerjahre gab es noch über tausend einzelne Krankenkassen, inzwischen ist die Zahl unter hundert gefallen, nachdem vor allem viele Betriebskrankenkassen fusionierten.

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    3 Kommentare
    Richard Markl

    Vermutlich haben CDU und CSU recht, dass sich die Ampel in ihrer Geldnot bei den Sozialversicherungskassen bedient hat. Das ist natürlich alles andere als fair gegenüber den lohnsteuerpflichtig und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, an denen sowieso die Finanzierung des Staates hängt. Die Entlastungsvorschläge der Union sind aber rein steuerfinanziert, also bleiben Bund und Ländern insofern weniger finanzielle Manövriermasse für Steuersenkungen oder Investitionen in die Infrastruktur und Bundeswehr. Der Goldesel ist noch nicht gefunden.

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    Maria Reichenauer

    Dann sollte die Union mal mit Jens Spahn sprechen: https://www.tz.de/wirtschaft/gkv-mit-harter-kritik-an-ex-gesundheitsminister-jens-spahn-93477801.html Keine der Vorgängerregierungen hat sich um Reformen der Krankenversicherung gekümmert, und nun ist wieder mal die Ampelregierung an allem schuld. Das ist schon ziemlich kurz gedacht. Nun, die C-Parteien werden ja bald Gelegenheit haben, sich zu beweisen. Man darf gespannt sein. Und der AfD ist zu diesem Thema außer Forderungen und Aufzählungen auch nichts eingefallen.

    Wolfgang Boeldt

    Ein Teil der Bevölkerung, ich schätze mal so ungefähr 30%-40%, wird von den Sozialabgaben/Sozialausgaben bald aufgefressen werden. Aber, das ist von denen z.T. unberwusstr, auch so gewollt.

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