Lesen Sie hier die Kommentare aus unserer Redaktion:
- Diese US-Wahl ist ein schriller Weckruf für Europa
- Amerikas Katzenjammer am Tag nach der US-Wahl
- Schlimmer konnte es bei der US-Wahl gar nicht kommen
"Angesichts dieser bitteren Erfahrung (Stimmenstreit zwischen George W. Bush und Al Gore 2000 Anm.d.Red) für die Demokraten nahm (Joe) Biden im Gegensatz zu dem aggressiv gesinnten (Donald) Trump eine ausgesprochen neutrale Position ein und versuchte sich gleichzeitig im Image des Schlichters der Nation. In seiner Fernsehansprache widmete Biden einen Großteil seiner Rede der Notwendigkeit, dass sich die Amerikaner einen und die Wunden der Spaltung heilen mögen." Rossijskaja Gaseta (Russland)
"Nun steht das System erneut unter Stress, aber es bricht nicht. Wenn dieser Präsident von seiner Niederlage erfahren sollte, wird es sich hoffentlich als robust genug erweisen. Es wird gestützt von den Auszählern und den Beamten, die an die Integrität des Systems glauben. In der Wahlnacht pries ein Fernsehkommentator diese Helfer und meinte, sie erledigten Gottes Werk. Die Sache ist weit weniger dramatisch: Sie erledigen das Handwerk der Demokratie." Süddeutsche Zeitung
"Trump kämpft an zwei Fronten, gegen den Demokraten Joe Biden und gegen die Demokratie. Letztere funktioniert nach seinen Worten so, dass nach der Wahl nur dort sämtliche Stimmen ausgezählt werden, wo das seinen Konkurrenten um einen Sieg bringen könnte. Monatelang, eigentlich jahrelang hat Trump den Boden bereitet für seinen Plan, unangenehme Wahlergebnisse als "Fake News" abzutun und vermeintliche Fehlentscheidungen des Souveräns dann von handverlesenen Richtern kassieren zu lassen. Seine erste Rede und seine vielen Tweets nach der Wahl fielen entsprechend kämpferisch aus. Aber sonst? Je mehr Zeit verstreicht, desto deutlicher wird, dass es sich mit diesem finsteren Trump-Plan offenbar wie mit so vielen Vorhaben des Präsidenten verhält: Er hat, zum Glück, nicht die Voraussetzungen geschaffen, um ihn in die Tat umsetzen zu können." Frankfurter Allgemeine Zeitung
Reaktionen auf die US-Wahl 2020: "Millionen haben Angst"
"Die alles andere als Vereinigten Staaten werden erst einmal mit sich selbst beschäftigt sein. Bei weiteren vier Jahren Trump ohnehin, da dieser seine nationalen Alleingänge eher noch verschärfen dürfte. Aber auch ein Präsident Biden wäre vor allem im Inneren gefragt: Er will, das hat er stets betont, das polarisierte Land zusammenführen. Brücken bauen. Aus Feinden, die sich erbittert bekämpfen, wieder politische Gegner machen, die um die Sache streiten. Eine Mega-Herausforderung, die dafür sorgen wird, dass die USA als weltpolitischer Akteur auch mit Biden wohl weniger präsent sind." Nürnberger Nachrichten
"Insgesamt ist Trumps Vorgehen vor allem eines: destruktiv, ohne das höhere Ziel einer Verbesserung von möglichen Missständen. Er scheint niemandem helfen zu wollen, außer kurzfristig sich selbst. Im Grunde trifft er nicht mal seine politischen Gegner, die einfach nur die Auszählungen abwarten müssen. Stattdessen greift er Tausende Menschen an, die sich für die Gesellschaft aufopferten, die mit Masken, Abstand und schlechtem Kaffee Umschläge aufrissen und für Transparenz sorgten." Handelsblatt
"Eine der seltsamsten, am meisten polarisierenden und bedeutsamsten Präsidentschaftswahlen geht heute zu Ende. Millionen von Menschen graut davor, dass Präsident Donald Trump eine zweite Amtszeit gewinnen könnte, Millionen andere haben große Angst, dass er verlieren könnte." Times
Pressestimmen zur US-Wahl: "Weg wird unsicher sein"
"Russland, Iran und andere ausländische Widersacher, die versucht sind, sich in die U.S.-Wahlen einzumischen, können es am Dienstag ruhig angehen lassen. Sie müssen keine kostbaren Ressourcen verschwenden, indem sie die Stimmzettel manipulieren oder die wahrgenommene Legitimität unserer Wahlergebnisse herabsetzen. Denn republikanische Beamte haben diese Arbeit ganz allein geleistet." Washington Post
"Der vor uns liegende Weg wird unsicher sein, wenn Trump wiedergewählt wird. Sein Sieg würde die Unterstützer begeistern, aber er würde sich extremer Feindseligkeit seitens der politischen Gegner gegenüber sehen. Er wird mit diesen Spannungen vorsichtig umgehen müssen, wenn er auf eine erfolgreiche zweite Amtszeit hoffen will." Chicago Tribune
"Die Stimmen der Exilkubaner nahmen sie (die Demokraten) als selbstverständlich hin, das hat sich nun gerächt. (...) Ein verhängnisvoller strategischer Fehler, den auch Ex-Präsident Barack Obama nicht mehr beheben konnte, als er am Samstag noch einmal nach Miami kam. (...) Trump hatte die Latinos demonstrativ umgarnt, unter anderem mit zahlreichen Besuchen, Gesprächsrunden und spanischsprachigen TV-Werbespots. In denen brandmarkte er Biden als Sozialisten, der aus den USA ein neues Kuba, Venezuela oder Nicaragua machen würde. So absurd das sein mag, bei manchen blieb davon wohl etwas hängen." Spiegel
"Egal ob aus dieser Schlacht, und die vergangenen Monate lassen nichts als solch eine brutale Rhetorik zu, Joe Biden oder Donald Trump als Sieger hervorgeht - ein ganzes Land hat nach diesen vier Jahren verloren. Eine weitere Amtszeit von Donald Trump würde das Scheitern noch weiter zementieren. Ein Präsident Joe Biden würde den Schmerz über das, was aus den USA geworden ist, im besten Fall ein wenig lindern. Der Weg zurück zu einer gemeinsamen Idee von Amerika jedoch wird lang und anstrengend. Und es scheint in diesen Tagen immer wahrscheinlicher, dass am Ende dieses Weges die Erkenntnis steht, dass es diese Idee nicht mehr gibt." Zeit Online
Rufe nach Reformen werden laut: Pressestimmen zur US-Wahl
"Wenn Trumps Präsidentschaft einen Verdienst hat, dann den, die Schwächen dieses vielbewunderten Modells allen offengelegt zu haben. Die US-Verfassung ist 233 Jahre alt. Es ist die langlebigste der Welt. In den vielen Jahren wurden nur 27 Änderungen vorgenommen, obwohl mehr als 10.000 vorgeschlagen wurden. (...) Die gravierendste Konsequenz dieser Unveränderlichkeit der US-Verfassung ist eine schwere Unausgewogenheit des Systems, das dem Obersten Gerichtshof enorme Macht verleiht, dem einzigen Gremium, das die verfassungsrechtlichen Grundsätze der heutigen Realität anpassen kann. Der Oberste Gerichtshof diktiert also das Gesetz. (...) Der US-Präsident spricht im Namen der Nation, wird aber nicht vom Volk gewählt. Am 3. November entschieden die Wähler über die Wahlmänner für einen der Kandidaten, und um gewählt zu werden, muss die Mehrheit der Staaten und nicht die Mehrheit der Stimmen der Menschen gewonnen werden (...) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Verfassung, die ein weltweit als Vorbild genommenes politisches System hervorgebracht hat, Altersschwächen zeigt und nicht mehr sehr vorbildlich ist. Trump hat sich dabei nicht nur als Problem für sein Land herausgestellt, sondern auch für die Demokratie."Corriere della Sera (Italien)
"Die China-Politik der Trump-Regierung hat den USA viele Unsicherheiten beschert und der globalen Stabilität einen schweren Schlag versetzt. Ihre Aggressivität und ihre Absurditäten sind sehr deutlich geworden. Die Wahlen haben die Demokraten jedoch veranlasst, eine härtere China-Politik zu verfolgen. Biden und Trump konkurrieren miteinander darum, wer härter gegen China vorgeht. (...) Irgendetwas muss bei der nationalen Wettbewerbsfähigkeit der USA und ihrer Sozialpolitik falsch gelaufen sein. Das Land braucht ernsthafte und tiefgreifende innenpolitische Reformen, was eine mühsame Aufgabe sein wird. Die Wahl hat die politischen Eliten der USA jedoch dazu gebracht, sich von der schmutzigen und harten Arbeit interner Reformen zu distanzieren und sie haben sich dazu entschlossen, Tricks anzuwenden, um die Schuld auf ihre Gegner und die Außenwelt abzuwälzen. Der Wahlmechanismus der USA ist mit Schlupflöchern übersät, die mit impliziten oder expliziten individuellen oder kollektiven Interessen der politischen Parteien und Eliten gefüllt sind." Global Times (China)
"Wer gehofft hatte, beim Erwachen in der Schweiz sei die Wahl in den USA entschieden, wird jäh enttäuscht. Der Erdrutschsieg, den sich das linke Lager erträumt hat, ist bisher nicht eingetroffen." Schweizer Radio und Fernsehen
Stimmen zur US-Wahl 2020: "Aufmerksamkeit auf juristische Folgen"
""Sie versuchen, die Wahl zu stehlen", sagt Donald Trump - und ruft sich zum Wahlsieger aus, obwohl es noch kein Ergebnis gibt. Die US-Wahl könnte eher im Gericht als in den Wahllokalen entschieden werden. Das ist ein Alptraum, der das demokratische System auf eine harte Probe stellt. Die große Hoffnung liegt in den noch nicht ausgezählten Stimmzetteln. Vielleicht wird das Ergebnis so klar sein, dass es selbst ein Demagoge wie Donald Trump nicht in Frage stellen kann." Dagens Nyheter (Schweden)
"Der Albtraum einer lahmgelegten Wahlherausforderung, die vor Gericht zum bitteren Ende geführt wird, ist zu einem wahrscheinlichen Szenario geworden. (...) Inzwischen hat Biden im Bundesstaat Arizona einen wichtigen Sieg errungen, den ihm Fox Newsals eindeutigen Sieger zuschreibt. Es ist symbolisch die "Rache von John McCain", dem toten republikanischen Senator von Arizona, der Donald Trumps einziger, wirklich unerbittlicher Gegner in der Grand Old Party war. Arizona hat Biden Trost gespendet nach den vielen Enttäuschungen im Süden, wo sich die Hoffnungen auf Florida, Georgia und North Carolina bisher nicht erfüllt haben. Jetzt richtet sich die Aufmerksamkeit jedoch auf die juristischen Folgen. Es war ein Szenario, das Trump in den letzten Monaten wiederholt heraufbeschworen hat. Die Anwaltsteams stehen auf beiden Seiten bereit." La Repubblica (Italien)
"Trump will offensichtlich erreichen, dass in einigen Staaten Briefwahlstimmen nicht mehr gezählt oder berücksichtigt werden." Süddeutsche Zeitung
"Was uns eine knappe Wahl zeigt, ist, dass die Spaltung, die sich in Amerika weiter verschärft hat, wahrscheinlich noch einige Zeit anhalten wird. Wie Amerika vorankommt, wenn die Gräben der Spaltung so tief sind, wird eine erhebliche Herausforderung für den nächsten Präsidenten sein, wer auch immer das sein mag. (...) Die Amerikaner sind erschöpft. Eine angefochtene Wahl war ein Ausgang, den viele für möglich gehalten hatten, aber fast alle fürchteten. Was auch immer als nächstes passiert, Trump und Biden scheinen bereit für einen Kampf." ABC News (Australien)
"Es wirkt wie eine gespenstische Wiederholung der Wahl von 2016"
"Es zeichnete sich genau jenes Szenario ab, das viele befürchtet hatten. Ein unklarer Wahlausgang, tagelange Ungewissheit, eine Belastungsprobe für die US-Demokratie, eine Schlacht der Juristen." Die Presse (Österreich)
"Dieses beunruhigende Schauspiel wäre nicht besorgniserregend, wenn im Zentrum der extremen Spannung nicht ganz einfach die Demokratie stünde." Le Monde (Frankreich)
"Donald Trump konnte durchaus auf der Welle einer starken Konjunktur reiten, die zu hohen Börsenkursen und niedriger Arbeitslosigkeit geführt hatte. Auf diese Weise hoffte der Präsident, sich eine zweite Amtszeit zu sichern. Doch die Corona-Krise stürzte die Wirtschaft in eine Rezession und zugleich nahmen die ethnischen Spannungen zu. Die USA waren bereits ein stark zerstrittenes Land, bevor Trump an die Macht kam, doch er hat die Gegensätze noch weiter vertieft. Dieser Präsident wurde zum Symbol der Spaltung. Nicht nur in der Politik. Selbst die klassischen Medien ergriffen Partei und sogar bei großen Publikationen wurde das Streben nach einigermaßen Objektivität über Bord geworfen. Man war entweder für oder gegen Trump, und das bestimmte die Berichterstattung." De Tijd (Belgien)
"Die einzige Möglichkeit, einen reibungslosen Ablauf nach den Wahlen in den Vereinigten Staaten zu gewährleisten, ist ein breiter Sieg eines der beiden Kandidaten. Und der einzige Weg, Trump in aller Ruhe von der Macht zu entfernen, hätte mit einer großen Stimme für Joe Biden beschritten werden müssen. Einen Populismus wie den von Trump oder wie so viele andere, die wir in der Welt erleiden, zu beenden, muss auf diesem demokratischen Weg erfolgen, wenn das, was wir anstreben, die Wiederherstellung eines institutionellen Lebens ist." El Economista (Mexiko)
"Inmitten der multiplen Krisen, für die dieser Präsident Verantwortung trägt, waren sich Beobachter und Umfragen doch eigentlich sicher: Die Niederlage würde klar ausfallen. Sie alle haben keine großartige Nacht. Es wirkt wie eine gespenstische Wiederholung der Wahl von 2016. Auch damals hatten ihn alle längst abgeschrieben." Zeit Online
"Wenn Trump sich gegen alle Widrigkeiten durchsetzt, ist es unwahrscheinlich, dass sich der Verlauf der letzten vier Jahre ändern wird. Amerika wird für immer anders sein als früher und der Bruch seiner traditionellen Beziehungen zum Rest der Welt wird lange dauern oder sogar permanent sein. Wenn Biden gewinnt, bleiben einige der Narben dieser bizarren Periode in der Geschichte sowie die Spaltungen und das Misstrauen, die im In- und Ausland gesät wurden, weiter bestehen. Amerikas Politik könnte weniger unberechenbar und weniger aggressiv werden, seine Entscheidungsfindung überlegter und kollegialer und seine Sicht auf den Rest der Welt weniger misstrauisch. Aber seine frühere Rolle als unbestrittener Führer der liberalen Weltordnung und als führender Protagonist für Demokratie und freien Handel wird wahrscheinlich nie mehr dieselbe sein." Sydney Morning Herald (Australien)
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