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Wahlrechtsreform: Was das Urteil zum Wahlrecht bedeutet

Wahlrechtsreform

Was das Urteil zum Wahlrecht bedeutet

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    Die Wahlrechtsreform der Ampel kann so nicht stehen bleiben - sagt das Bundesverfassungsgericht.
    Die Wahlrechtsreform der Ampel kann so nicht stehen bleiben - sagt das Bundesverfassungsgericht. Foto: Uli Deck, dpa

    Was ändert sich durch das Urteil?

    Das Parlament muss als Gesetzgeber einige Änderungen am Wahlrecht vornehmen. Karlsruhe lässt dem Bundestag dafür jedoch Zeit. Er muss nicht zwingend bis zur nächsten Bundestagswahl eine Reform umsetzen. Das Kabinett hat dem Bundespräsidenten den 28. September 2025 als Wahltermin vorgeschlagen. Ein Jahr vorher sollte, so die allgemeine Regel, die Rechtsgrundlage klar sein. Der Bundestag kommt regulär aber erst am 9. September aus der Sommerpause – es ist deshalb unwahrscheinlich, dass eine Reform zeitnah gelingt. Und so wird also wohl nach dem von der Ampel verabschiedeten Wahlrecht abgestimmt werden. Allerdings gibt es eine konkrete Änderung: Das Gericht hat entschieden, dass die Abschaffung der sogenannten Grundmandatsklausel durch die Bundesregierung verfassungswidrig war. Die Klausel, die besagt, dass eine Partei auch dann Abgeordnete in den Bundestag entsenden darf, wenn sie bundesweit weniger als fünf Prozent der Stimmen holt, solange sie mindestens drei Direktmandate gewinnt, tritt also wieder in Kraft. Vor allem für die CSU ist das ein Erfolg, da sie in der Vergangenheit meist nahezu alle bayerischen Wahlkreise gewonnen hatte und damit weiterhin im Bundestag gesetzt bleibt, selbst wenn sie die Fünf-Prozent-Hürde reißen sollte.

    Wird der Bundestag nun wirklich kleiner?

    Ja. Seit mehr als zehn Jahren läuft die Debatte um den immer größer und damit teurer werdenden Bundestag. Die früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble (beide CDU) hatten vergeblich Reformvorschläge vorgelegt. Die Ampel hat dann Tatsachen geschaffen, die vor dem Verfassungsgericht standhielten. Damit wird das Ziel erreicht, die ständige Vergrößerung des Bundestags durch sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate zu stoppen. Diese entstanden bislang dann, wenn eine Partei mit den Erststimmen mehr Direktmandate gewann als ihr über die Zweitstimmen Sitze zugestanden hätten. Die zusätzlichen Überhangmandate mussten wiederum durch sogenannte Ausgleichsmandate für andere Parteien kompensiert werden, damit die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag erhalten bleiben. Dadurch wuchs die Zahl der Parlamentarier stetig an. Derzeit sitzen 733 Abgeordnete im Bundestag, der damit eines der größten Parlamente weltweit ist. Künftig soll es eine feste Zahl von 630 Abgeordneten geben.

    Wie geht das?

    Die Wählerinnen und Wähler geben weiterhin ihre Erststimme einer Bewerberin oder einem Bewerber aus ihrem Wahlkreis. Doch das neue Verfahren hat einen Preis: Nach der nächsten Wahl ziehen nicht mehr automatisch all jene in den Bundestag ein, die in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen bekommen haben. Es kommen nur noch so viele Direktkandidaten ins Parlament, wie es für jede Partei Plätze gibt - die wiederum durch die Zweitstimme ermittelt werden. Dieses von der Ampel in Kraft gesetzte „Zweitstimmendeckungsverfahren“ ist laut Karlsruher Urteil mit dem Grundgesetz vereinbar - und könnte in Bayern vor allem die CSU hart treffen. Die vom Ergebnis her schwächsten Wahlkreisgewinner bleiben unter Umständen auf der Strecke. Es kann dadurch auch passieren, dass Städte oder Landkreise dann durch gar keinen „eigenen“ Abgeordneten mehr im Bundestag vertreten sind.

    Kann die CSU aufatmen?

    Zumindest in einem entscheidenden Punkt: ja. Ihre Klage gegen das „Zweigstimmendeckungsverfahren“ ist zwar gescheitert, und das mit einer bemerkenswerten Begründung: Während die CSU der Meinung ist, dass die Erststimme enorm wichtig ist, weil nur dann jeder und jede Wahlberechtigte „seinen“ oder „seine“ Kandidatin ins Parlament wählen kann, hat Karlsruhe eine ganze andere Haltung. Nicht die Wahlkreiswahl ist demnach entscheidend für den Erhalt eines Mandats. Vielmehr sorge das Zweitstimmenverfahren dafür, „dass jeder Abgeordnete des Bundestages durch die Zweitstimmen für seine Partei legitimiert ist“. Doch im zweiten strittigen Punkt hat die CSU Recht bekommen. Laut Urteil tritt die oben genannte Grundmandatsklausel wieder in Kraft, wonach Parteien auch mit einem Ergebnis unter fünf Prozent ins Parlament einziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewonnen haben. Die CSU wäre also auch drin, sollte sie bundesweit umgerechnet weniger als fünf Prozent der Stimmen holen. Zur Einordnung: 2021 landete die CSU, die ja nur in Bayern gewählt werden kann, deutschlandweit gerechnet nur knapp darüber - bei 5,17 Prozent. Die Linke, die ebenfalls in Karlsruhe geklagt hat, hatte schon damals nur über ihre drei gewonnenen Wahlkreise den Sprung in den Bundestag geschafft und darf zumindest darauf hoffen, erneut über diesen Weg ins Parlament zu kommen.

    Verbessert das Urteil die Chancen kleinerer Parteien?

    In Bayern zumindest rechnen sich die Freien Wähler nun größere Chancen auf einen Einzug in den Bundestag aus. Von „einer realistischen Chance“ sprach FW-Generalsekretärin Susann Enders am Dienstag. Zwar bleibe es das Ziel der Freien Wähler, bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, dank der nun doch weiterhin greifenden Grundmandatsklausel sei die Wahrscheinlichkeit für den Einzug aber sogar „doppelt so hoch“. Zugpferd der Freien Wähler soll wieder Hubert Aiwanger werden, der bei den vergangenen Landtagswahlen zusammen mit Roland Weigert die ersten beiden Direktmandate für die Gruppierung errungen hatte. Aiwanger sagte am Dienstag, er wolle in Berlin in einer bürgerlichen Koalition mit FDP und Union mitregieren. Vorbild sei das in Bayern regierende Bündnis aus CSU und FW. In München allerdings können die bundespolitischen Ambitionen des Wirtschaftsministers für neuen Zündstoff sorgen. Ministerpräsident Markus Söder hat bereits erklärt, dass die CSU keinen ihrer bayerischen Minister für den Bundestag nominieren werde. Die Begründung kann als Seitenhieb gegen Aiwanger verstanden werden: Minister sei kein Teilzeitjob.

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    1 Kommentar
    Martin Goller

    "Es kann dadurch auch passieren, dass Städte oder Landkreise dann durch gar keinen „eigenen“ Abgeordneten mehr im Bundestag vertreten sind." Dann müssen die Parteien eben entsprechend ihre Listen aufstellen. In der Welt war gestern ein Artikel der dies für die letzte Wahl durchgerechnet hat: in Bayern wäre kein Landkreis ohne Abgeordneten im Parlament (Liste oder Direkt).

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