Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

USA: Kamala Harris: Wer ist die Frau, die zur ersten US-Präsidentin werden könnte?

USA

Kamala Harris: Wer ist die Frau, die zur ersten US-Präsidentin werden könnte?

    • |
    Kamala Harris könnte erste Präsidentin der USA werden.
    Kamala Harris könnte erste Präsidentin der USA werden. Foto: Misper Apawu, dpa

    Nach dem Rückzug von Joe Biden aus dem US-Präsidentschaftsrennen schaut alles auf sie: Kamala Harris. Bidens Stellvertreterin im Weißen Haus will mit dem Segen ihres Chefs als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten nachrücken. Ob sich die Partei hinter der 59-Jährigen versammeln wird, muss sich zeigen. Denn eines ist Harris nicht: unumstritten. Zu links, zu blass - die Kritik begleitet sie seit Jahren. Die Frage ist, ob es ihr gelingt, ihr Image zu wenden und zur ersten Präsidentin der USA zu werden.

    Es ist erst wenige Wochen her, da hatte Harris zu einem „Runden Tisch“ an ihren Amtssitz eingeladen. Die Vize-Präsidentin traf sich mit Menschen mit Behinderung, um über das Abtreibungsurteil des Supreme Court zu sprechen. Ein Thema, das nicht nur viele Amerikaner bewegt, sondern das der Stellvertreterin Joe Bidens am Herzen liegt - und ihr zuletzt sogar geholfen hatte, ihr angeschlagenes Image aufzupolieren. Bis zu eben jenem Tag, als die Kameras das Treffen im „Eisenhower Executive Office“ neben dem Weißen Haus aufzeichneten. Harris saß am Kopfende, sie trug eine schwarze Maske und stellte sich der Runde vor: „Ich bin Kamala Harris. Meine Pronomen sind ,sie‘ und ,ihr‘. Und ich bin eine Frau, die mit einem blauen Anzug am Tisch sitzt“. Ein banaler Moment, der sich im Internet von der sprichwörtlichen Mücke in einen Elefanten verwandelte. Wie so oft, ließen ihre Kritiker auch diesmal den Kontext weg, vergaßen zu erwähnen, dass sich die demokratische Politikerin an ein Publikum richtete, in dem sehgeschädigte Menschen saßen.

    Die Kritik schallte von rechts wie von links. Indem sie auf die korrekten Pronomen verwies, bediente sie sich der Sprache der politisch Über-Korrekten in den USA – eine Provokation für viele Amerikaner. Zugleich ließ die Beschreibung ihrer Kleidung alle Feministinnen die Luft anhalten. Das Magazin The Atlantic verglich den Auftritt mit der Peinlichkeit, die Mitt Romney einst ausgelöst hatte, als er auf die Frage nach seinem Lieblingsfleisch „Hot Dogs“ sagte. In den USA wird dieses Umschmeicheln von Wählern auch als „pandering“ bezeichnet. Und genau das ist eines der Probleme, das die mit großen Vorschusslorbeeren ins Amt gestartete Harris in den Umfragen nach unten zieht: Sie wurde immer wieder als Opportunistin wahrgenommen.

    Demokratische Gouverneure stehen hinter Harris

    Mit dem Rückzug von Biden versuchen die Demokraten, das Bild von Harris neu zu zeichnen. Prominente demokratische Gouverneure stellen sich hinter sie. „Hart. Furchtlos. Hartnäckig. Angesichts unserer gefährdeten Demokratie und unserer ungewissen Zukunft gibt es niemanden, der besser geeignet ist, den Fall gegen Donald Trumps düstere Vision zu verfolgen und unser Land in eine gesündere Richtung zu führen, als die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten, Kamala Harris“, schrieb der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom auf der Plattform X. Ihre Verteidiger machen die Hetze in rechten Medien wie FOX und Breitbart verantwortlich, die von Sexismus und Rassismus geprägt sei. Doch selbst in ihrer Partei hatte die einst als „weiblicher Obama“ gefeierte Absolventin der Elite-Uni von Howard lange einen schweren Stand.

    Was ihre Kandidatur wahrscheinlicher machen könnte, ist, dass sie als krasser Gegenentwurf zum republikanischen Kandidaten Donald Trump gilt. Sie wäre die erste Präsidentin der US-Geschichte, ihr Vater kommt aus Jamaika, ihre Mutter aus Indien. Harris ist Staatsanwältin - Trump verurteilter Straftäter. Harris wurde die erste schwarze Bezirksstaatsanwältin von San Francisco und später die erste Justizministerin in ihrer Heimat Kalifornien. Als sie 2017 in den US-Senat einzog, nutzte sie ihre Erfahrung als Staatsanwältin auch in der Kongresskammer und tat sich bei Anhörungen ein ums andere Mal mit einem harten und effektiven Befragungsstil hervor.

    Die großen Projekte von Harris stecken fest

    Als Vize-Präsidentin wirkte sie hingegen immer wieder überfordert. In den beiden Aufgabenfeldern, die ihr Biden übertrug - Flüchtlingskrise und Wahlrechtsreform -, machte sie nach Ansicht von Analysten wie Jeffrey Frank eine ausgesprochen unglückliche Figur. In einem Interview auf NBC drückte sich die Vize-Präsidentin vor einer Antwort auf die Frage, ob sie vorhabe, sich einmal die Situation an der Südgrenze von Mexiko vor Ort anzuschauen. Die Linke verärgerte sie mit einem „Kommt nicht, wir schieben Euch ab“-Appell an die Flüchtlinge. Nicht viel besser ist die Bilanz bei der Wahlrechtsreform, die ihre Partei als erstes Gesetzesvorhaben in den neuen Kongress eingebracht hatte. Erreicht hat sie nicht einmal ein Reförmchen.

    Die Verantwortung für diese Entwicklung sieht Jeffrey Frank, selbst Autor mehrere Bücher über US-Vizepräsidenten, auch bei Biden. Dem sei Harris vor allem im Wahlkampf nützlich gewesen - als erste Frau mit afroamerikanischer und asiatischer Herkunft. Nach der Wahl habe der Präsident sie nie wirklich am Regieren beteiligt, klagen auch andere, die sie vor dem Vorwurf der Wirkungslosigkeit verteidigen. Während der Biden selbst einst als Stellvertreter Obamas von seinen wöchentlichen Mittagessen unter vier Augen profitiert habe, setzte er diese Tradition mit Harris nicht fort. „Ihre Abwesenheit beim Regieren, als Krisenmanagerin und Gestalterin von Politik, macht sie zu einer ziemlich schwachen Erbin“, schreibt Frank in der New York Times.

    Umgang mit Mitarbeitern

    Als wenig hilfreich bei der Politur des angekratzten Images erwiesen sich anhaltende Vorwürfe über Harris‘ Umgang mit Personal, den Betroffene als „schwierig“ beschreiben. Wie schon in der Vergangenheit im Justizministerium von Kalifornien, in ihrem Senatsbüro und im Wahlkampfteam knirschte es lautstark unter ihren Mitarbeitern. Sie verlor bereits ihre Sprecherin, Stabschefin und wichtigste Strategin.

    Bei ihrem Versuch, die Stimmung zu drehen, hilft Harris womöglich die vielleicht treueste Klientel der Demokraten, die schwarzen Frauen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden